Die Terranauten 082 - Das Mistel-Syndikat
größer.
Die Schiffe der Raumüberwachung setzten jetzt auch schwerere Kaliber ein. Ich kannte mich nicht gut genug mit den modernen Vernichtungswaffen aus, um zu wissen, was da auf uns abgefeuert wurde. Ich spürte lediglich, daß wir schnell an die Grenzen unserer Belastbarkeit kommen würden, wenn dieser konzentrierte Beschuß anhielt.
Und der mörderische Beschuß wurde fortgesetzt, steigerte sich sogar noch. Unser Schutzschirm geriet ins Wanken, zeigte erste Auflösungserscheinungen.
Jelina und ich waren normalerweise keine Telepathen. Aber jetzt, da wir gemeinsam mit den anderen Treibern, die alle über telepathische Fähigkeiten verfügten, eine Einheit bildeten, konnten auch wir fremde Gedanken aufnehmen.
»Kirju!« drang die Gedankenstimme des Logenmeisters auf uns ein, beruhigend und mahnend zugleich.
Die Mahnung war nur allzu berechtigt. Es waren die PSI-Strömungen des Psycho-Epileptikers, die mehr störten als stabilisierten. Keine Frage, Kirju Haapala hatte seine Kräfte nicht voll unter Kontrolle, beherrschte sie nur unvollkommen.
Er vor allem war dafür verantwortlich, daß unsere Einheit in Gefahr geriet.
Wieder wurde unser PSI-Schirm den energetischen Gewalten eines neuen Angriffs ausgesetzt.
Und jetzt zeigte nicht nur Kirju Haapala Schwächen. Ich nahm die geistige Verzweiflung Oona Karfs wahr, spürte, daß auch sie kaum noch ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung des Schirms leisten konnte. Und auch meine Clanschwester Jelina zeigte erste Unsicherheiten. Mir selbst rann der Schweiß in Strömen von der Stirn. Aber ich war noch in der Lage, meine PSI-Ströme vollwertig einzusetzen. Wie lange das allerdings noch der Fall sein würde …? Es hatte keinen Zweck, sich etwas vorzumachen. Unsere Niederlage zeichnete sich deutlich ab.
Das hatte natürlich auch der Logenmeister gemerkt.
Haltet durch, Brüder und Schwestern, beschwor er uns telepathisch. Haltet noch kurze Zeit durch. Ich rede mit Morgh und schlage ihm die Kapitulation vor!
Wir alle spürten, wie sich Merlander zurückzog. Das Fehlen seines empathischen Einflusses, der bisher für Ruhe und Ausgeglichenheit gesorgt hatte, machte sich sofort unangenehm bemerkbar. Die Einheit unserer PSI-Ströme ging noch mehr verloren, der Schutzschirm wurde schwächer und schwächer. Jeden Augenblick mußten Lücken darin entstehen, und dann …
Im stillen fand ich mich damit ab, daß ich die nächsten Minuten nicht überleben würde.
*
Von einem Augenblick zum anderen hörte der Beschuß durch die Schiffe der Raumüberwachung auf.
Es wurde allerhöchste Zeit, denn in diesem Moment waren mit Siri Lankard, Zeus Alpha, Ain Lavalle und mir nur noch vier Logenmitglieder an der Aufrechterhaltung des Schutzschirms beteiligt. Kirju Haapala, Oona Karf und Jelina hatten schon vorher aufgegeben und waren aus dem PSI-Verbund ausgeschieden.
Wir anderen waren total erschöpft. Ain Lavalle sackte regelrecht in ihrem Schalensitz zusammen. Und ich selbst war auch nicht mehr weit davon entfernt, die Besinnung zu verlieren.
Bei den Höhlen von Thepis, nie in meinem Leben hatte ich mich derartig angestrengt! Dagegen war die Feldarbeit in unserem Clantal ja das reinste Kinderspiel.
Ich brauchte einige Zeit, um mich etwas zu erholen. Den anderen ging es genauso. Keiner sagte ein einziges Wort. Wir waren alle zu sehr mit uns selbst beschäftigt.
Siri Lankard war der erste, der aus seinem Schalensitz aufstand und zur Wendeltreppe hinüberging. Auch Ain Lavalle erhob sich jetzt und ging ihm nach.
Ich kümmerte mich zunächst um meine Clanschwester, die noch ziemlich mitgenommen in ihrem Sitz hing.
»Wie fühlst du dich, Jelina?«
Sie lächelte mich erschöpft an. »Es … geht wieder einigermaßen.« Ihr Lächeln verflüchtigte sich. »Was wird jetzt aus uns, Thor? Man wird auch uns beide des Mistelschmuggels beschuldigen und …« Sie sprach nicht weiter.
Ich verstand ihre Sorge. Von den Memokristallen, die wir studiert hatten, war uns bekannt, daß Mistelschmuggler als Schwerverbrecher galten und strengste Strafen zu erwarten hatten, wenn man sie faßte. Und daß wir unfreiwillig in die ganze Sache hineingeraten waren, würde uns bestimmt niemand glauben. Es sah schlecht für uns aus, ganz, ganz schlecht sogar.
Ich warf einen schnellen Blick auf den Monitor, der dasselbe Bild zeigte wie der große Panoramaschirm in der Kommandozentrale. Und was ich darauf sah, gab meinem Unbehagen neue Nahrung. Die fünf Schiffe der Raumüberwachung waren uns
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