Die Terranauten 082 - Das Mistel-Syndikat
gedulden und dann …
Tontor saß in seinem Privatkubikel und wartete auf den Augenblick, in dem die STORTIS aus dem Normaluniversum in Weltraum II überwechseln würde. Er rauchte dabei eine Chemirette, um seine Nerven etwas zu beruhigen. In seinem früheren Leben hatte er die archaische Unsitte, sich Rauch in die Lunge zu pumpen, nicht gepflegt. Kirju Haapala jedoch hatte seinen Körper daran gewöhnt, und deshalb mußte er jetzt auch dabei bleiben.
Er war der einzige Mensch an Bord, der sich gegenwärtig allein mit sich selbst beschäftigen konnte. Die Treiber saßen oben in der Kuppel und konzentrierten sich auf die vor ihnen liegende Aufgabe. Artuur Morgh, Jeng-Jeng und die übrigen Besatzungsmitglieder lagen unterdessen bereits im Tiefschlaf. Sie waren keine PSI-Begabten und konnten deshalb nicht mit wachem Verstand durch Weltraum II reisen, ohne wahnsinnig zu werden, wie man allgemein meinte. Daß diese Meinung tatsächlich nichts als purer Blödsinn war, wußte niemand besser als er selbst. Er hatte lange Zeit in Weltraum II verbracht, körperlos und von allem Menschlichen losgelöst. Aber er war dabei keineswegs wahnsinnig geworden. Die W-II-Phänomene hatten ihn zwar schwer mitgenommen, aber es konnte gar keine Rede davon sein, daß er den Verstand verloren hatte. Ganz das Gegenteil war der Fall. Weltraum II hatte ihn erst richtig zu sich selbst finden lassen. Ohne den Zwangsaufenthalt in dem anderen Kontinuum wäre ihm wahrscheinlich niemals klargeworden, daß ihn die Vorsehung zum Herrscher des Sternenreiches bestimmt hatte, zum Retter der Menschheit …
Dann geschah es. Laacon Merlander und seine Loge hatten die Transition geschafft. Die STORTIS hatte das Einstein-Universum verlassen und befand sich nun in Weltraum II.
Der Übergang hatte sich für Edison Tontor kaum merklich vollzogen. Physisch spürte er nicht den geringsten Unterschied, und in psychischer Hinsicht sah es nicht viel anders aus. Sicher, er fühlte, daß da etwas war, das sich dem normalen menschlichen Urteilsvermögen entzog, etwas, das fremd, ja, feindlich war. Aber diese Feindseligkeit konnte ihn nicht treffen, konnte ihm nichts anhaben. Seine PSI-Kräfte, die ihre Wurzel selbst in Weltraum II hatten, schützten ihn, ließen das Fremde und Feindliche gar nicht erst an ihn herankommen.
Edison Tontor lächelte befriedigt. Der Augenblick, auf den er gewartet hatte, war gekommen. Jetzt würde er zunächst dem Privatkubikel des Kapitäns einen Besuch abstatten und dann noch einige weitere Vorbereitungen treffen.
Von niemandem gestört machte er sich auf den Weg.
*
Llewellyn 709 kam sich vor wie jemand, der eine Sonne umkreist, die jeden Augenblick zur Nova werden konnte. Er war ein Mann der Tat, und der Zwang, außer abzuwarten nichts unternehmen zu können, während andere die Arbeit machten, trieb ihn fast in den Wahnsinn.
Länger als eine Standardwoche hing er nun schon untätig hier im Gallia-System herum. Das Unterbüro der Treiberhilfe auf Parisienne hatte ihn hergerufen. Es waren Informationen eingegangen, daß gewisse Kreise auf Parisienne, die den Sturz der Regierung anstrebten, ein Kurierschiff mit geschmuggelten Misteln erwarteten. Misteln, die nur von jener Organisation stammen konnten, die sich selbst das Syndikat nannte und hinter der die Treiberhilfe her war wie die Schwerkraft hinter der Materie! Und als Llewellyn schon zu der Überzeugung gekommen war, daß es sich bei den angeblich so zuverlässigen Informationen nur um spekulative Gerüchte handelte, war es dann doch soweit gewesen. Mehrere Aufklärungsschiffe der Gallianer, die in der Nähe der üblichen Kontratransit-Punkte patrouillierten, hatten ein aus Weltraum II gekommenes Schiff geortet und sich sofort aufgemacht, um den Ankömmling zu stellen. Und er, Llewellyn, saß währenddessen im Kontrollgebäude der planetaren Raumüberwachung auf Parisienne. Er verfluchte sich dafür, daß er vor zwei Tagen die ständigen Mitflüge bei der Raumüberwachung aufgegeben hatte, weil er glaubte, dort nur seine Zeit zu vertun. Nun konnte er natürlich aufgrund der zu großen räumlichen Entfernung nicht mehr aktiv in das Geschehen an den Grenzen des Sonnensystems eingreifen. Er mußte sich darauf beschränken, die Jagd auf den fremden Raumer nur mittels Funkkontakt zu den Patrouillenschiffen zu verfolgen. Und das mit einer Zeitverzögerung von fast drei Stunden, da zwischen Parisienne und der Örtlichkeit des Geschehens mehrere Milliarden Kilometer
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