Die Terranauten 084 - Die Gen-Parasiten
Monument.
Bald fiel der Zirpweber hinter ihnen zurück. So gefährlich ist er doch gar nicht, dachte Narda. Und als hätte das Wieselgeschöpf sie verstanden, antwortete es:
»Laß dich davon nicht täuschen, Probitter. Ein Zirpweber ist langsam. Aber er ist auch hartnäckig. Man sagt, er sei das hartnäckigste Geschöpf auf dem Sternenwanderer und werde an Ausdauer nur von dem Einsamen übertroffen.«
»Der … Einsame …?«
Der Pelzige piepste zustimmend. »Der Einsame, Schützer des Stammes, der das Leben schuf und es erhält.«
Narda schluckte. Ihre Kehle brannte.
»Der Stamm?«
Wieder das Piepsen. »Ein hoher Baum. Zentrum der Welt und allen Lebens. Man sagt, seine Wurzeln reichten über den Sternenwanderer hinaus bis in den Kosmos hinein. Man sagt, seine Wurzeln berührten sogar die Dichten Sonnen und wüchsen noch darüber hinaus.«
Der Weltenbaum, dachte Narda aufgeregt und vergaß für einen Augenblick den quälenden Durst.
»Ich habe einen Gefährten«, sagte sie. Ihre Lippen waren spröde. »Einen Gefährten, von dem ich getrennt wurde. Aber wir beide haben ein gemeinsames Ziel. Wir wollen zum Stamm.«
Der Zirpweber war nur noch ein dunkler Punkt am Horizont. Der Pelzige bemerkte ihren Blick.
»Gebe dich keiner trügerischen Hoffnung hin«, piepste er. »Er ist langsam. Aber er wird uns verfolgen. Er hat unsere Witterung aufgenommen. Und er wird nun nicht eher ruhen, als bis er uns erreicht und seinen Außenmagen über uns gestülpt hat. Wir können ihm auf Dauer nicht entkommen. Nicht, wenn wir im Dorngrasland bleiben. Wir haben nur dann eine Chance, wenn wir die Morastseen überqueren. Aber ich habe auch schon gehört, daß ein Zirpweber schon einmal die Großen Sümpfe durchquert haben soll. Wir können nur hoffen, daß unser Zirpweber nicht so ausdauernd ist.« Trauer. »Ich werde nicht zu Mimig, meiner Schwestermutter, zurückkehren können. Ich darf sie keiner Gefahr aussetzen. Fhlimag wird fortan einsam sein.«
Es war ein liebenswertes Geschöpf. Narda konnte Fhlimags Gedanken nicht verstehen, aber sie konnte mit ihren weiter nachlassenden PSI-Kräften Schatten seiner Emotionen auffangen. Sie legte ihm die Hand auf den rundlichen Kopf.
»Du bist nicht einsam. Ich bleibe bei dir. Willst du mir helfen, den Stamm zu finden?«
Das Zirpen hinter ihnen wurde wieder lauter. Fhlimag hatte recht. Sie mußten vorsichtig sein. Und sie durften nicht ruhen. Fliehen. Weiter fliehen. Bis der Zirpweber aufgab. Wenn er überhaupt aufgab. Es war keine angenehme Vorstellung, ständig einen hungrigen Verfolger auf seiner Fährte zu wissen.
»Vielleicht erübrigt sich deine Bitte«, gab Fhlimag zurück und zerrte mit seinen Tastfingern erneut an ihrem Ärmel. »Wir müssen zu nächsten Naßoase. Und wir müssen meinen Sumpfsegler erreichen, bevor uns der Zirpweber erwischt.«
Sie marschierten weiter. Narda versuchte, die zunehmende Schwäche in ihrem Innern zu ignorieren. Es war nicht leicht. Aber der Gedanke, jemanden gefunden zu haben, der ihr den Weg zum Stamm – und damit zu David – weisen konnte, gab ihr neue Kraft.
Sie kamen an anderen Gruben vorbei. Im Innern befanden sich gelbbraune Außenmägen anderer Zirpweber. Und in den Außenmägen …
Narda wandte sich schaudernd ab. Kurz darauf ertönte auch vor ihnen das zornige Zirpen, und aus einer nahen Bodenspalte schob sich der Zentralleib eines weiteren amorphen Geschöpfes heraus.
Fhlimag verfärbte sich vor Angst, und Narda mobilisierte letzte Kraftreserven. Das Zirpen verwob sich mit einem anschwellenden Rauschen, das Narda an die sprühende Gischt eines nahen Ozeans denken ließ. Sie sah sich um. Eine der gewaltigen Windhosen wanderte direkt auf sie zu. Ein finsterer Kelch, gefüllt mit weichen Schwebkissen aus Luft. Der aus der Spalte gekrochene Zirpweber stakte auf sie zu. Zwei Außenmägen wuchsen aus seinen Flanken.
Fhlimag piepste schrill. Sein Pelz nahm die Tönung der Umgebung an. Narda konnte ihn kaum noch ausmachen.
»Wir müssen in den Strudel hinein!« rief sie. Der Pelzige schien sie nicht zu verstehen. Kurzerhand grub sie ihre Hand in sein dichtes Fell und zog ihn mit sich. Der Atmosphärenstrudel war wie eine aufragende Wand. Das Rauschen wurde immer intensiver und übertönte das zornige Zirpen. Ein psionischer Stoß, und Fhlimag segelte in den Strudel hinein. Narda stieß sich ab und tauchte ebenfalls in den schwarzen Kelch.
Sie konnte sich nicht daran erinnern, wie es gewesen war, als sie inmitten eines anderen
Weitere Kostenlose Bücher