Die Terranauten 095 - Treffpunkt Sternenstadt
schützen.
»Viel … leicht«, sagte ich. Meine Beine gaben unter mir nach. Nur die kräftigen Arme Llewellyns bewahrten mich davor, zu Boden zu stürzen. Das fliederfarbene Oval glühte nicht mehr. Es funkelte kalt.
»Mü … de«, brachte ich undeutlich hervor.
»Wir haben alles verstanden«, sagte Claude Farrell. »Wir werden hier warten. Hoffentlich stößt David auf keine Schwierigkeiten.«
Das Licht in der Computerhalle flackerte. Das Summen der Geräte veränderte sich.
In diesem Augenblick griff der Dunkle an.
*
Leben, das dennoch kein Leben war, überbrückte mit einem Transfer durch den Sphärentunnel die Kluft zwischen den Dimensionen. Es rematerialisierte im Zentrum des Entitätenarchivs und orientierte sich.
Hier herrschte Stille. Energetische Nullaktivität und primitivste Spezifizierung von Speicherelementen. Nach außen hin nahm die Komplexität der Aufzeichnungsmoden zu, ebenso das Energieniveau.
Der Dunkle bewegte sich und durchdrang die massiven Wände des Archivs. Er glitt an Wissensverwaltern vorbei, die ihm ehrerbietig Platz machten, weil sie ihn als das erkannten, was er war. Sie hätten ohnehin kein Hindernis für ihn dargestellt. Der Dunkle war eine Bewußterinnerung – und dennoch überaus real. Wenn dies seine Absicht war. Er war ein schattenhaftes Geschöpf, das gelenkt wurde von eigenen Gedanken, selbständig war und dennoch nicht anders als eine gesteuerte Marionette funktionierte. Der Dunkle war ein Ausführer der Ky- und Rena-Mer-Entitäten.
Er durchquerte einem wandelnden Schatten gleich die einzelnen Speicherungs- und Aufzeichnungszonen und näherte sich immer weiter den Außenbereichen. Hier nahmen die durch die zunehmende Entropiebeschleunigung verursachten energetischen Störungen bereits rasch zu. Das Energieniveau der Peripherie stand kurz vor dem strukturellen Zusammenbruch.
Der Dunkle hielt kurz inne und orientierte sich erneut. Ja, dort war sie, die Stimme des Konnexkristalls. Leise flüsternd. Die Stimme des Präuniversums, die Stimme des Alten Wissens. Aufregung entstand in dem Dunklen. Es war seine Nervosität, aber es war doch die Unruhe der beiden Entitäten. Im Konnexkristall war das gesamte Wissen des Präuniversums gespeichert. Er bildete ein kaum vorstellbares Wissensreservoir, das selbst dem des Archivs noch überlegen war.
Weiter.
Langsamer. Der Kristall war inzwischen nahe. Der Dunkle wußte, daß bereits zwei Versuche der Entitäten, sich in den Besitz des wertvollen Kleinods zu bringen, fehlgeschlagen waren. Er mußte also dementsprechend vorsichtig sein.
Dann plötzlich verklang das Flüstern des Kristalls. Die Aktivität ließ nach. Der Dunkle wog ab und kam zu dem Ergebnis, daß jetzt der Zeitpunkt günstig war, um den Kristall zu kontakten.
Der Dunkle öffnete seinen Geist. Und zog sich einen Sekundenbruchteil später von Pein erfüllt zurück. Seine schattenhafte Gestalt löste sich beinahe ganz auf und trieb auseinander. Der Schock war groß, aber andererseits war er auch vorbereitet gewesen. Er ent- und rematerialisierte. Er verfestigte seine Struktur. Und er schöpfte neue Kraft über die quasimaterielle Verbindung durch den Sphärentunnel.
Der Dunkle registrierte einen weiteren, für sein Vorhaben bedeutenden Sachverhalt. Er spürte die Nähe eines Geschöpfes, dessen Hirnfrequenz mit der Ausstrahlung des Konnexkristalls harmonierte. Offenbar war diese Individualität der bevorzugte Kontakter des Wissensspeichers. Der Dunkle begriff, daß er keine Zeit mehr verlieren durfte.
Er glitt in die Nichtrealität, durchdrang als atomarer und molekularer Schleier Wände und andere massive Hindernisse und näherte sich rasch dem Standort des Kristalls.
Der Dunkle verstand sofort, als er den Träger des Kristalls und seine Begleitpersonen erblickte. Es waren Individuen aus dem Volk, das jene entropiebeschleunigende Kraft freisetzte, die nun auch die Sternenstadt und das Archiv der Entitäten bedrohte. Der offensichtliche Zusammenhang zwischen diesen beiden Gegensätzlichkeiten irritierte ihn kurzzeitig. Das Alte Wissen, der Schatz des pflanzlichen Lebensstranges – in Einheit mit den Entropieverbrechern.
Er spürte die Nähe des Kristallkontakters. Er durfte keine Zeit verlieren.
Er griff an.
Und er konzentrierte sich dabei nur auf den gegenwärtigen Träger des Kristalls. Der Dunkle hatte keine Mühe. Er ließ sich auseinandertreiben, wurde zu einem Schatten unter anderen Schatten und lenkte den Konnexkristall in eine Stasisfalte.
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