Die Terranauten 099 - Der Öko-Schock
erhob sich der alte Palast im Zentrum von Ultima Thule.
Der Palast schwamm in einem Wasserbecken und zahllose, sonderbar konstruierte Brücken verbanden ihn mit den Straßen der leeren Stadt.
Der Vereisungsprozeß, mit dem die Maschinen von Thule Stadt und Palast dem Zugriff der Grauen Garden entzogen hatten, war bereits im Jahr 2503 rückgängig gemacht worden.
Und die bizarren Protopgebäude wirkten inzwischen wieder unversehrt.
»Wir sind hier sicher«, sagte Ignazius Tyll, der hinter Lucci auf einem schwammähnlichen Polster saß. »Der Hausfreund schützt uns.«
Ja, durchfuhr es Lucci. Noch sind wir sicher. Aber Zarkophin und diese Kommandeuse Cant sind keine Narren. Rund zehntausend Menschen sind aus den Toten Räumen verschwunden, und früher oder später werden die Tyrannen sich Thules entsinnen.
Es ist ein gutes Versteck.
Ein zu gutes Versteck.
Nicht mehr lange, und die ersten Panzergleiter der Kaisergarden werden am Horizont erscheinen.
Lucci seufzte und drehte sich herum.
Außer Tyll hielten sich noch Asen-Ger, der hünenhafte Führer der Terranauten, Christin Dorf und ein halbes Dutzend F.F.D.E.-Kader und Vertreter der gewerkschaftlichen Gruppen in dem Raum auf.
Vor Luccis geistigen Augen zogen noch einmal die Ereignisse ihrer fantastischen Flucht vorbei.
Das Aufflackern des RZS-Transmissionsfeldes, wie es mit rasender Eile und wie ein unersättliches Maul durch den Stahlkorridor schoß und die vor Überraschung wie erstarrt dastehenden Gefangenen verschlang.
Zehntausend Menschen waren binnen drei, vier Minuten von den RZS-Feldern in Nullzeit nach Thule versetzt worden.
Und nun waren sie hier, im alten Palast der Familie terGorden, und berieten über den Sturz der Tyrannen in Berlin.
»Noch ist alles ungewiß«, sprach Asen-Ger ihrer aller Gedanken laut aus. »David hat mir zwar einiges von den Maschinen von Ultima Thule erzählt, doch wir wissen nicht, über welche Mittel sie tatsächlich verfügen.
Und wir wissen nicht, welche Pläne der Hausfreund verfolgt.«
Asen-Ger fuhr durch sein schulterlanges, weißblondes Haar.
»Unsere Befreiung«, fuhr er fort, »ist zweifellos nur der Anfang weit bedeutenderer Ereignisse gewesen.
Aber Bolters Hausfreund schweigt sich aus. Manchmal … ist mir diese Psiotronik unheimlich.«
Lucci winkte ab.
»Wir können ihr vertrauen. Oft genug hat sie bewiesen, auf welcher Seite sie steht. Die Psiotronik ist unser Verbündeter. Das ist gewiß.«
»Trotzdem«, beharrte Asen-Ger, »gefällt mir der Gedanke nicht, nur eine Schachfigur zu sein. Und zudem … Die JAMES COOK ist noch immer nicht zurück. Was ist aus David terGorden geworden? Was aus Valdec? Hat Valdec mit seinem Angriff auf die Entitäten Erfolg gehabt?«
Lucci lächelte.
»Zu viele Fragen«, brummte er. »Fragen, die keiner von uns beantworten kann. Kümmern wir uns besser um die praktischen Dinge.
Die Psiotronik hat prophezeit, daß das Ende der Valdecschen Gewaltherrschaft unmittelbar bevorsteht. Gleichgültig, wodurch dies bewirkt werden soll – vergessen wir nicht, die Kaisergarden sind noch nicht besiegt! Wir müssen uns Gedanken über die Zeit danach machen.«
Zustimmendes Gemurmel erklang.
Christin Dorf meldete sich zu Wort. Die Isolationshaft hatte Spuren in ihrem schmalen Gesicht hinterlassen, aber selbst die Psycho-Verhöre und die physischen Folterungen hatten sie nicht gebrochen.
Im Gegenteil.
Irgendwie erschien es Lucci, daß die zierliche Arbiter-Führerin stärker geworden war.
»Wir müssen dafür sorgen«, erklärte Dorf, »daß der Konzernfaschismus ein für allemal zerschlagen wird. Eine weitere Niederlage wie die bei Valdecs Rückkehr würde die demokratische Bewegung nicht überstehen.
Wir müssen das Übel bei der Wurzel packen.
Ich schlage folgende Dinge als ersten Schritt vor: endgültige Auflösung der multistellaren Konzerne. Wirtschaftliche Konzentration erzeugt politische Macht. Eine Macht, die schon vom Ursprung her gegen die Interessen der Bevölkerung gerichtet ist.
Statt der zentralisierten Großbetriebe und Konzernverwaltungen, statt hierarchischer – also von oben nach unten wirkender – Entscheidungsprozesse ist eine völlig andere Wirtschaftsform erforderlich.
Kleine, überschaubare Betriebe, deren Produktionsmittel sich in den Händen der Belegschaft befinden müssen. Stichwort Arbiterselbstverwaltung und basisdemokratische Organisationsformen, humane Arbeitsbedingungen, Verzicht auf die Herstellung von Waren, für die lediglich ein
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