Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub
Ausfahrt.
»Sie sollten mir im übrigen dankbar sein«, fuhr der schwarzhäutige Fremde im Plauderton fort. »Seitdem Sie gehalten haben, können Sie nicht mehr über Scanner oder andere Vorrichtungen beobachtet werden.« Er sah gedankenvoll auf die rechte Hand Mayors. »Jedenfalls nur sehr ungenau. Übrigens, mein Name ist VacQueiros. Sie sind Jana, Osmo und natürlich Mayor.«
»Sie haben einen guten Fang gemacht«, stellte der ehemalige Söldner einfach fest.
»Keinen Fang«, widersprach VacQueiros heftig. »Wir verschleppen keinen. Wir reden mit den Leuten, und sie kommen freiwillig mit uns.«
»Warum dieser Umweg?« wollte Mayor wissen. Der Wagen arbeitete sich mühsam über eine Schotterwüste. Vor ihnen gähnte ein dunkles Tor auf. Es befand sich in einem monströsen Bauwerk, einem Gebilde, das an ein altertümliches eisernes Schlachtschiff erinnerte. Es mußte ein paar hundert Meter lang sein. Ein Labyrinth, das, jetzt halbzerstört und Zufluchtsort der Nomans, früher irgendwelchen religiösen oder anderen Zwecken diente, jedenfalls ein Versammlungsort von Massen, mit unglaublichem Aufwand erbaut. Aber die Verschwendungssucht der Vorväter war ja in vielfacher Hinsicht noch viel weiter gegangen, sagte sich Mayor achselzuckend.
»Es ist kein Umweg. Es gibt vieles zu besprechen. Es gibt noch einen Menschen, den wir brauchen. Und Sie, Mayor, müssen gesund werden, ehe wir weiter kommen. Es spricht für Ihre Kondition, daß Sie überhaupt noch am Leben sind, geschweige denn einen Wagen steuern können.«
Mayor blickte kurz in die schwarzen Augen und fand keine Spur von Spott in ihnen.
»Was ist, wenn ich nicht zum Hauptquartier der Nomans fahre?« fragte er ruhig. »Man hat mich genug herumgestoßen, mußt du wissen. Ich hasse großkotzige Kerle wie dich, die sich einfach ins Auto setzen und alle herumkommandieren. Also, Kerl, raus damit, was ist, wenn ich auf der Stelle kehrtmache? Gewisse Leute würden eine Menge zahlen, um einen von euch in die Finger zu kriegen.«
»Wenn Sie nicht weiterfahren, werde ich Sie zwingen, weiterzufahren!«
»Sie würden die ganze Welt zwingen, nur um Ihre Pläne durchzusetzen!« sagte Jana anklagend.
Der dunkle Herr im grauen Flanell nickte. »Zum Besten dieser Welt. Es ist genug Schlechtes angerichtet worden.«
Mayor trat auf die Bremse. Der riesige schwarze Wagen kam sanft zum Stehen.
Sofort war das vorzeitliche Fahrgerät von abenteuerlichen dunklen Gestalten umringt. Immer wieder blitzten in den Resten des Lichts, das sie umgab, die roten Dreiecke auf nackten Brüsten und Schultern auf, fest mit dem Fleisch verbunden.
»Hier dürfte deine Macht zu Ende sein, VacQueiros«, sagte Jana sanft. »Erstmal fürchten die Nomans keinen Menschen, weil sie selbst keine Menschen mehr sind, und außerdem sind wir in der Überzahl. Ich steige aus, damit du am Leben bleibst«, setzte sie kalt hinzu, »aber ich mache es mehr für Osmo und für Mayor.«
»Ich danke Ihnen«, sagte VacQueiros, und jetzt klang etwas wie Ironie aus seinen Worten. »Ich danke Ihnen vor allem deshalb, weil Sie es für sich tun.«
Jana öffnete ihre Seite. Lichter flammten auf, flammten in ihr blasses, schmales, schönes Gesicht.
»Jana, Menschenskind«, rief eine rauhe Stimme, »wo hast du solange gesteckt? Und was bringst du uns da für reiche Beute?«
Hinter ihnen rasselte es. Ein Tor kam von der Decke, rostig, zerbeult, aber solide wirkend. Es knallte dumpf auf den Boden. Sie saßen in der Falle. Mayor wandte sich zur Seite. VacQueiros betrachtete gedankenvoll seine leuchtend lackierten Fingernägel.
Dann wurde es hell um sie herum. Die Deckenbeleuchtung flammte auf, fahle Röhren, in denen Insekten schwirrten und verbrannten.
»Keine Beute«, rief Jana rasch. »Noch nicht. Wir müssen reden, erstmal. Halt deine Leute zurück!«
»Jaja, schon gut. Kleine. Nun kommt mal raus. Wir reden erst mal. Und feiern erstmal. Haben wir nicht was zu feiern, wenn meine kleine Jana wieder da ist!?«
Zustimmendes Grölen aus hunderten von Kehlen war die Antwort. Mayor drehte sich um und erwartete fast, daß Osmo, der mächtige Zentaur, sich wieder mal mächtig aufregte. Aber das Mensch/Tier blieb friedlich. Und dann erkannte Mayor auch den Grund: Im Licht der fahlen Lampen sah er eine gewisse Ähnlichkeit mit der zerlumpten Gestalt, die offenbar der Wortführer der Nichtmenschen war, und Jana.
Sie war seine Tochter.
VII
Der Bart war eisverkrustet, die Augen blind von Schneestaub, hinter sich, vor sich,
Weitere Kostenlose Bücher