Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub
Skipper hatte Zeit. Schlimmer als zuvor konnte es für ihn nicht werden.
»Ich gebe es Euch schriftlich«, sagte der Skipper und lächelte freundlich, »die ganze Mannschaft ist Zeuge und kann meinetwegen gegenzeichnen. Wenn die alle überhaupt ihren Namen schreiben können.«
»Das klingt vernünftig, Schamane«, sagte der Maat. »Ich an Eurer Stelle würde es machen. Mann, mit Eurer Begabung dauert das nicht mal einen Monat! Vielleicht könnt Ihr sogar mit dem Skipper handeln, ich meine, daß er Euch was abgibt!«
»Versaut mir nicht meine Geschäfte, Maat«, sagte der Skipper grob, aber er stieß dem Mann fast freundschaftlich in die Rippen.
In diesem Moment schrie der Schamane. Er hatte gemerkt, daß es keine Lösung aus dieser Situation gab. Er war hier in einer weitaus hoffnungsloseren Lage als vor wenigen Tagen auf dem Eis, als sein letzter Schlittenhund draufgegangen war, als er ohne Ausrüstung, halbverhungert und erfroren auf ein Wunder wartete.
Er schrie, bis sie ihm den Mund mit dreckiger Plastikisolierung stopften. Dann schrie er lautlos weiter, und die Mannschaft starrte ihn aus geweiteten Augen an. Es war kein Psioniker unter ihnen, aber soviel bekamen alle mit, daß hier ein Mann einen Hilferuf von ungeheurer Tragweite ausstieß.
Der Skipper sprang nach vorn, und schlug den hilflosen Mann, bis der besinnungslos in seinen Ketten zusammensackte. Blut rann aus Nase und Mund.
XXII
Der Himmel war trübe, das Meer wie Blei. Ab und zu tauchte die dunkle Flosse eines mutierten Fisches auf, ein dunkler Körper, der sprang und schwer klatschend wieder zurückfiel.
Von nahem sahen sie das nicht, nur in der Ferne, denn die nächsten Bewegungen waren wegen der extremen Geschwindigkeit des merkwürdigen Schiffes nicht wahrzunehmen.
In Edward G. Chimanski, dem dicken Talentsucher, schien eine Veränderung vor sich gegangen zu sein. Bewegungslos hatte er sich am Mast festgeschäkelt, um nicht bei einer plötzlichen Bewegung des Schiffes von Bord geworfen zu werden. Die Sorgleine hatte er sich an den Lifebelt, den er kreuzweise um Brust und Bauch geschlungen hatte, befestigt. Er hatte eine Flasche alten Scotch in der Hand, aus der er ab und zu trank, und starrte grübelnd nach vorn.
Weiter achtern ging es etwas munterer zu. Julian und Tom hatten sich ein Kartenspiel geholt und klopften in der Kajüte 17 und 4, ein altes Zockerspiel. Karl und Falster waren mit der Navigation beschäftig, und Freya und Mayor waren miteinander beschäftig.
Der Schrei brachte sie alle hoch, mehr oder weniger, je nach Veranlagung. Freya löste sich ruckartig aus Mayors Umarmung, Mayor zuckte zusammen und starrte um sich, Tom fielen die Karten aus der Hand, der Dicke, der sich am Mast befestigt hatte, machte einen förmlichen Satz, und selbst die drei Nicht-Psioniker Julian, Karl und Falster wurden unruhig, blickten um sich und wußten nicht, was dieses Stechen im Kopf bedeutete.
So ging es tausenden Menschen im mittelbaren Bannkreis des Ereignisses.
Edward kam nach achtem gerobbt. Vorsichtig machte er den Karabinerhaken immer wieder fest und hangelte sich in den Steuerstand zurück. Eine Hand für den Mann, eine Hand für das Schiff.
»Was war das?« fragte er heiser, als er im Cockpit stand. »Habt ihr das mitgekriegt? Ihr müßt doch …«
»Ja«, sagte Mayor langsam, »jemand ist in Not. Jemand, der so ist wie wir und noch viel mehr. Freya hat es auch aufgefangen. Und Tom …«
Der Junge kam gerade die Treppe herauf. Er wirkte verstört.
»Irgendwas schreckliches passiert«, sagte er. »Es ist noch weit weg, aber wir fahren genau darauf zu.«
Mayor überlegte. Über die Richtung hatte er sich noch keine Gedanken gemacht, aber Freya nickte.
Der Dicke kam näher.
»Ich habe einen Entschluß gefaßt«, sagte er heiser. Er warf einen Blick auf seine beiden Besatzungsmitglieder. »Ich möchte mit Euch in Ruhe reden. Macht weiter, Falster und Karl!« Und als er ihre überraschten Blicke sah, fügte er hinzu: »Macht Euch keine Sorgen. Wir bleiben zusammen. Haltet Kurs, wir sind gleich wieder oben.«
Unten nahm er einen tiefen Zug aus seiner Flasche und reichte sie Freya, aber die winkte ab. Mayor genehmigte sich einen. Tom und Julian scheuchten sie nach oben, damit sie bei der Navigation »helfen« sollten.
»Ich habe mir die ganze Sache überlegt«, sagte Edward. »Ich habe es mir nicht leicht gemacht. Und jetzt dieser Hilferuf. Ich weiß, daß ich eigentlich zu einer anderen Sorte Mensch gehöre. Nicht zu den
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