Die Terranauten TB 02 - Der grüne Phönix
aufpaßte. Sie wuchsen überall und stammten noch aus der Zeit des Öko-Schocks. Manchmal bildeten sie nur winzige Knospen, kaum sichtbar selbst für seine angespannte Aufmerksamkeit.
Der Saboteur drang unbehelligt weiter vor und erreichte schließlich eins der Zentrallabors.
Still betrachtete er die langen Reihen von Protopzylindern, in denen sich Veränderungssporen verschiedener Programmstufen und verschiedener Aktivitätsmöglichkeiten befanden. Er analysierte und kam zu dem Schluß, daß diese Sporen speziell auf die Anforderungen der Planeten der Grünen Föderation zugeschnitten waren und die Forschungen in dieser Beziehung offenbar ein ordentliches Stück vorangekommen waren.
Er war allein.
Und die Überwachungseinrichtungen – diesmal waren sie biosynthetischer Art – wurden mit Störungen und exotischen Duftspuren genarrt. Natürlich würden die Biotechniker letztendlich sein Eindringen bemerken, aber bis dahin war es längst zu spät.
Der Saboteur holte die Ampulle hervor. Die Herstellung der farblosen Flüssigkeit hatte große Summen verschlungen, aber Angst hatte die enormen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt. Der Saboteur hatte keine Angst. Er kannte nur seinen Auftrag. Und der war mehrschichtig, teilweise sogar widersprüchlich, wie er selbst wußte. Er hatte aber auch keine andere Wahl: Er mußte seine Aufgabe erfüllen, und selbst Skepsis war ihm verwehrt.
Mit einem Mikrolaser bohrte er ein winziges Loch in das Protop, das die erste Kultur von Veränderungssporen vor fremden Einflüssen schützte. Dann setzte er kurz die Ampulle an und machte sich sofort an die zweite Kultur. Die dritte … die vierte … die fünfte … bis alle behandelt waren.
Der Saboteur kehrte den gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Der Auftrag dieser Nacht war erledigt.
*
Merina wich dem Schwarm aus Elmsfeuern aus, den ihr das vom Grünen Phönix gelenkte Spiegelbild entgegenschleuderte. Die Mistel in ihrer Hand war ein Quell von Wärme.
»Du kannst dich nicht bewegen«, sagte ihr Spiegelbild mit der dunklen Stimme des Phönix. Merina spürte seine Gedankenarme noch immer … irgendwo an der Grenze ihres Wahrnehmungsvermögens, bereit zuzupacken, sollte die abschirmende Wirkung der Mistel nachlassen. »Du bist mir ausgeliefert. Du hast keine Chance. Ich bin dein anderes Ich. Und ich bin viel stärker, als du es je warst oder sein wirst.«
Das Spiegelbild kam näher.
Und Merina konnte sich tatsächlich nicht bewegen. Sie kämpfte gegen den lähmenden Einfluß an, doch er verstärkte sich eher noch, als daß er nachließ.
Die Mistel, dachte sie, und noch immer flossen Tränen aus ihren Augen und benetzten die schmalen Wangen. Ich muß mich auf die Mistel konzentrieren. Nur sie …
Die ersten Irrlichter erreichten sie und verschwanden in ihren Poren. Kalte Glut flackerte über ihre Haut. Das Spiegelbild war nur noch wenige Meter entfernt und streckte die Hände nach der Mistel aus.
Merina taumelte zurück, und diese eine, unkontrollierte Bewegung brach den Bann. Sie spürte ihren Körper wieder und war sich sonderbar intensiv bewußt, zu existieren.
Das Spiegelbild war stehengeblieben. Überraschung zeigte sich in dem Gesicht, das das Merinas war.
»Ich habe dich durchschaut!« rief Merina mit sich überschlagender Stimme. »Phönix, ich habe dich durchschaut. Und ich habe an dich geglaubt …«
Ihr Spiegelbild warf sich stumm vorwärts. Die Hände berührten Merinas Arm und wollten die Mistel packen, die ihren Verstand schützte.
Für einen Sekundenbruchteil war die Pein wieder in ihr, die sie beim mentalen Angriff des Phönix verspürt hatte, dann schien die Mistel in goldgelbem Glanz zu explodieren, und ihr Spiegelbild löste sich einfach auf.
Merina DeNeuven war wieder allein.
Die Wände der Kaverne veränderten die Farbe und bewegten sich langsam auf sie zu. Sie schluchzte. Zuviel war auf sie eingestürmt in den letzten Minuten. Eine Welt war zusammengebrochen, eine neue mußte erst gebaut werden.
»Hilf mir. Heim. Ich bin kein Gegner. Ich bin kein Fremdkörper. Bitte, hilf mir.«
Sie berührte die karmesinroten Knospen am Gewebekubus vor ihr. Irgendwo knirschte etwas. Gewebelappen wuchsen aus Boden und Decke, vereinigten sich miteinander.
Die Tochterkalbung, die sich bereits zu entwickeln begonnen hatte, vervollständigte sich. Durch einen Spalt in der borkigen Außenhaut kletterte sie ins Innere, die Mistel noch immer fest umklammernd. Sie zitterte am ganzen Körper. Der
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