Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster
PSI-Ströme der drei Menschen vereinigten sich.
Die Tür barst auseinander. Rechts und links zerbrach die Wand. Trümmer schwirrten wie Geschosse durch die Luft. Die zwei, drei Dutzend Grauen, die sich hinter der Tür aufgebaut hatten, wurden von der PSI-Faust gepackt und davongewirbelt.
Kein Schuß fiel.
Kein Schrei erklang.
Kein Flammenstrahl sengte.
Der Lärm der berstenden Wände, der Krach, mit dem ein Teil der Decke einstürzte, und das Gebrumm der fernen Sirenen waren alles.
Der Staub legte sich.
Metallstaub, Kunststoffbrocken wie riesige Brotlaibe und die Splitter der leuchtenden Deckenplatten bedeckten den Boden. Hier und dort ragte ein Bein, ein Arm aus dem Schutt hervor.
Im Hintergrund mündete der kurze Gang in eine hohe, große Halle.
Die Silbermuscheln! dachte Sayrin. Und die fliegenden Gebäude aus Metall, kostbarem Metall …
»Schnell, schnell«, keuchte David terGorden.
Über den Schutt hasteten sie weiter. Strauchelten und hielten einander fest.
Der Staub in der Luft reizte Sayrin zum Husten.
Schmerz war in ihrem Kopf. Im Hintergrund ihres Bewußtseins meinte sie eine dunkle, riesige Wolke zu sehen. Ein Traumbild, das nicht wich.
Dumpfes Gemurmel.
Schwärmen, fressen, schwärmen, fressen, schwärmen … Sayrin schrie auf.
»Die Grasschrecken! Die Grasschrecken kommen!«
Kreatürliche Angst verspannte ihre Muskeln. Sie blieb stehen. Sie duckte sich und schluchzte.
»Was ist los?« schrie terGorden. »Sayrin, komm! Wir können hier nicht bleiben! Gleich werden weitere Graue eintreffen! Sayrin!«
Sayrin sah den blonden Mann an.
Verzweifelt schüttelte sie den Kopf.
»Die Grasschrecken«, flüsterte Sayrin. »Sie werden uns verschlingen. Sie werden alles verschlingen. Sie schwärmen vom Pol heran. Sie haben im Eis geschlafen, haben während des Erstsommers tief und fest geschlafen, aber nun hat die Mittenzeit begonnen.
In der Mittenzeit schmilzt das Eis.«
Sayrin zitterte. David terGorden trat auf sie zu und zog sie hoch, legte ihr beruhigend einen Arm um die Schultern.
»Komm, Sayrin«, sagte er wieder. »Dir wird nichts geschehen.«
»In der Mittenzeit schmilzt das Eis«, wiederholte Sayrin benommen. »In der Mittenzeit schwärmen die Grasschrecken.
Über die Ebene.
Zu den Bergen, wo sie die Netze der Weber fressen und dann weiterziehen.
Über die Hügelländer.
Zu den Tälern.
Sie fressen alles, und sie zerstören alles und sie bringen den Regen mit. Soviel Regen. Wasser, das wie aus großen Kübeln vom Himmel fällt. Wasser, das alles überschwemmt.«
David befeuchtete seine Lippen.
Sayrin sah ihn bebend an. »Du hast recht«, flüsterte sie dann. »Es ist gleich. Ob nun hier drinnen oder draußen … es macht keinen Unterschied. Nur Fels wird von den Grasschrecken verschont.
Nur der Fels und die Weber.«
Sie taumelte über den Schutt auf das riesige Tor zu. Dann erinnerte sie sich an ihren Traum. Daran, daß die Grasschrecken nicht schlecht waren. Daß sie so lebten, wie sie leben mußten. Und daß die Kraft namens PSI sie gleichgültig stimmte.
Neue Hoffnung keimte in Sayrin auf.
Hoffnung, die die Angst verdrängte. Eine Angst, die jedem Calharen zu seinem Schutz von Kindesbeinen an beigebracht wurde.
Sie sah zu, wie Davids zweites Ich zu einer der großen silbernen Muscheln eilte und daran hantierte. Die Muschel begann zu summen.
»Alles in Ordnung«, rief das zweite Ich. Der Mann, der bis auf das Mal an der Stirn genauso aussah wie der blonde Mann mit dem Kristallmedaillon, sprang in die Muschel.
Die Muschel setzte sich in Bewegung.
TerGorden hob Sayrin auf den Rücksitz und stieg dann ebenfalls ein. Sayrin umklammerte das Netz. Sein Gewicht war kaum noch zu spüren. Und es zerrte bereits zart an ihren Händen.
Das Netz, dachte Sayrin, das Netz will fliegen. Hoch hinauf in den Himmel. Den Sternen entgegen.
Ein Knirschen.
Das gewaltige Tor glitt auseinander.
In das Knirschen mischte sich ein Prasseln. Das Prasseln war laut. Es übertönte jedes Wort.
Regentropfen.
Tausend mal tausend Regentropfen, die in jeder Sekunde wie faustgroße Steine vom nun dunklen, bewölkten Himmel stürzten und den Staub der Ebene in Schlamm verwandelten.
Regen, der wie eine Wand zwischen Himmel und Erde stand und alle Konturen verzerrte.
Dampfende Feuchtigkeit. Pfützen auf dem grauen Belag der Ringstraße. Nässe, die sich in alle Glieder schlich und die Haare am Kopf kleben ließ.
Regen, der kein Ende nahm. Tausend mal tausend mal tausend Tropfen. Wasser, das von den
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