Die Terranauten TB 05 - Kosmisches Labyrinth
Waren an. Der Sharin beachtete ihre Angebote nicht. Er dachte an seinen toten Geflügelten Freund, der nun sicher bereits von den Sandläufern verschlungen worden war.
Ich bin ein Meisterdieb, dachte er.
Doch selbst dieser Gedanke konnte den wachsenden Schwermut in ihm nicht verdrängen.
»Fort mit euch. Ihr Bastarde!« donnerte ein Warenanbieter in Garshens Nähe. »Stehlt woanders, nicht bei mir. Brut des Stinkenden Landes, verschwindet, oder ich hole einen Verflucher!«
Garshen sah auf. Drei Kinder in verschlissenen Staubabweisern duckten sich, als die Geißel des Händlers knallte. Für einen Augenblick sah er eins der Gesichter: Unter zwei kohleschwarzen Augen eines Rantranen wuchs die Hakennase eines Märmale. Ja, ein Bastard. Eine Mischung zweier Völker, herbeigerührt vielleicht noch von einem Lauteren. Garshen erinnerte sich. Damals, als die Macht des Schwarzen Fürsten noch nicht so weit gereicht hatte, war von den Lauteren Gabenspendern die Verschmelzung aller Denkenden propagiert worden. Doch das alles war nun vorbei. Die Bastarde standen jetzt sogar noch tiefer als die Rantranen, die Niederen und Unwürdigen und Elenden.
Garshen sammelte Nährspeichel in seinem Spitzmaul und spuckte aus.
Die Geißel des Händlers schlitzte den Staubabweiser eines der drei fliehenden Bastarde auf, und die Schnur des Nervenreizers verursachte Heftigschmerz. Der Mischling schrie auf und stürzte, untermalt von dem Gegröle der Märmale und Yrisith und einiger weniger Orgalla. Füße traten nach ihm, als er wieder auf die Beine kam und in einer dunklen Seitengasse verschwand.
»Elende Diebe!« brüllte der Warenanbieter noch, dann steckte er die Geißel wieder fort und wandte sich um. Sein Blick fiel auf Garshen, und er erkannte auch die feuerroten Symbole auf dem Kilt des Sharin. Es war ein Yrisith: Sei kahler Hornschädel war bleich, geschliffen von viele Staubstürmen; der lippenlose Mund war ein dunkles Loch, an dessen Rändern die Akustikmembranen flatterten, und die tief in den Hornknochen eingebetteten Augenknospen hatten längst den Glanz der Jugend verloren. Der Yrisith war fett, unglaublich fett. Und in seiner niedrigen Stirn klaffte ein häßliches, dunkles Loch.
Er hat einst einen Malachit besessen, dachte Garshen. Und die Schergen des Schwarzen Fürsten haben ihn genommen. Ein Wunder, daß er daran nicht zugrunde gegangen ist.
»Es tut mir leid. Ehrwürdiger Herr«, beeilte sich der Händler zu versichern. »Ich meinte natürlich nicht dich.«
»Ich bin Garshen«, antwortete der Sharin, so wie es die Tradition verlangte. »Ich kehre heim.«
Die Augenknospen des Fetten glühten kurz auf. Seine säulenartigen Arme beschrieben ein respektvolles Knotenmuster.
»Ich hoffe, dein langer Weg hat sich gelohnt. Ehrwürdiger Dieb. Und ich hoffe weiter, deine Beute möge dich ehren.«
»Das wird sie«, versicherte Garshen. »Das wird sie ganz gewiß …« Er wollte weitergehen. Die anderen Passanten zogen nun, da das Schauspiel mit den Bastarden vorüber war, wieder ihres Wegs.
»So warte bitte, Herr. Vielleicht habe ich hier etwas für dich.« Der Yrisith deutete auf seinen überladenen Stand. »Seide aus dem Land der Schlafenden Weber – es gibt keine bessere.« Er warf zwei oder drei Tücher empor. »Oder hier. Kleinode, von den Fingern erstgeborener Schüristi gefertigt. Hast du je etwas Lieblicheres gesehen, Herr?« Es waren Komplexe Perlen, versehen mit den Mustern der Alten Worte.
»Nein«, sagte Garshen entschieden und zeigte die ausgefahrenen Klauen seiner Zangenhände. »Ich brauche nichts.« Er zögerte. Er kannte sich nicht aus in Heißer Sand, und ein Rat konnte helfen, Zeit zu sparen. »Doch, eins:
Vielleicht kannst du einem erfolgreichen Sharin-Dieb eine gute Herberge empfehlen, Yrisith, Händler. Ich suche ein Quartier.«
Der Fette sah sich rasch um. »Oh, aber natürlich kann ich das. Ehrwürdiger Dieb.« Sein Blick glitt an dem Kilt Garshens entlang, suchte nach den Taschen, in denen sich seine Beute befinden mochte.
Die Wärme des roten Kristalls war noch immer da, eine dichte Aura, lockend, rufend, verheißend.
»Zufällig führt ein Halbvetter von mir ein Bequemquartier ganz in der Nähe. Äh, möchtest du an dem Fest teilnehmen, Dieb?«
Das Bild vor Garshens Facettenaugen schien kurz zu verschwimmen und klärte sich dann wieder. Er schwankte leicht.
»Fühlst du dich nicht wohl, Herr?«
»Es geht mir gut«, sagte Garshen knapp. »Wo finde ich die Herberge deines
Weitere Kostenlose Bücher