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Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Titel: Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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Neutrumjünger gab einen zustimmenden Laut von sich. »Manche Weisen Titanenjünger haben lange Reisen unternommen, und das Sanctum erinnert sich an das, was ihre Augen sahen und ihre Gedanken erlebten. Ja, ich kenne den Weg, aber er ist lang und beschwerlich und nicht ohne Gefahr.«
    Nayala schlug die Decke zurück und sprang von der Liege herunter. Draußen verblaßten allmählich die Lichtsäulen der tanzenden Derwische, und oben am Himmel wurden die lichtlosen Wolken von den Morgenwinden auseinandergetrieben.
    Die Mehrperson im Nebenzimmer brüllte. Es krachte und rumorte.
    »Ich fürchte«, sagte Tirion besorgt, »er erlebt gerade einen neuen Persönlichkeitswandel. Und so, wie es sich anhört, scheint es sich diesmal um einen aggressiven Ichaspekt zu handeln.«
    Der Neutrumjünger krabbelte ebenfalls von der Liege herunter. Als er nach seinem Gewand griff, fiel sein Blick auf seinen nackten Unterleib. Die durch die Fenster hereinsickernde Morgenhelle durchtränkte das Ruhezimmer mit trüber Graue, aber das Licht reichte aus, um Einzelheiten erkennen zu können.
    Tirion gab einen leisen Schrei von sich und schwankte zurück.
    »Ich … ich verändere mich.« Die Weichschuppen waren zusammengewachsen und bildeten nun eine homogene Schicht. Hornfladen lösten sich von seinem Panzerhals, und die rudimentären Kiemen an den Hüften waren verklebt.
    »Du bist keine Pflegerin!«
    »Tirion …« Nayala ließ den Kilt wieder fallen und trat auf den Neutrumjünger zu. »Tirion, ich …«
    »Bleib fort von mir!« schrie Tirion. »Beim Titanengeist, du bist eine Stabile, und ich passe mich dir an. Bleib fort von mir. Wenn ich kein Neutrum mehr bin, kann ich die Monumentenschwelle nicht mehr überschreiten.«
    Nayalas Augen wurden feucht.
    »Tirion, bitte … es tut mir leid, Tirion, ich …«
    Die Tür flog krachend auf, und das Licht der Fackeln im Nebenzimmer machte die Mehrperson zu einem breiten Schatten. Die Gestalt stieß ein heiseres Knurren aus.
    Nayala bückte sich, packte ihren Kilt und warf auch Tirion seinen Umhang zu. Dann griff sie nach seiner Hand und zerrte den Neutrumjünger mit sich. Sie riß eine zweite Tür auf und floh hinaus in die Kühle der nächtlichen Wüste.
    Hinter ihnen schrie die Mehrperson, zornig und wütend. Holz krachte.
    »Laß mich los!« fauchte Tirion. »Laß mich los. Du darfst mich nicht berühren.«
    Der Neutrumjünger machte sich frei und eilte dann mit geschmeidigen Schritten voraus.
    »Tirion, bitte …«
    »Du kannst mir folgen. Stabilfrau«, rief Tirion. »Aber du mußt Abstand von mir halten.«
    Zwei glitzernde Tränen rollten über Nayalas Wangen, und nahe ihrem Herzen klebte ein Klumpen so kalt wie Eis.
     
    Leise sangen die Sirenen.
    Narda spannte die Muskeln und erhob sich. Das Feuer der Brennsteine knisterte verhalten, und die Flammen waren kleiner geworden. Der Vielgestalter in Gil-Corons Körper lag unmittelbar neben der Wärme und rührte sich nicht. Narda sah sich um, entdeckte einen handlichen Steinbrocken und schlich auf den Schlafenden zu.
    Je mehr sie sich ihm näherte, desto schwerer fiel es ihr, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Und schließlich war es, als stieße sie gegen ein massives Hindernis, das sie von dem Keimling trennte.
    Narda fluchte stumm, wandte sich lautlos zu Seite und kroch an David heran.
    »David?« flüsterte sie.
    Er gab keine Antwort.
    »Wach auf, David. Er schläft tief und fest. Versuchen wir, zu fliehen.«
    David terGorden schlug die Augen auf. Sein Gesicht war so weiß wie Schnee im Licht der Brennsteine, und der Blick seiner Augen ging ins Leere.
    Die Melodien der blühenden Sirenen nagten an Nardas Gedanken. Sie bemühte sich, die Gesänge zu ignorieren.
    »David!« Sie legte ihm die Hand auf die Schulter und rüttelte ihn vorsichtig. Er stöhnte leise, aber er löste sich nicht aus seiner mentalen Starre.
    Narda nickte langsam und sah sich um. Der Vielgestalter rührte sich noch immer nicht.
    »Er hat seine ganze Kraft auf ihn fokussiert«, murmelte sie sich selbst zu. »Nur darum bin ich erwacht. Ich hatte recht. Er wird tatsächlich schwächer, aber seine Kraft reicht noch aus, um zumindest David ganz in seinen Bann zu zwingen.«
    Ein paar Meter hinter dem Körper Gil-Corons erhob sich eine steile Felswand, und oben, auf ihrem Kamm, ragten die Schemen von Granitmonolithen empor. Narda zögerte nicht länger. Sie entfernte sich von dem wärmenden Feuer der Brennsteine und suchte nach einer Aufstiegsmöglichkeit. Knapp hundert

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