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Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Titel: Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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Meter weiter neigte sich die Felswand dem Niveau der Ebene entgegen. Narda stieg vorsichtig über das Geröll und wich den kristallenen Kelchen der Sirenen auf. Sie zirpten leise, und ihre vielstimmige Melodie wob ein Muster der Betäubung und trügerischen Ruhe. Narda flüsterte leise vor sich hin, damit sich die Gesänge nicht allzusehr in ihr ausbreiten konnten. Kleine Steine knirschten unter ihren Schritten. Sie verharrte und lauschte.
    Nichts.
    Der Vielgestalter schlief noch immer. Er war erschöpft, müder vielleicht noch als David und sie selbst.
    Sie setzte sich wieder in Bewegung und kletterte weiter. Als sie den Kamm der Felswand erreicht hatte, blieb sie erneut stehen. Am Horizont erhob sich die düstere Silhouette der Ruinenstadt, in der sie Arvid zurückgelassen hatten. Jenseits davon zeigten sich erste Lichtstreifen, und in die dunklen Wolken am Firmament kam Bewegung. Die Hellzeit war nicht mehr fern.
    Einem Schatten gleich schlich sie über den Granit und eilte der Stelle entgegen, die genau über dem schlafenden Vielgestalter lag. Dort hielt sie inne. Die Sirenen zirpten und raunten, und Narda schwitzte trotz der Kühle. Sie hatte Mühe, sich zu konzentrieren.
    Unten erklang leises Stöhnen.
    Narda beugte sich vor und starrte in die Tiefe. Die Brennsteine glommen inzwischen nur noch mit schwachem Schimmer, und der konturlose Schemen des Vielgestalters daneben bewegte sich unruhig. Narda kam lautlos in die Höhe und stemmte sich dann gegen einen der Monolithen. Es knirschte leise.
    Das Stöhnen wiederholte sich.
    Narda verdoppelte ihre Anstrengungen. Gil-Coron ist längst tot, fuhr es ihr durch den Sinn. Es ist nur sein Körper, und in dem Fleisch steckt nun ein anderes Geschöpf, ein Diener Djunaths.
    Der Monolith neigte sich allmählich der Tiefe zu. Narda schob mit aller Kraft. Aus dem Knirschen wurde ein lautes Poltern, dann fiel der Granitbrocken. Narda sah hinunter. Und blickte in die gelben Augen Gil-Coron Tschiads.
    Der Felsmonolith zerplatzte in Tausende von Splittern, und die einzelnen Bruchstücke lösten sich funkenstiebend auf. Narda verspürte ein Zerren an ihrem Körper und wollte sich zurückschieben, doch es war bereits zu spät. Sie fiel der Länge nach hin, rutschte über den Kamm der Felswand hinaus und fiel.
    Als sie unten auf dem Boden aufprallte, glaubte sie, jeder Knochen an ihrem Körper sei gebrochen. Eine ganze Zeit lang sah sie nur verschwommene Schwärze, dann klärten sich die Nebel vor ihren Augen. Der Vielgestalter stand neben ihr, und sein Gesicht war eine Maske aus Zorn.
    »Narda?« fragte David.
    »Ich habe dich gewarnt«, fauchten die Lippen Gilcos. »Du hast es dennoch versucht.« Die deformen Hände hoben die Malachitträne.
    »Sieh dich an«, sagte Narda; ihre Brust schmerzte, und es fehlte ihr die Kraft, wieder aufzustehen. »Sieh dich nur an, Vielgestalter. Der Körper, in dem du gewachsen bist, verformt sich wieder, so wie damals, als dein Geist gerade erwachte. Merkst du es nicht? Du wirst schwächer. Vielgestalter. Du wirst bald sterben.«
    »Narda?«
    David taumelte heran. Gil-Coron drehte sich kurz um, schrie ein Wort, und David sank lautlos zu Boden.
    Narda winkelte die Arme an und hebelte ihren Oberkörper in die Höhe. Ihre Augen blitzten.
    »Du konntest nicht einmal Arvid töten. Deine Kraft …«
    »Schweig!« heulte der Vielgestalter. Irrlichter stoben von der malachitenen Träne. Narda verspürte brennenden Schmerz, als sie in ihren Körper tauchten. Ein seltsamer Frost breitete sich in ihren Gedanken aus.
    »Vielleicht«, sagte Gilco leise, »kann ich dich nicht töten, Narda. Aber ich bin noch stark genug, um David zu kontrollieren. Ich brauche dich nicht, Narda. Ich werde dich an diesen Ort fesseln. Nicht meine Worte werden dich töten, sondern Hunger und Durst.«
    »Gilco«, flüsterte Narda. »Gilco, wenn ein Teil von dir noch lebt, dann setz dich zur Wehr gegen den Vielgestalter in deinem Körper. Kämpfe gegen ihn an. Du hast eine Chance, Gilco. Er ist schwach …«
    Der Vielgestalter gab keine Antwort darauf.
    Er starrte Narda nur an aus seinen gelben Augen, und der Gletscher in ihrem Bewußtsein kalbte und wuchs weiter. Bald darauf spürte Narda ihre Arme und Beine nicht mehr.
    »Komm, David«, sagten Gil-Corons Lippen. »Komm.«
    Und David erhob sich mit marionettenhaften Bewegungen und folgte dem Vielgestalter. Bald darauf waren beide aus Nardas Gesichtsfeld verschwunden.
    Die Melodien der Sirenen verklangen, als die Morgenwinde die

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