Die Terranauten TB 10 - Der Sternenfänger
schleuste mich in Biotroniks A/S ein. Ich sollte mich umsehen und herausfinden, was das Gespann terGorden/terCrupp plante. Nun, ich brauchte nicht lange, um dahinterzukommen: Sie rationierten die Mistelzuteilung an andere Konzerne des Konzils, und Kaiser ging bald völlig leer aus. Ein Jahr später übernahmen Biotroniks und Allwelten-Stahl die zentralen Niederlassungen von Kaiser. Growan terGorden wurde zum Lordoberst – die Wahl war eine Farce –, und Max von Valdec floh. Er fand kurz darauf auf einem Kolonialplaneten im Außensektor den Tod.«
David schüttelte verwundert den Kopf.
»Im Jahre 2498 begann der Krieg der Konzerne. Multis wie etwa Interstellar Wood & Furniture oder Original Food, Ltd. fürchteten um ihre Märkte. Der Biotroniks-Stahl-Kaiser-Trust war ihnen zu mächtig geworden. Für terGorden und terCrupp kam der Krieg wie gerufen. Sie hatten zuvor den größten Teil der Grauen Garden und der Cosmoralität unter ihre Kontrolle gebracht. Es gab nur ein Problem bei der Einverleibung der anderen Konzerne und totalen Machtübernahme auch auf den Randwelten und ihren Außenbezirken – der Mangel an Misteln und das revolutionäre Potential der Treiber. Die Terranauten waren zu jenem Zeitpunkt bereits zu einer starken Organisation unter der Führung von Asen-Gers und Llewellyn 709 geworden. Aber für diesen Punkt hatte der neue Lordoberst Vorkehrungen getroffen: Der Bau von Trichterschiffen lief an.« Myriam sah David groß an. »Die neuen Raumschiffe benutzten eine Energie, die man Kaiserkraft nannte. Das ist eine deutliche Übereinstimmung mit deiner Erzählung, David.« Sie zwinkerte einige Male und schien ihre Gedanken neu ordnen zu müssen. »Die Umstellung erfolgte fast schlagartig. Wissenschaftler von Biotroniks initiierten eine Versteinerung Yggdrasils, und die neuen Trichterschiffe übernahmen die Funktion der Treiberraumer. Die anderen Konzerne waren in einer hoffnungslosen Lage: Die in ihren Diensten stehenden Treiber besaßen keine Misteln mehr und konnten darum keine Fracht und keine Passagiere mehr befördern. Die Formierung einer gemeinsamen Kampf flotte war völlig unmöglich. Ein anderer Punkt kam hinzu: TerCrupp und terGorden konnten ganz offensichtlich auf Hilfe von außen zurückgreifen.«
»Der Sternenfänger?« fragte David.
Myriam nickte und kaute. Mit vollem Mund fuhr sie fort: »Wir Terranauten bemerkten es viel zu spät. Fremde Raumschiffe tauchten auf. Sie versorgten den Machtapparat des Lordoberst mit Entropiekanonen und anderen Waffen, mit Kampf schiffen und dringend benötigten Materialien. Und sie nahmen den neuen Herrschern im Sternenreich auch noch eine weitere schmutzige Arbeit ab: Die gefangenen Treiber und Terranauten wurden abtransportiert und verschwanden in stellaren Fernen.«
Sie legte kurz den Kopf auf die Seite. »Ich gehörte zu denen, die mit einem der ersten Transporte in die Sonnensphäre des Sternenfängers gelangten. Wir hatten Glück. Es kam zu irgendeiner Fehlfunktion an Bord des Rekrutierers, und einige von uns konnten fliehen. Bald darauf gelang es uns, Kontakt mit einer Widerstandsbewegung im Innern der Sonnensphäre aufzunehmen. Sie setzt sich zu einem nicht unerheblichen Teil aus den PSI-begabten Angehörigen fremder Völker zusammen, deren Heimatwelten innerhalb der Sonnensphäre gefangen sind. Sie nennen sich ›Emigranten‹, weil sie ihre Heimat verließen und in der Wolke Zuflucht suchten. Die Wolke ist ein sich über fast anderthalb Lichtjahre hinweg erstreckender Asteroidenschwarm – Überbleibsel von Planetenbomben und den Gezeitenkräften zwischen den Sternen zertrümmerter Welten. Auf Fresco, das ist der Zentralplanet der Emigration – der Sternenfänger sucht sie schon seit langem; sie ist tief in der Asteroidenschale verborgen –, gibt es einen Urbaum, der uns zumindest noch einige wenige Misteln zur Verfügung stellt. Damit unternehmen wir immer wieder Vorstöße in die inneren Regionen der Sonnensphäre. Wir suchen dort nach anderen Brüdern und Schwestern, die wir vor dem Zugriff des Sternenfängers retten können. Wir konnten viele Erfolge verzeichnen. Aber wir sind nicht in der Lage, die Fertigstellung der Sonnensphäre zu verhindern. Wenn der Tag der Vollendung gekommen ist, gibt es keinen Ausweg mehr. Dann ist der Kerker perfekt.« Rote Flecken entstanden auf den Wangen der jungen Frau. »David, der Sternenfänger konstruiert die Sonnensphäre nicht um ihrer selbst willen. Wenn die letzten Lücken geschlossen sind, stellt
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