Die Terranauten TB 10 - Der Sternenfänger
innerlich. Ein Mensch. Ein Mann mit blondem, fast weißem Haar, hochgewachsen und schlank. Die holografischen Darstellungen wechselten rasch. Als der Mann einen Schutzanzug trug, wirkte er viel plumper, als er in Wirklichkeit war. Chagar kannte ihn. Er hatte ihn gesehen. Er hatte sogar schon mit ihm gesprochen. Nicht in seiner wirklichen Gestalt.
»David terGorden …« murmelte der Sternenfänger, und die Unruhe in ihm legte sich und machte dem Gefühl des Triumphes Platz. »Du bist also gekommen. Nach unserer Begegnung im Labyrinthenen Heim habe ich das auch nicht anders erwartet. Du hast dich beeilt …«
»Kennen Sie den Fremden?« fragte der Kommandant der Estenban.
»Ja.« Der Sternenfänger überlegte. Er war vorbereitet. »Wo befindet er sich jetzt?«
Wieder ein anderes Bild: ein wolkenverhangener Riesenplanet, ein Atmosphärenmeer aus Methan und Ammoniak. Und eine Elektrische Stadt. Eine transparente Rettungskapsel, die sich dieser Welt näherte, ein Schwarm von schnellen Jägern, die sie verfolgte.
»Es dürfte schwierig sein«, sagte der Sonnenarchitekt an Bord des Trägerschiffes, »sie noch rechtzeitig abzufangen. Wir könnten eine Zone der Raum-Zeit-Deformierung schaffen und die Kapsel infolge der dadurch freigesetzten Energie zerplatzen lassen.«
»Nein. Verfolgen Sie sie weiter. Sie werden die Elektrische Stadt anfliegen. Ein anderes Ziel auf Marnivot bietet sich ihnen ja nicht. Schirmen Sie die Stadt unauffällig ab. Die beiden Flüchtlinge dürfen sie nicht wieder verlassen.« Damit unterbrach er die Verbindung und dachte kurz nach. Er war sich der Blicke der beiden Luben bewußt. Die Soldaten fungierten als seine persönlichen Leibwächter, wenn er sich in die Steuerungstrance zurückzog. Es war in der jüngsten Vergangenheit schon mehrmals zu Anschlägen auf Stellarbasen und Sonnenschlepper gekommen, und wenn Chagars Bewußtsein sich vom Körper trennte, wurde die organische Hülle verletzbar. Aber natürlich gaben die Luben auch alles, was sie hier hörten und sahen, an den Vorsitzenden des Architektenrates weiter.
Du überschätzt dich, Tramur, dachte der Sternenfänger. Fünfzehntausend Rekrutierte, Tramur, bald hat deine Stunde geschlagen …
»Ich wünsche eine Verbindung mit dem Architektenvorsitzenden«, sagte Chagar.
Die Systeme des Kontrollpults reagierten sofort auf diese Anweisung. Auf den Bildschirmen war zu sehen, wie sich der Traktor von dem nun in die Sonnensphäre eingefügten Stern entfernte und beschleunigte. Voraus glänzten Tausende von viel blasseren Lichtflecken: die Planeten in der stellaren Schale. Das war der Grundstein für das Universum, das Chagar plante.
In einem der Projektionsfelder vor ihm flackerte es. Chagars Blick fiel auf einen Prachtsaal: An den Wänden hingen kostbare Kunstwerke – Lehensgaben von Dutzenden von Welten. An der Decke glommen Beruhigungsmosaike, und im Hintergrund der Kammer entdeckte der Sternenfänger eine energetische Grube. Darin schwebte nun der Ratsvorsitzende. Sein nackter und transparenter Körper war mit Halluzinationsparasiten bedeckt, und der alte Architekt hatte die Diffusionsporen weit geöffnet und saugte die in den Gravitationsschlieren gespeicherte Kraft in sich hinein. Das war nur ein dürftiger Ersatz für eine längst fällige Übertragung der Identitätsmatrix, und das wußte Tramur auch. Aber er hatte Angst. Er war noch nicht so deformiert wie die anderen Architekten, und er fürchtete bei der anstehenden organisch-psychischen Regeneration einen Teil seiner Vitalität einzubüßen. Ein Bediensteter half Tramur aus der Ruhegrube, und kurz darauf fielen die Parasiten von ihm ab. Er schlang sich ein farbenprächtig besticktes Tuch um den zierlichen Leib und nahm vor dem holografischen Projektor Platz.
Seine silbrigen Augen glänzten aufmerksam und hintergründig.
»Es ehrt mich, daß Sie Verbindung mit mir aufnehmen, Sternenfänger.« Tramur verzog das Gesicht. Es sollte eine freundliche Geste sein. Es wurde nur eine Fratze daraus.
»Die Ehre ist ganz meinerseits«, schloß Chagar das Begrüßungszeremoniell ab. »Die Estenban ist zurückgekehrt. Mit fünfzehntausend Rekrutierten an Bord. Es gab Schwierigkeiten mit einer Emigrantengruppe, die sich an Bord schlich. Aber den Hibernanten ist nichts passiert. Sorgen Sie dafür, daß sie unverzüglich auf die sie erwartenden Aufgaben vorbereitet werden.«
»Fünfzehntausend?« Tramur sah ihn groß an. In seinen silbrigen Augen glänzte etwas, das Chagar gar nicht
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