Die Terranauten TB 11 - Spektrum-Jagd
Schlieren wogten vor seinen Pupillen, und undeutlich sah er Schatten und Schemen vorbeihuschen: die Konturen von Häusern und bizarren Gebäuden, von Schläfer-Netzen und Beförderungsschüsseln. Er hielt der Belastung nur wenige Sekundenbruchteile lang stand. Dann wurde es völlig schwarz vor seinen Augen, und sein Bewußtsein sank in die dunkle Umarmung einer barmherzigen Ohnmacht.
8
Myriam: Mentale Symbiose
Das Zimmer der Herberge machte den gleichen schäbigen Eindruck wie das ganze Gebäude selbst. Die Einrichtung war abgenutzt und bestand zum größten Teil aus billigem Kunststoff. An der Decke glühten nur noch drei der zehn großen Leuchtplatten. Die Stoffvorhänge am Fenster waren fleckig. Wie viele Hände hatten sie schon zur Seite geschoben?
Ich blickte hinaus auf die Habitatsstadt. Die Straßen waren dünne Linien weit unten, Fahrzeuge und Passanten nur kleine Punkte – Parasiten in einem gewaltigen Organismus, der von den Sonnenarchitekten toleriert und von ihren loyalen Luben kontrolliert wurde. AEEs schwebten in der Null-G-Zone und ließen es regnen. Es waren große schwere Tropfen, Tränen eines nicht vorhandenen Himmels. Nicht allzuweit entfernt konnte ich die milchigen Schlieren der Trennwand sehen. Sie markierte die Grenze des allgemeinen Bereiches der Weltraumstadt. Jenseits davon begannen die einzelnen Lebenssektionen, deren Klimata sich zum Teil drastisch von den hiesigen Bedingungen unterschieden.
»Er hat einen Schock erlitten«, sagte Schira.
Ich drehte mich langsam um und musterte die auf dem Ergbett liegende Gestalt Davids. Er schlief. Schon seit Stunden. Er hatte den Katapultflug von uns allen am schlechtesten verkraftet. Selbst der dicke Raol war schon kurze Zeit nach der Landung aus der Bewußtlosigkeit erwacht. David aber … es konnten nicht nur die Andruckkräfte sein. Er hatte seinen Konnexkristall eingebüßt. Vielleicht war das der Grund.
»Du liebst ihn, nicht wahr?«
Ich sah die junge Muhadin an. Sie wirkte wie ein unerfahrenes Mädchen, aber in ihren Augen schimmerten Bilder von Erlebnissen, die nicht alle glücklich gewesen waren. Ich wußte nicht genau, wie alt Schira war. In einem Punkt aber war ich mir ganz sicher: Sie verfügte über Einfühlungsvermögen wie alle Muhadin, und sie begriff, was in mir vor sich ging.
»Ja«, sagte ich. »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, Schira. Ich bin mir selbst nicht darüber klar. Er bedeutet mir etwas. Eine ganze Menge sogar. Ich glaube, es ist mehr als Liebe.«
Schira trat auf mich zu, hob die eine Hand und fuhr mir mit den Fingerkuppen über die Wange. Ich spürte etwas. Aber ich konnte nicht genau sagen was. »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie. »Er erholt sich wieder. Er dürfte bald erwachen. Hier sind wir vorerst sicher. Der Herbergsvater ist ein Vertrauter von Altac. Er verrät uns nicht. Und wenn Altac den Mittelsmann gefunden hat und mit ihm hierher zurückgekehrt ist, verlassen wir den allgemeinen Bereich.«
»Dann steht David die schwerste Prüfung bevor«, sagte ich und erinnerte mich dabei an die Schilderung seines Plans. Ich hatte noch immer Zweifel. Aber ich wußte auch, daß es keine andere Möglichkeit gab. Vielleicht … vielleicht waren wir ohnehin schon zu spät dran. Vielleicht fügte der Sternenfänger gerade in diesem Augenblick die letzte Sonne in die Sphäre ein. Vielleicht stand die Initialzündung unmittelbar bevor. Ich schauderte. Schira umarmte mich kurz. »Du stammst aus einem anderen Universum als ich«, flüsterten ihre Lippen nahe an meinem Ohr. »Aber du könntest genausogut eine Muhadin sein. Ich empfinde mit dir, Myriam.« Sie streichelte mich, und ich genoß es. Ich hatte mich verändert, das war mir klar. David hatte mich verändert, in einer Weise, die mir selbst langsam unheimlich wurde. Die Worte des Eremiten auf Fresco, die geheimnisvollen Andeutungen – gab es einen Zusammenhang?
Die Stunden verstrichen, und David erwachte noch immer nicht. Manchmal zuckte in seinem Gesicht ein Muskel, aber das war alles. Ich öffnete meine psionischen Sinne und versuchte, den Schock, unter dem er stand, abzumildern. Es gelang mir nicht. Auf diese Weise konnte ich nicht zu seinem eingekapselten Bewußtsein vordringen. Altac kehrte zurück und berichtete, es sei ihm gelungen, mit dem Mittelsmann Kontakt aufzunehmen. Er hatte mit dem anderen Muhadin vereinbart, daß wir uns in zwei Stunden mit ihm trafen. Dann sollte unser Vorstoß ins Innere des Kollektors beginnen.
Aber David
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