Die Terranauten TB 12 - Der weisse Stern
und es schmeckte köstlich. David entwickelte einen Appetit, der den Fallensteller einerseits fast so etwas wie Bewunderung entlockte und andererseits erneut erzürnte. »Die Haare! Ja, ihr beide freßt mir meine wenigen Haare vom Kopf.« Er kicherte und trat nach Kreischer, der sich daraufhin brüllend und knurrend in einer Ecke verzog.
Unmittelbar darauf klopfte es an der Tür. David legte den Kopf auf die Seite und horchte, und Myriam sah, wie er das Gesicht verzog. Kargen zuckte nur mit den Schultern, erhob sich und öffnete.
Im Schneetreiben draußen standen drei geduckte Gestalten. Ihre pechschwarzen Augen funkelten unter weißen Kapuzen. In den bloßen Händen hielten sie Schwerter aus geschmiedetem Stahl, und Myriam bemerkte, daß einer der drei Männer eine altertümliche Projektilwaffe besaß.
Der Fallensteller wirkte plötzlich sehr unsicher. Er winkte ausladend, trat hastig zur Seite und kicherte schrill: »Seid mir willkommen. Winterkinder.«
Die drei Männer traten wortlos ein und sahen sich um. Einer trat an den Regalen entlang, befingerte tönerne Krüge und Schüsseln und drehte einige Kräuterknollen zwischen den Fingern hin und her. Jetzt sah Myriam auch, warum die Neuankömmlinge keine Handschuhe trugen. Sie brauchten sie nicht. Ein dichter, natürlich gewachsener Pelz bedeckte ihre Haut.
Draußen heulten Nachtwölfe.
Kargen schloß die Tür rasch wieder und deutete auf den Tisch. »Nehmt Platz, ihr Herren. Wir essen gerade. Und wenn ihr Hunger habt …«
Einer der drei Männer sagte: »Der lange Winter beginnt, Fallensteller. Du weißt, was das heißt. Wir beobachten dich schon seit Tagen, aber wir haben nicht bemerkt, daß du die Absicht verfolgst, innerhalb der nächsten Zeit dieses Gebiet zu verlassen.« Er hob sein Schwert. »Wir sind Kinder des Winters. Wir erheben hiermit Anspruch auf dieses Territorium, die von dir aufgestellten Fallen, deine Beute und die Hütte.«
6
Eine gefährliche Begegnung
Das Licht stinkender Talgkerzen spiegelte sich auf der breiten Klinge des Schwerts, und in den Augen des Winterkinds, das diese Worte formuliert hatte, blitzte es. Der Fallensteller vollführte einige nervöse Gesten mit den Armen und brachte schließlich schrill hervor: »Ich wollte gehen. Gleich morgen. Für uns Sommerkinder wird es hier jetzt zu kalt. Bestimmt, ihr Herren, ihr könnt mir glauben. Gleich morgen früh brechen wir auf.«
Die beiden anderen Winterkinder untersuchten inzwischen die Räumlichkeiten der Hütte. Untermalt von dem auf- und abschwellenden Heulen des Sturms hörten sie, wie sie grölend lachten, Krüge zerbrachen und sich der Stahl der Schwerter in morsche Holzbohlen bohrte. Der dritte Mann – offenbar war es der Anführer – blieb unterdessen einige Meter vor dem Tisch stehen und ließ den Fallensteller nicht aus den Augen. Seine Waffe war noch immer hoch erhoben.
David und Myriam wechselten einen kurzen, warnenden Blick.
Kurz darauf kehrten die beiden anderen Winterkinder zurück. Sie lachten laut und unterhielten sich in einer guttural klingenden Sprache, die Myriam nicht verstand. Manchmal stülpten sie die rissigen Lippen vor, und dann entblößten sie schwarze und braune Zahnstummel. In ihren pelzigen Gesichtern schmolzen Eiskristalle.
Sie schleppten Felle herbei, und Kargen begann am ganzen Leib zu zittern.
»Ich habe es euch versprochen. Winterkinder«, versicherte er noch einmal. »Morgen verlasse ich diese Region und ziehe nach Süden. Dorthin, wo es auch während des langen Winters warm und die Sonne nicht hinter grauweißen Wolken verborgen ist. Bitte …« Seine dürren Hände verkrampften sich. »Bitte … laßt mir die Felle. Ich habe viele Jahre lang Fallen gelegt, um sie zu bekommen. Sie sind alles, was ich habe.«
Der Anführer der drei Winterkinder trat einen Schritt vor, und die Spitze seines Schwertes zielte auf den faltigen Hals Kargens. »Wirklich alles? Was ist mit deinem Leben, alter Mann?«
Die Männer tanzten auf den Fellen herum, zerbrachen Krüge und tönerne Schalen, rissen Kräuterknollen von der rußigen Decke und warfen sie ins Kaminfeuer. Beißende Rauchschwaden durchzogen das Zimmer. Einer der Männer hatte eine versteckte Flasche Branntwein gefunden und schüttete den Alkohol in sich hinein. Der andere stürzte sich auf ihn, und einige Augenblicke lang wälzten sie sich am Boden hin und her und grölten und kreischten. Der Schneeteufel sauste aus seinem Versteck hervor und grub seine langen Reißzähne in das Bein des
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