Die Terranauten TB 13 - Die Lebenswächter
häuften sich Knäuel aus verbogenen Drahtgebilden, zerdrückten und zerknitterten Folien.
Llewellyns Wut verging so rasch, wie sie ihn gepackt hatte. Erschrocken blickte er rundum. Auf den Dächern der benachbarten Gebäude hatten sich etliche Schmetterlinge in die Luft erhoben, gaukelten umher, als bestünde ihr alleiniger Zweck daraus, hübsch zu sein. Der Terranautenführer rechnete damit, daß sie nun alle auf einmal über das Palais herfallen würden. Doch sie näherten sich nicht. Möglicherweise überforderte das Geschehen ihre Erkenntnisfähigkeit.
Erleichtert streckte Llewellyn die besinnungslose Psychomechanikerin am Boden aus, beugte sich über sie. Eilig prüfte er ihre mentale und psychische Verfassung. Allem Anschein nach hatte sie keinen organischen oder seelischen Schaden genommen; daß sie sofort in Ohnmacht gefallen war, hatte sie wahrscheinlich vor übleren Folgen bewahrt. Genaueres würde man allerdings erst feststellen können, wenn sie erwachte.
Sie mußte in die Obhut ihrer Psychomechaniker-Kollegen an Bord des Organseglers. Nur sie konnten ihren Zustand richtig beurteilen und ihr gegebenenfalls Hilfe leisten.
Llewellyn nahm die Bewußtlose auf seine Arme, rannte hinüber zum Parkdeck. Wachen der Eiseinen Faust und Lakaien kamen aufs Dach, starrten ratlos und verblüfft die Verwüstung und Llewellyn an. »Einen Gleiter!« brüllte der Riemenmann. »Schnell, schnell!«
Als der Gleiter startete, sah er, wie ein Schwarm Lebenswächter herabflatterte, um die Kontrolle von neuem auf das Palais auszudehnen.
Düster blickte Johorgho Klamatz seinem Vetter von der stählernen Tafel des Konferenzsaals aus entgegen, als Wachen den Widerstrebenden in ihrer Mitte hereinschleiften und vor den Titan-Technikus brachten. Mit irgendwie unheilvoller Gemächlichkeit erhob sich Klamatz. Kommandant Lajosmar tat das gleiche.
Bunyan Willborn war ein untersetzter, dicklicher Mann mittleren Alters mit stahlgrau gefärbtem Bürstenhaarschnitt. Nach der Meinung des Clan-Oberhaupts war er ein Schwächling und Dummkopf und sah für seine Begriffe auch so aus. Das einzige bemerkenswerte an ihm waren, fand Klamatz, seine Metallscheiben-Implantate, in denen Muster aus Kaltkristall glommen und elektronische Prozesse vortäuschten.
Klamatz musterte den Verwandten erst einmal für eine beträchtliche Weile, ohne einen Ton zu äußern. Bunyan schwitzte und zitterte, glotzte furchtsam mal da-, mal dorthin, wich Klamatz’ Blick immer wieder aus. Schon jetzt war er mit den Nerven am Ende. Der Titan-Technikus schlußfolgerte, daß es nicht allzu schwierig sein konnte, diesem jämmerlichen Wicht, der sich nicht einmal traute – trotz der Behandlung, die ihm widerfuhr –, von sich aus etwas zu sagen, Empörung wenigstens zu mimen.
»So«, meinte Klamatz schließlich mit dunklem Grollen in der Stimme und verhängnisträchtiger Betonung. »So, du hast also die verwegene Idee gehabt, Titan-Technikus zu werden. Das erstaunt und befremdet mich wahrhaftig sehr. Offenbar kennst du keinerlei Respekt vor deinem Clan-Oberhaupt und dem höchsten Würdenträger dieses Planeten. Aufgrund dessen habe ich den starken Eindruck, daß es um deine Zukunft verdammt schlecht steht. Ich glaube …«
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Johorgho. Das muß ein Mißverständnis …« Bunyan stammelte; er schlotterte nun regelrecht.
»Unterbrich mich nicht!« fuhr Klamatz ihn an. »Du hast dich an einem Komplott zu meiner Ermordung beteiligt, und ich empfehle dir, mich nicht noch mehr zu reizen. Es gibt für dich nur eine Möglichkeit, die härteste Bestrafung abzuwenden – nämlich indem du in vollem Umfang gestehst und uns erzählst, was du über deine Komplizen weißt. Dann werde ich mir überlegen, ob ich noch einmal unverdiente Milde mit dir walten lassen will.«
In Wirklichkeit jedoch hatte er nichts dergleichen vor. Nur ein Mittel eignete sich dazu, Clan-Mitglieder von ehrgeizigen Plänen abzuhalten: Unnachsichtige Strenge in der Führung des Clans. Bunyan Willborns Tage waren gezählt.
»Ich begreife nicht, wie du so was von mir denken kannst, Johorgho«, plapperte er verzweifelt. »Ich kann mir das nur durch einen schrecklichen Irrtum erklären. Oder …«
Klamatz grub seine Finger in Bunyans fleischige Wange und rüttelte daran, so daß sein Vetter mit einem Schmerzlaut verstummte. »Wenn’s dir lieber ist«, knurrte er wütig, »übergebe ich dich dem Kommandanten zum Verhör. Wir kriegen raus, was wir wissen wollen. Aber du
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