Die Terranauten TB 15 - Im 176. Jahr
sagte sie lächelnd, »hatte den Auftrag, den bestgeschützten Glimmstein der Mulcalin, die Schwarze Träne, zu stehlen und zu mir zu bringen. Er ist nicht zurückgekehrt. Also hat er es ganz offenbar nicht geschafft. Vielleicht haben ihn die Mulcalin umgebracht. Vielleicht auch das Sanfte Fieber. Denn leider«, ihr Lächeln vertiefte sich, »hatte er kein Gegenmittel dabei.«
»Du bist wahnsinnig«, sagte Noelle ruhig. »Vollkommen wahnsinnig.«
Sie zuckte mit den Achseln. »Mag sein. Vielleicht bin ich es wirklich.« Ihre Miene wurde übergangslos wieder hart und undurchdringlich. Kalt wie Eis. Sie deutete auf die Blüten des Gewächses, das am Kopfende der Liege wuchs, auf der Noelle gefesselt war.
»Eine schöne Blume, nicht wahr? Eine Purpurne Orchidee. Selten und ausgesprochen teuer. In einigen Fällen zudem ausgesprochen nützlich.«
Noelle verdrehte die Augen. Aus ihrer Position heraus konnte sie nur einen Teil der Purpurnen Orchidee sehen, die beinah farblosen Stengel, die purpurnen Blütenblätter, die dieser Pflanze ihren Namen gegeben hatten. Und natürlich die Dornen, in deren Lymphkammern sich ein tödliches Gift befand, gegen das noch kein Antimittel existierte. Eine Purpurne Orchidee reagierte auf jede noch so geringe Freisetzung psionischer Energie. Sollte sie zu einem mentalen Schlag gegen Dianne DasMaren ausholen, war sie zwei Sekunden später tot, das stand fest.
»Was willst du?« fragte Noelle kühl.
»Erinnerst du dich?« lautete die Gegenfrage Diannes. Sie legte den Kopf in den Nacken. »Damals, auf Hemyan …«
»Du hast zehntausend Humos auf dem Gewissen, Dianne.« Noelle spuckte aus. »Du bist eine Mörderin.«
»Ich habe nur Sicherheit und Ordnung wiederhergestellt.«
»Die Ordnung des Konzils. Eine Wiederherstellung von Unterdrückung und Ausbeutung. Eine Wiederherstellung von Unfreiheit.«
Dianne schüttelte tadelnd den Kopf. »Noch immer revolutionäre Gedanken, Noelle?« Sie preßte die Lippen aufeinander. »Sieh mich an. Treiberin, sieh mich an. Du bist dafür verantwortlich, du hast dieses Gesicht geschaffen.«
»Mir gefällt es.« Noelle schürzte die Lippen. »Und außerdem steht es dir gut.«
Dianne kochte vor Wut. »Oh, nein, so leicht werde ich es dir nicht machen, ich …«
Ihr Communer summte. Sie drehte sich abrupt um und schaltete den Miniempfänger ein. Dioden glühten.
Dianne nickte sich langsam zu. Es war also soweit. Ihr Sicherheitsmanag war dabei, sich selbst zu entlarven.
»Alle Kommunikationsverbindungen nach draußen unterbrechen«, befahl Queen Centa ihren Gardisten, als sie das Verwaltungsgebäude von V/O Kulturaimport betraten. Ein Palast, dachte Shentan angeekelt. Ein königliches Schloß. Die Verschleuderung von Millionen Verrechnungseinheiten. Und alles nur pure Eitelkeit.
Bedienstete Dianne DasMaren kamen ihnen entgegen. Sie machten verblüffte Gesichter und wurden von den Grauen einer routinemäßigen Sicherheitsprüfung unterzogen. Alles blieb ruhig und still.
Shentan hatte ein ungutes Gefühl.
»Das können Sie nicht machen!« keifte einer der persönlichen Sekretäre der Manag. Er wehrte sich gegen den Griff eines Gardisten. Der blieb unbeeindruckt. Queen Centa trat an ihn heran.
»Wo hält sich die Manag derzeit auf?«
»Das können Sie nicht machen!« rief der Sekretär und lief rot an. »Das ist Umsturz! Sie haben kein Recht, hier unbefugt einzudringen.«
»Machen Sie sich über diesen Punkt keine Sorgen«, sagte Shentan. »Wir sind befugt. Also, wo ist sie?«
»I-in ihrem Büro. Glaube ich.«
Sie ließen den Mann einfach stehen. Er sah ihnen eine Weile nach und suchte dann eilig das Weite. Währenddessen besetzten die Gardisten Centas wichtige Punkte innerhalb der Konzernniederlassung, die Kommunikationskontrollen, die Überwachung der konzerneigenen Sicherheitssysteme des Transportwesens. Es war nur eine Sache von wenigen Minuten. Nirgends stießen sie auf Widerstand. Alles ging ruhig und glatt.
Zu glatt, fand Shentan.
Dann erreichten sie das Büro der Manag. »Sie bleiben hier«, ordnete Shentan an und meinte damit die Abteilung Graugardisten, die ihre Waffen entsichert und einsatzbereit in Händen hielten. Er betätigte den Öffner der Tür. Nichts rührte sich.
Queen Centa trat vor, richtete den Laser auf das elektronische Schloß und feuerte. Eine Glutzunge leckte über das Protop. Eine Stichflamme, die einen Augenblick lang loderte … und das Schloß existierte nicht mehr. Ein Stoß. Und die Tür schwang auf.
Dianne
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