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Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt

Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt

Titel: Die Terranauten TB 18 - Das Terranauten-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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Handlampen auf sie fiel, und ergriffen hastig die Flucht, wenn die Menschen zu nahe herankamen. Nach einer Weile wurde Narda und ihren Begleitern der Weg von einer massiven Mauer versperrt.
    »Die Räte Tamboros haben diesen Sektor einfach abgeriegelt«, knurrte Gilmore Crymsen, »um auf diese Weise das Geld für eine Entgiftungsanlage zu sparen. Die Abwässer der nahen Industriebetriebe werden einfach in die Kanalisation geleitet und versickern hier. Dutzende von Kleinbauern, deren Familien während der ersten Besiedlungsphase im vierundzwanzigsten Jahrhundert nach Omikron kamen und an der Südküste Karshims Landwirtschaft betrieben, sind inzwischen mittellos geworden. Den meisten von ihnen blieb nicht anderes übrig, als in die Heime umzuziehen.«
    Aufgrund der Informationen des Suggestivunterweisers wußte Narda, was Crymsen damit meinte. Heime: große, rechteckige Betonburgen aus vorgefertigten Teilen, möglichst billig produziert und gebaut. Die kleinen Wohnungen bestanden meist innen nur aus ein oder zwei Zimmern mit dünnen Wänden und Einrichtungen aus Kunststoff. In ihnen vegetierten diejenigen dahin, die aufgrund der weitgehenden Automation Arbeit und Einkommen verloren hatten. Gescheiterte und Hoffnungslose, von der öffentlichen Wohlfahrt mit monatlichen Rationsmarken versorgt, für die es in den Gemeinschaftsküchen einen faden Nährbrei gab. Die Selbstmordrate in den Heimen war besonders hoch, statistisch dichtauf gefolgt von Delikten wie Vergewaltigung, illegalem Drogenhandel – neben dem legalen, der auch größere Ausmaße zu haben schien –, Vandalismus und Kindesmißhandlung.
    Narda musterte den Libertisten aus den Augenwinkeln, als sie nach dem Schacht suchten, der gemäß der Auskunft Delmont Vargas irgendwo in der Nähe nach oben führen mußte. Noch immer glänzte es in den Augen des dürren Mannes – eine dumpfe Wut, die ihm die Kraft gab, den Kampf gegen die Regenten und ihre tyrannische Herrschaft fortzusetzen, ein Zorn, der jedoch gleichzeitig eine Gefahr darstellte: Wenn Crymsen seinen Haß nicht unter Kontrolle hielt, mochte er ihm zum Opfer fallen und endgültig den kühlen Blick für die Realität verlieren.
    Er war, wie Narda bereits zuvor festgestellt hatte, ein Fanatiker, doch die Revolution, die er anstrebte, brauchte Leute mit kühlem Sachverstand. Sie brauchte Menschen, die wußten, was man unternehmen konnte, und die bestrebt waren, ihre Aktionen der Wirklichkeit anzupassen und nicht umgekehrt.
    Die junge Terranautin verstand nur zu gut, was in dem Mann vor sich ging. Sie erinnerte sich in diesem Zusammenhang an die hitzigen Diskussionen auf Sarym und auch der grünen Erde, an die Stimmen, die auch sie selbst zur Vernunft gemahnt hatten.
    Crymsen hatte recht: Die grünen Welten verrügten tatsächlich über das Potential, zumindest einige der technologisch orientierten Planeten zu befrieden und die dortige allgemeine Entwicklung in Bahnen zu lenken, die sie für richtig hielten. Es war möglich, jenes Krebsgeschwür mit einer von den Kosmischen Sporen durchgeführten und sternenweiten Operation zu entfernen. Aber möglicherweise forderte die Freiheit einiger weiterer Welten einen hohen Preis: einen interstellaren Krieg.
    »Hier ist der Schacht!« rief Benjamin halblaut.
    Moon stand an seiner Seite, griff nach den rostigen Sprossen einer Leiter und zog sich in die Höhe. Benjamin und Gilmore folgten ihrem Beispiel, und Narda bildete den Abschluß.
    Es war nicht weiter schwer, oben den Deckel aus der Einfassung zu hebeln.
    Inzwischen war das letzte Licht des Tages verblaßt, und die Dunkelheit der Nacht erwartete sie, erfüllt von der dunstigen Feuchtigkeit des gefallenen Regens. Die Luft schmeckte bitter. Sie befanden sich an der Peripherie Tamboros, und nicht weit entfernt ragten die Schlote einiger automatischer Verarbeitungsanlagen in die Höhe. Sie qualmten wie gewaltige Zigarren, und die ätzenden Schwaden wallten träge dahin. Einen knappen Kilometer entfernt zeigten sich die kantigen Konturen einiger Heime. Narda schätzte, daß in den Gebäuden jeweils etwa fünftausend Personen unterkommen konnten; sie bildeten eine eigene kleine Trabantenstadt. Alle Fenster waren dunkel.
    »Stromsperre«, erklärte Crymsen, als erriete er die Gedanken der jungen Frau. »Die Wohnungen werden nur für jeweils zwei Stunden am Tag mit Elektrizität versorgt. Selbst jetzt, im Winter.« Er deutete in Richtung des Stadtzentrums, wo sie den Schein heller Lichter ausmachen konnten. Narda

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