Die Terroristen
sah nicht schlecht aus. Dann sah er sich den Gast selbst an, einen jung aussehenden, aber irgendwo um die 50 Jahre alten Mann mit Bart und langem glänzendem Haar.
»Probieren Sie das mal«, forderte ihn der Mann auf. »Ein Gyllenkrok oder Golden Hook, wie die Amerikaner es nennen. Eigene Erfindung der Bar.«
Martin Beck folgte dem Rat. Der Drink war gut, und er versuchte vergeblich, herauszubekommen, was er enthielt. Dann blickte er plötzlich den Gast an, der ihm dieses Getränk empfohlen hatte, und sagte:
»Jetzt erkenne ich Sie. Sie sind der Botaniker und Reporter, der im vorigen Herbst Sigbrit Märd am Börringesjön gefunden hat.«
»O Gott, sprechen Sie nicht davon, jedenfalls nicht hier.«
Gleich darauf warf er Martin Beck einen Blick zu und sagte:
»Sie haben Recht. Und Sie sind der Polizeikommissar aus Stockholm, der mich hinterher verhört hat. Was machen Sie denn diesmal hier?«
»Dienst«, antwortete Martin Beck und zuckte mit den Achseln.
»Tja«, meinte der Leichenfinder, »mich geht das ja nichts an.«
Drei Minuten später sagte Martin Beck gute Nacht, ging hinauf und legte sich hin. Er war so müde, dass er nicht einmal die Kraft hatte, Rhea zu Hause anzurufen.
Am Sonntag, dem 22. Dezember, war das Chaos in der Abfertigungshalle der Tragflügelboote schlimmer als je zuvor. Die Geschäfte waren offenbar geöffnet, denn es waren noch mehr Weihnachtsmänner mit Reklamezetteln da als an den Tagen vorher. Außerdem befanden sich Unmengen von Kindern zwischen den sich drängenden Passagieren. Es war Mittagszeit, Hauptverkehrszeit, alles hatte Hochsaison, bis auf das Wetter. Der Wind kam von Norden, nass und ekelhaft kalt. Er blies geradewegs in die Hafeneinfahrt und wehte schonungslos über den ungeschützten Kai.
Zwei Boote sollten gerade ablegen, ein dänisches, das Flyvefisken hieß, und ein schwedisches mit Namen Tärnan. Man stopfte sie ganz einfach proppenvoll und schickte sie auf den Weg, so schnell man irgend konnte.
Das dänische Boot legte ab, und Benny Skacke, der in der Nähe der Laufplanke gestanden hatte, begann auf das schwedische Boot zuzugehen. Martin Beck stand am Ausgang direkt hinter dem schwedischen Steuermann, der blitzschnell die Fahrkarten knipste, während er gleichzeitig mit der anderen Hand sein Rechenwerk bediente, um die Zahl der Passagiere zu kontrollieren.
Der Wind war widerlich, und Martin Beck drehte den Ropf zur Seite, um das Gesicht ein wenig zu schonen. Er hörte jemanden etwas auf Dänisch zu dem Steuermann sagen.
Dann drehte er den Ropf wieder um.
Es herrschte kein Zweifel.
Reinhard Heydt hatte die Fahrkartenkontrolle und alle Polizisten davor passiert und war auf dem Weg zur Laufplanke bereits einen Meter weitergegangen.
Skacke befand sich 25 Meter davon entfernt, immer noch halbwegs zwischen dem Boot, das gerade abgelegt hatte, und dem, das in wenigen Minuten die Leinen loswerfen würde.
Heydts einziges Gepäckstück war eine Tragetüte aus Papier, auf die ein Weihnachtsmann aufgedruckt war.
Skacke blickte auf, erkannte den Südafrikaner sofort, verhielt und griff nach seiner Dienstpistole. Aber Heydt hatte Skacke zuerst gesehen und ihn sofort als Polizisten in Zivil erkannt. Jetzt ging es nur noch darum, ob der Polizist Heydt erkannt hatte.
In dem Augenblick, als Skacke die Hand unter den Mantel steckte, war für Heydt die Situation klar. Jemand musste in den nächsten Sekunden sterben, und Heydt war überzeugt davon, dass er nicht derjenige sein würde. Er würde diesen Polizisten dort erschießen, dann konnte er über den Zaun springen auf die Straße und mit Leichtigkeit im Verkehr verschwinden. Er ließ die Tüte fallen und schlug die Jacke zur Seite.
Benny Skacke war schnell und gut durchtrainiert, aber Reinhard Heydt war zehnmal schneller. Martin Beck hatte noch niemals etwas Ähnliches gesehen, nicht mal im Rino.
Trotzdem war auch er flink, machte einen Schritt vorwärts und rief:
»Einen Augenblick, Mister Heydt…«
Gleichzeitig packte er Heydts rechten Arm, aber der Südafrikaner hatte bereits den fürchterlichen Colt-Revolver in der Hand, und er war genügend stark, den Arm zu heben, obgleich Martin Beck ihn herunterdrückte.
Skacke sah mit Entsetzen, dass es hier in weit höherem Maße, als er es sich jemals hatte vorstellen können, um Tod und Leben ging und dass Martin Beck ihm eine Gratischance gegeben hatte, am Leben zu bleiben.
Er hatte jetzt seine Walther heraus, zielte und schoss, rücksichtslos und um zu töten.
Das
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