Die Terroristen
Laster verfallen war oder sich gewalttätig verhalten hätte. Sie war unerschütterlich ehrlich, weltfremd und übertrieben gutgläubig. Auch Cosgrave wurde kurz zusammengefasst beschrieben. Seinen Bekannten zufolge war er ein zielstrebiger junger Mann, der nicht versuchte, sich seiner Pflicht zu entziehen und der bedingungslos an eine Zukunft für sich und seine Familie in den USA glaubte.
Bulldozer Olsson hatte, während die Untersuchung zur Person durchgekaut wurde, mit großem Interesse eines seiner Dossiers studiert und in regelmäßigen Abständen viel sagende Blicke auf die Uhr geworfen.
Er stand jetzt auf, um sein Plädoyer zu halten.
Rhea beobachtete ihn blinzelnd.
Abgesehen von seiner hoffnungslosen Kleidung, war er ein Mann, der eine ungeheure Selbstsicherheit und ein intensives Interesse für die Dinge, mit denen er sich gerade beschäftigte, ausstrahlte.
Bulldozer hatte Brakets Konzeption für die Verteidigung durchschaut, aber er sah keine Veranlassung, sich dadurch von seinem Konzept abbringen zu lassen. Er warf sich in die Brust - tatsächlich streckte er nur den Bauch vor -, sah auf seine ungeputzten braunen Schuhe hinunter und begann mit sammetweicher Stimme:
»Ich will mein Plädoyer auf eine Wiederholung der bewiesenen Fakten beschränken. Rebecka Lind betrat die Räume der PK-Bank bewaffnet und mit einer geräumigen Schultertasche versehen, in welcher sie die Beute verstauen wollte. Damit hielt sie sich genau an das Muster, das uns aus Hunderten von Fällen allein im letzten Jahr bekannt ist. Ihre Unerfahrenheit auf diesem Gebiet führte dazu, dass sie unmittelbar festgenommen wurde. Persönlich tut mir die Angeklagte beinahe leid, die sich schon in so jungen Jahren zu einer so schweren Straftat verleiten ließ. Trotzdem bin ich im Hinblick auf die Einhaltung der Gesetze gezwungen, eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung zu beantragen. Die Beweise, wie aus dieser langen Verhandlung klar hervorgeht, sind unwiderlegbar und durch keine Argumente zu erschüttern.«
Bulldozer drehte seinen Schlips zwischen den Fingern.
Dann schloss er: »Damit übergebe ich meinerseits den Fall dem Gericht zur Entscheidung.«
»Sind Sie, Herr Advokat Braxen, bereit, das Schlussplädoyer der Verteidigung zu halten?«
Braket schien keinesfalls bereit zu sein. Er türmte zerstreut seine Papiere aufeinander, betrachtete einen Moment seine Zigarre und steckte sie dann in die Tasche. Dann blickte er sich im Gerichtssaal um, so als ob er den Raum zum ersten Mal wahrnehme. Prüfend betrachtete er einen der Anwesenden nach dem anderen, neugierig, so als ob er sie noch nie gesehen hätte.
Schließlich stand er auf und ging schwankend vor dem Richtertisch auf und ab.
Die meisten, die Braket kannten, waren sehr gespannt, denn sie wussten, dass er ebenso gut mehrere Stunden oder auch nur fünf Minuten lang sprechen konnte.
Bulldozer Olsson sah viel sagend auf seine Uhr.
Braket starrte dem Vorsitzenden und den Schöffen herausfordernd ins Gesicht, während er an ihnen vorbeiwankte. Sein Hinken, das zu Anfang kaum aufgefallen war, schien zuzunehmen, je mehr sich das Verfahren in die Länge zog.
Schließlich begann er:
»Wie ich bereits einleitend sagte, ist die junge Dame, die hier auf der Anklagebank oder, genauer gesagt, auf dem Stuhl sitzt, unschuldig und eine Verteidigungsrede für sie eigentlich nicht erforderlich. Trotzdem will ich einige Worte sagen.«
Alle fragten sich nervös, was Braket mit dem Ausdruck »einige Worte« meinen konnte.
Die Unruhe war allerdings unbegründet. Braket knöpfte seine Jacke auf, rülpste leise, streckte den Bauch vor und lehnte sich an das Podium. Er fuhr fort:
»Der Staatsanwalt hat bereits darauf hingewiesen, dass in diesem Land eine sehr große Zahl von Banküberfällen verübt wird. Das dauernde Gerede darüber und die vielen Veröffentlichungen sowie das oftmals spektakuläre Eingreifen der Polizei haben nicht nur dazu geführt, dass der Herr Staatsanwalt ein bekannter und viel zitierter Mann geworden ist, dessen Krawatten bereits in den Klatschspalten der Illustrierten beschrieben werden, sondern sie haben auch zu einer Hysterie geführt, die zur Folge hat, dass ein normaler Mensch kaum eine Bank betreten kann, ohne dass sofort angenommen wird, dass der Betreffende die Bank berauben will oder etwas ähnlich Bösartiges im Schilde führt.«
Braket machte eine Pause und stand eine Weile mit dem Blick auf den Boden gerichtet da. Offenbar versuchte er, sich zu
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