Die Terroristen
konzentrieren.
»Rebecka Lind hat von der Gesellschaft nicht viel Hilfe oder freundliche Unterstützung erfahren. Weder die Schule noch die eigenen Eltern oder die übrige ältere Generation hat sie gestützt oder ermutigt und angespornt. Dass sie sich keine Mühe gegeben hat, sich dem derzeitigen Gesellschaftssystem anzupassen, kann ihr nicht zur Last gelegt werden. Als sie im Gegensatz zu vielen anderen Jugendlichen versucht, Arbeit zu bekommen, erhält sie lediglich den Bescheid, dass es für sie keine Arbeit gibt. Es läge nahe, einmal zu untersuchen, warum es für die junge Generation keine Arbeit gibt, aber davon will ich hier absehen. Als sie schließlich in eine Notlage gerät, wendet sie sich an eine Bank. Sie hat nicht die geringste Ahnung, wie das Bankwesen funktioniert, und man kommt zu der falschen Auffassung, dass die PK-Bank weniger kapitalistisch oder sogar im Besitz des Volkes ist. Bei Rebeckas Anblick glaubt die Kassiererin sofort, dass das Mädchen die Bank überfallen will, weil sie sich einfach nicht vorstellen kann, was eine solche Person in der Bank zu tun haben könnte. Dazu kommt, dass sie wegen der zahlreichen, zum Teil widersprüchlichen Anweisungen, mit denen das Bankpersonal in den letzten Jahren überschüttet wurde, den Kopf verliert. Sie löst sofort Alarm aus und stopft das Geld in die Tasche, die das Mädchen auf den Tresen gelegt hat. Was geschieht dann? Allen Erwartungen zum Trotz erscheint keiner der berüchtigten Detektive des Oberstaatsanwalts, denn die haben gar keine Zeit, sich mit so nebensächlichen Fällen abzugeben, sondern zwei uniformierte Polizisten in einem Streifenwagen. Während sich der eine, seinen eigenen Worten zufolge, wie ein Panther über das Mädchen wirft, gelingt es dem anderen, das Geld elegant auf dem Fußboden zu verteilen. Außerdem verhört er dabei die Kassiererin. Dies Verhör ergibt, dass Rebecka niemanden bedroht und auch nicht die Herausgabe des Geldes verlangt hat. Das Ganze kann also nur als ein Missverständnis bezeichnet werden. Das Mädchen hier hat sich naiv benommen, aber das ist bekanntlich nicht strafbar.«
Braket hinkte zu seinem Tisch, las in den Akten und sagte mit dem Rücken zum Richter und den Schöffen:
»Ich beantrage, dass Rebecka Lind freigesprochen und die Anklage zurückgezogen wird. Irgendwelche alternierenden Anträge interessieren mich nicht, denn jeder einigermaßen vernünftige Mensch muss begreifen, dass sie ohne Schuld ist und daher von einem Strafantrag keine Rede sein kann.«
Die Beratung des Gerichts dauerte nicht lange. Die Entscheidung fiel in weniger als einer halben Stunde.
Rebecka Lind wurde freigesprochen und unmittelbar auf freien Fuß gesetzt. Dagegen wurde die Anklage für Rechtens erklärt. Fünf der Schöffen hatten auf Freispruch entschieden und zwei dagegen. Der Richter hatte eine Verurteilung empfohlen.
Als sie den Gerichtssaal verließen, kam Bulldozer Olsson auf Martin Beck zu und sagte:
»Siehst du, wenn du ein wenig gerissener wärst, hättest du die Whiskyflasche gewonnen.«
»Gehst du in die Berufung?«
»Nein. Ich habe schließlich was Besseres zu tun, als einen ganzen Tag lang in Hovrätten herumzusitzen und mich mit Braket zu zanken. Wegen eines solchen Falles?«
Er eilte davon.
Auch Braket trat zu ihnen. Er schien noch mehr zu hinken. »Vielen Dank, dass du gekommen bist. Hätte nicht jeder getan.«
»Ich glaubte, ich hätte deine Absicht verstanden.«
»Das ist ja gerade die Schwierigkeit. Es gibt viele, die die Absicht verstehen, aber kaum einen, der dann auch erscheint.«
Braket sah Rhea nachdenklich an, während er die Spitze seiner Zigarre abknipste.
»Unser Gespräch in der Pause war sehr interessant, Fröken … Frau …«
»Nielsen heißt sie«, half Martin Beck. »Rhea Nielsen.«
»Danke«, sagte Braket mit einer gewissen Wärme in der Stimme. »Manchmal frage ich mich, ob ich manche Prozesse nicht nur wegen meines schlechten Namensgedächtnisses verliere. Wie dem auch sei, Frau Nielsen hätte sich der Juristerei annehmen sollen. Sie analysierte den Fall innerhalb von zehn Minuten und brachte eine Zusammenfassung, die der Staatsanwalt allenfalls in mehreren Monaten geschafft hätte, wenn er überhaupt gescheit genug ist, so etwas zu bewerkstelligen.«
»Na, na«, sagte Martin Beck. »Wenn Bulldozer sich entschlossen hätte, in die Berufung zu gehen, hätte er vor dem Hovrätt kaum verloren.«
»Möglich. Man muss seinen Gegner aber immer psychologisch einschätzen.
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