Die Terroristen
fahren mit demselben Bus oder Zug.«
»Aber dieser Walter Petrus, wohnt der auch hier?«, fragte Benny Skacke.
»Nein, der nicht. Er kommt manchmal in der Woche und übernachtet bei Frau Lundin. Er selbst wohnt mit Frau und drei Kindern in einer Villa in Djursholm.«
»Ist die Familie unterrichtet?«, wollte Martin Beck wissen.
»Ja«, antwortete Pärsson. »Wir hatten Glück, denn in der Aktentasche fanden wir ein Rezept, von einem Privatarzt ausgestellt. Den haben wir angerufen, und es stellte sich heraus, dass er eine Art Hausarzt war und die Familie gut kannte. Er erbot sich, der Familie die traurige Nachricht zu überbringen und sich um sie zu kümmern.«
»Gut. Mit denen müssen wir auch morgen sprechen. Es ist spät geworden heute, bleibt uns also nur, zu versuchen, hier im Hause fertig zu werden.«
Pärsson blickte auf die Uhr.
»Halb zehn. So sehr spät ist es noch gar nicht. Aber du hast Recht. Außerdem sollten wir die Familie vielleicht eine Weile in Ruhe lassen.«
Pärsson war ein großer, hagerer Mann mit weißem Haar und so dichten Sommersprossen, dass er ständig wie braun gebrannt aussah. Mit der dünnrückigen, gebogenen Nase, den schmalen Lippen und sparsamen, wohl abgewogenen Gesten machte er einen vornehmen Eindruck.
»Ich möchte gern ein paar Worte mit Maud Lundin sprechen«, bat Martin Beck. »Du sagtest, dass du einen Mann da oben bei ihr hast. Macht es was aus, wenn ich hinaufgehe?«
»Nein, keineswegs. Übrigens bist du der Boss, kannst also machen, was du willst.«
Von draußen hörte man Stimmen und Tumult, und Pärsson ging in die Küche und blickte aus dem Fenster.
»Diese verdammten Zeitungsschnüffler«, sagte er wütend. »Die sind wie die Geier. Ist wohl am besten, wenn ich hinausgehe und mit ihnen rede.«
Er ging in gerader Haltung und mit strenger Miene auf die Haustür zu.
»Du kannst dich ein wenig umsehen«, sagte Martin Beck zu Skacke.
Skacke nickte, ging auf das Bücherregal zu und begann die Titel zu studieren.
Martin Beck stieg die Treppe hinauf, die in einen großen quadratischen mit weißem Teppichboden ausgelegten Raum führte. Die Möblierung bestand aus acht protzigen hellen Ledersesseln, die in einem Kreis um einen riesigen Tisch mit Glasplatte standen. An der Wand befand sich eine aufwendige und sicher sehr teure Stereoanlage, und auf an den Wänden befestigten Eckregalen standen vier weiß lackierte Lautsprecher. Der Raum reichte bis in die Spitze des Daches hinein, und von den großen Fenstern auf der Rückseite des Hauses hatte man einen herrlichen Blick auf den Wald hinter dem weit gestreckten grünen Feld.
In dem Zimmer gab es nur eine Tür, und die war geschlossen. Martin Beck hörte murmelnde Stimmen dahinter, klopfte an und öffnete die Tür.
Auf einem großen Doppelbett mit einer weißen Plüschtagesdecke darüber saßen zwei Frauen. Sie hörten auf zu sprechen und sahen ihn an, wie er da in der Türöffnung stand.
Die eine Frau, kräftig gebaut, war wesentlich größer als die andere. Sie hatte ausgeprägte Gesichtszüge, dunkle Augen und in der Mitte gescheiteltes schwarzes Haar, das lang und glatt bis auf den Rücken hing.
Die andere Frau war schlank und ein wenig kantig, hatte lebendige braune Augen und kurz geschnittene, dunkle Haare.
»Martin« , begrüßte sie ihn. »Nanu, ich wusste nicht, dass du hier bist.«
Martin Beck war überrascht und wartete ein wenig mit seiner Antwort.
»Hej, Äsa. Ich hatte keine Ahnung, dass du hier bist. Pärsson sagte, dass er einen Mann hier oben hätte.«
»Ach was. Der bezeichnet alle als seine Männer, auch wenn es Frauen sind.«
Sie wandte sich wieder an die andere Frau.
»Maud. Das ist Kommissar Beck. Er ist Chef der Riksmordkommission.«
Die Frau nickte Martin Beck zu, der nickte zurück. Er hatte sich nach dem plötzlichen Wiedersehen mit Äsa Toreil noch nicht wieder gefasst. Fünf Jahre vorher war er beinahe verliebt in sie gewesen.
Er hatte sie vor mehr als 8 Jahren kennen gelernt, als ihr Verlobter, Äke Stenström, der sein jüngster Mitarbeiter war, zusammen mit 8 anderen Menschen in einem Bus erschossen worden war. Äsa hatte lange um Äke getrauert und sich mit der Zeit entschlossen, Polizeibeamtin zu werden. Jetzt war sie Kriminalassistentin bei Pärsson in Märsta.
In einer Sommernacht in Malmö vor 5 Jahren hatten Martin Beck und Äsa miteinander geschlafen. Das war eine schöne Nacht gewesen, aber sie war nie wiederholt worden. Jetzt freute er sich deswegen. Äsa war
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