Die Terroristen
Sätze.
»Du hast mir eben tatsächlich aus der Klemme geholfen«, begann Stig Malm. »Aber …«
»Was aber?«
»Warum hast du das getan?«
»Weil du mir Leid getan hast.«
»Aber du kannst mich doch nicht leiden, nicht wahr?«
»Ich finde, dass du ein verdammter Esel bist. Aber auch Esel können einem Leid tun, stimmt’s?«
»Das nehme ich an.«
»Im Übrigen habe ich einen Tipp für dich.«
»So, was denn?«
»Appelliere an seinen Sinn für Humor.«
»Übrigens, um darauf zurückzukommen«, fragte Malm neugierig, »wie waren denn die Bordelle da unten?«
»Alle waren rot und weiß gestreift. Desgleichen die Kondome auf den Nachttischen der Nutten. Und eine halbe Stunde nachdem man da gewesen war, sah der Schwanz auch so aus. Genau wie eine Zuckerstange.«
»Wann gehen die weg, die Streifen, meine ich?«
»Niemals«, sagte Gunvald Larsson todernst. »Vielleicht geht deshalb dort niemand in ein Bordell.«
Sie gingen jeder in seine Richtung.
Stig Malm schüttelte nachdenklich den Kopf.
»Schafskopf«, brummte Gunvald Larsson. »In welchem schrecklichen Beruf hat man 49 Jahr lang versucht, sich zu qualifizieren.«
Alle kamen zu angegebener Zeit, mit Ausnahme von Möller. Stig Malm und Gunvald Larsson und der Rikspolis-Chef begrüßten sich allerdings nicht besonders überschwänglich, aber es war ja auch nicht das erste Mal, dass sie sich an diesem wettermäßig wenig aufmunternden Julitag trafen. Martin Beck war anwesend, in einer Jeansjacke und ungebügelten Hosen, und der Polizeimeister trug, wie erwartet, einen weißen Seidenschlips. Vielleicht trauerte er damit immer noch um Gustav VI. Adolf, der im vorigen Herbst verstorben war, auch wenn das übertrieben royalistisch war. Möller fehlte.
Alle hatten sich bereits an den Konferenztisch gesetzt, als der Rikspolis-Chef sein Fehlen bemerkte und die wenig geniale Frage stellte:
»Wo ist Möller?«
»Wahrscheinlich ist er im Sekretariat und spielt mit den Mädchen Blindekuh«, meinte Gunvald Larsson.
»Wir können ohne ihn ganz einfach nicht anfangen«, bedauerte der Rikspolis-Chef. »Ihr alle wisst, was das für einen Aufstand gibt, sobald die Sicherheitsabteilung hinzugezogen wird.«
Eric Möller war der Chef der Sicherheitsabteilung der Reichspolizeileitung, kurz Säpo genannt, aber die Frage war, ob er selbst eigentlich richtig wusste, was ihm als Chef da unterstellt war. Dass es eine Sicherheitspolizei gab, daran war an und für sich nichts Merkwürdiges. In dieser Behörde waren bis zu achthundert Personen beschäftigt, die sich die Zeit hauptsächlich damit vertrieben, ausländische Spione auszumachen und zu ergreifen oder Organisationen und Gruppen entgegenzuwirken, die die Sicherheit des Reiches gefährdeten. Im Laufe der Jahre war das allerdings immer verworrener geworden, da es die ganze Zeit über ein offenes Geheimnis gewesen war, dass die einzige Aufgabe der Säpo darin bestand, Leute mit sozialistischen Ideen zu registrieren, zu verfolgen und ihnen ganz allgemein das Leben schwer zu machen. Als es schließlich so weit kam, dass die Polizei begann, Listen von Sozialisten anzulegen, die der sozialdemokratischen Partei angehörten, wurde es für die so genannte sozialistische Regierung immer schwerer, das Gesicht zu wahren. Das einzige, was sie tun konnte, war, immer wieder zu versichern, dass Schweden keine Spionage im Ausland betrieb, und anfänglich, dass es eine Registrierung politischer Meinungen nicht gab, und später, dass damit aufgehört worden war. So etwas war nämlich im Jahr 1968 durch Gesetz verboten worden. Aber bald erwies sich, dass diese Beteuerungen unwahr waren. Schweden betrieb im Ausland Spionage, teils auf eigene Rechnung, aber vor allem im Auftrag anderer Länder, und das Gesetz, das eine Registrierung abweichender Meinungen der Sozialisten verbot, wurde mit Hilfe skrupelloser Ausnahmebestimmungen elegant umgangen. Mit der Zeit stellte sich heraus, dass ein Teil dieser Tätigkeiten nicht direkt - das Wort direkt muss hier kräftig hervorgehoben werden - von der Sicherheitspolizei durchgeführt wurde, sondern über geheimnisvolle Büros und andere Scheininstitutionen, die von der Polizei, dem Militär und der Regierung in schöner Harmonie betrieben wurden. Als ein Teil dieser Fakten ans Licht der Öffentlichkeit gezogen und publiziert wurde, reagierte das Regime genauso, wie man es leider hatte erwarten können. Mit Hilfe des korrumpierten Rechtsapparates wurden die Journalisten, die die schmutzigen
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