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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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der Rechten umklammerte er ihren Hals und drückte. Sie riss die Augen auf und öffnete den Mund, aber nun kam nicht einmal mehr ein Gurgeln heraus. Ihr Gesicht rötete sich, ihre Blicke fokussierten sich auf ihn. Er sah, wie sich Todesangst in Hass verwandelte, und wäre beinahe zurückgezuckt. Sie wand sich, aber nun hatte er sie unter sich eingeklemmt. Tränen schossen ihr in die Augen, als sie hervorzutreten begannen. Er löste den Griff seiner tobenden linken Hand und zog sie zitternd an sich. Sie begann zu zucken. Er erwiderte ihren Blick, sah, wie plötzlich eine Ader platzte und das Weiße um die Iris rot färbte, und seine Lippen bewegten sich und flüsterten ein Gebet, baten um Vergebung, baten um die Aufnahme dieser armen Seele in die Gemeinschaft Gottes, baten um Gnade für ein Leben, das unschuldig genommen worden war, damit es nicht die schlimmste Schuld auf sich laden konnte – Gott den Herrn zu verraten –
    Ihre Hände schlugen wild herum und ohrfeigten ihn, kratzten ihn, verfingen sich in dem Lederband um seinen Hals und rissen es ab, aber er spürte weder die Schläge noch die Kratzer noch den Striemen, den das Lederband in seinen Nacken brannte, versuchte nur, seine Linke zu schützen. Ihre Augen verdrehten sich. Es ging zu Ende, und es war gut, denn Pavels Kraft war ebenfalls am Ende, und jeden Moment konnte jemand in der Tür auftauchen, der vom Poltern des Falls aufgeschreckt worden war. Wie hätte er wissen sollen, dass das Abendessen im Saal des Gebäudes gerade in ein fröhliches Bacchanal ausartete; der Bräutigam ließ der Hoffnung freien Lauf, dass seine Braut sich ihm endlich unterworfen habe. Ihre Pupillen zuckten hin und her und froren auf etwas ein. Pavel folgte ihrem Blick unwillkürlich. Sie starrte auf seine linke Hand, die er vor seiner Brust hielt –
    Bevor er reagieren konnte, zuckten ihre beiden Hände wiezwei Schlangen heran, fliegende Finger fetzten den notdürftigen Verband herunter, Fingernägel krallten sich in die tiefe, kaum verschorfte Wunde quer über seinen Handrücken und rissen sie auf.
    Pavel stieß sich nach hinten ab und flog von ihr herunter. Wenn jemand seine Hand abgerissen hätte, hätte es nicht schlimmer sein können. Sein Blick wurde unscharf und verengte sich zu einem Tunnel. Er prallte mit dem Rücken auf den Boden und merkte es nicht. Seine Hand brüllte, sein ganzer Arm stand in Flammen. Alles, was er tun konnte, war, nicht vor Schmerz zu kreischen. Er lag auf dem Boden und wand sich, die Rechte um das linke Handgelenk geklammert. Das Blut rann ihm zwischen die Finger und machte den Halt schlüpfrig. Er wusste es nicht, aber er hatte sich in die Lippe gebissen, so dass auch Blut aus seinem Mundwinkel rann. Ein heiseres Stöhnen kam tief aus seiner Kehle. Mit seinem Tunnelblick sah er, wie sie keuchend und hustend auf die Beine kam, zerzaust und dunkelrot im Gesicht, wie sie würgte und sich krümmte, ohne sich übergeben zu können. Ihr Mund öffnete und schloss sich; wieder kam statt eines Hilfeschreis nur ein Ächzen. Sie taumelte auf ihn zu. Sie würde an ihm vorbei und auf den Gang hinausrennen und alle im Haus alarmieren. Pavel hatte versagt. Er hatte gemordet, er hatte seinen einzigen Freund auf der Welt in das Morden mit hineingezogen, und am Ende hatte er versagt. Er merkte, dass er in eine Ohnmacht glitt –
    – und schnappte ins Bewusstsein zurück, als der Tritt seine Seite traf. Er riss die Augen auf. Sie war nicht geflohen. Sie stand schwankend neben ihm, zu keinem Wort, zu keinem Laut fähig, mit einer Hand ihre Kehle schützend und mit der anderen um Halt in die Luft krallend. Sie holte aus und traf seine Seite erneut. Hass sprühte aus ihren blutunterlaufenen Augen, ihr Gesicht war verzerrt, das einer Furie. Jeder Tritt fuhr wie ein Dolch in den schreienden Knoten aus Schmerz inseiner Hand, obwohl keiner davon seine Verletzung traf. Eine Art Selbsterhaltungstrieb brachte seine Füße zum Strampeln und seine Fersen dazu, sich in den Boden zu stemmen und den Körper wegzuschieben. Sie folgte ihm stolpernd, ein Tritt ging ins Leere. Wie absurd – sie würde ihn zu Tode treten. Sie war so knapp davor gewesen, zu sterben und als unschuldiges Opfer direkt ins Paradies zu gelangen, und jetzt war sie es, die einen Mord auf sich lud und ewige Verdammnis –
    Pavel sah am oberen Rand seines Blickfelds, wie die halb geschlossene Tür wieder aufgerissen wurde. Da kamen die Retter – und wenn sie sie daran hinderten, ihn zu töten, dann

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