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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Pavel, war gewogen und zu leicht befunden worden.
    Buh ließ die Tür leicht hinter sich zugleiten, sicherte sie noch einmal und schlich dann zur Treppe im Dienstbotenaufgang. Pavels Kopf pendelte haltlos herunter, der Gang eine um neunzig Grad versetzt schwankende Höhle mit doppelten und dreifachen Konturen. Plötzlich sah er etwas, was sein Gehirn der Mühe wert erachtete, den Blick zu fokussieren.
    Die Laterne, die er mitgenommen und vor der Tür zu Agnes Wiegants Zimmer abgestellt hatte, war umgefallen und davongerollt, bis sie an einer Biegung des Ganges aufgehalten worden war. Dort war sie liegen geblieben, der Tran in derÖllampe war ausgelaufen, und der Docht hatte die Pfütze in Brand gesetzt. Kleine blaue Flammen leckten bereits an der Vertäfelung. Wenn im Zimmer von Agnes Wiegant nicht die meisten Kerzen durch den Kampf ausgegangen wären und räucherige Luft zurückgelassen hätten, hätte man das brennende Holz vermutlich riechen können.
    Gott war trotz allem mit ihm und gab ihm eine neue Chance.
    Buh bog um die Ecke, ohne etwas davon gesehen zu haben. Als er den Dienstboteneingang öffnete und in die mittlerweile fast völlig verloschene Dämmerung hinaustrat, sog Pavel gierig die frische Luft ein. Dann bat er Buh, anzuhalten und ihn herunterzulassen. Er hätte sich am liebsten übergeben vor Müdigkeit, aber es gab noch etwas zu tun. Er zog Buhs Kopf zu sich herunter, bereitete sich darauf vor, seinen Freund erneut anzulügen, und lallte ihm dann seine Bitte ins Ohr.
    5
    Cyprian und Andrej starrten entgeistert die Flammenzunge an, die hinter den Häuserfassaden des Königswegs in die Höhe leckte. Dann begann Cyprian zu rennen. Andrej folgte ihm stolpernd und barg das Köpfchen des Kindes an der Brust.
    Der kleine Platz mit dem Brunnen in der Mitte füllte sich mit den ersten Menschen. Sie befanden sich in dem Stadium des Entsetzens, das sich mit der Ungerechtigkeit eines Geschehens befasste, das normalerweise nur anderen Leuten zustieß und einem selbst auf keinen Fall passieren konnte . Sie standen – im Nachthemd die einen und voll angezogen die anderen – da und starrten mit offenen Mündern auf den Funkenwirbel, der sich aus dem halb eingestürzten Dach erhob. Cyprian rannte in sie hinein wie ein angreifender Landsknecht, packte den erstbesten – einen dicken Mann mit einem Weinkrug in der Hand, dem noch das Fett vom Abendmahl auf den Backen glänzte, – und brüllte ihn an: »Die Wache! Hol die Wache!«
    Ob der Mann die Worte verstand oder nicht, jedenfalls schaltete sich sein Verstand ein, er drehte sich um und rannte in Richtung der Prager Brücke davon. Cyprian stürmte durch die schüttere Menge und gestikulierte zum Brunnen.
    »Eimer! Holt Eimer!« Er stutzte einen halben Augenblick, als er den völlig zerstörten, verbogenen und halb herabgerissenen Schmuckkäfig sah. Dann stieß und drängte er die Leute, seinen Anweisungen zu folgen. Langsam kehrte das Bewusstsein in sie zurück, dass ein Nachbarhaus brannte und dass es nur wenig bedurfte, um daraus einen Brand werden zu lassen, der ihr gesamtes Viertel auffraß. Schreie ertönten, hastiges Auseinanderlaufen, um Schöpfgeräte aus den eigenen Häusern zu holen. Andrej wurde gestoßen und beiseitegeschubst. Er schützte das Kind in seinen Armen, so gut er konnte. Plötzlich war Cyprian neben ihm.
    »Organisier die Eimerkette!«, brüllte er Andrej ins Ohr.
    Andrej machte ein hilfloses Geräusch und hob den Säugling in seinen Armen halb hoch, aber Cyprian war schon zum Eingang des brennenden Gebäudes gelaufen. Auch in Andrej setzten jetzt die Instinkte des Stadtbewohners ein, der ein Feuer mehr fürchtet als ein angreifendes Heer. Er sprang zu einer Frau hinüber, die wie eine Dienstmagd gekleidet war und mit der Faszination des Grauens auf die Flammen starrte, die aus dem Dach schlugen, beide Hände vors Gesicht geschlagen.
    »Nimm das Kind!«, brüllte er sie an. Sie zuckte zusammen. »NIMM DAS KIND!«
    Wenzel schrie mit seiner dünnen Stimme. Die Frau streckte eingeschüchtert die Hände aus. Er drückte das Bündel hinein und schob beide an die Seite des Brunnens; er trug die Fraumehr, als dass sie selbst ging. »HIER STEHEN BLEIBEN!«, brüllte er. Sie nickte mit weit aufgerissenen Augen. Andrej trat die Überreste des Käfigs beiseite und begann voller Hast, den Eimer heraufzuholen. Die Kette war kalt und rostig und biss in seine Handflächen.
    Cyprian zerrte an den Eisenteilen, die gegen die Türen des Haupt- und

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