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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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zurück, der verloren mit dem Fuß in den Trümmern herumstieß, als hoffe er in den brandgeschwärzten Bruchstücken etwas zu finden, das ihm Zuversicht gab.
    Bevor er Andrej erreichte, stapfte Theresia unvermittelt auf diesen zu. Sie deutete auf das Bündel auf Andrejs Schoß.
    »Ich kann das nicht mehr mit ansehen«, sagte sie. »Geben Sie mir das Kind. Es braucht so schnell wie möglich eine Amme. Ich besorge ihm eine.«
    Andrej starrte zu ihr auf. Er zuckte hilflos mit den Schultern und brachte keinen Ton heraus. Theresia schnaubte verächtlich, dann bückte sie sich und nahm das Bündel auf. Andrejs Blicke folgten ihr.
    »Ich tu ihm schon nichts«, schnappte sie. »Wie ist sein Name?«
    »Wenzel«, flüsterte Andrej. »Wenzel – von Langenfels.«
    Theresia legte das Gesicht des Kindes frei, damit es atmen konnte, wandte sich ab und stolzierte in Richtung auf die feiernden Nachbarn davon. Sie kam an Niklas vorbei, der jetzt auf den Trümmern seines Hauses saß und ihr mit den Blicken folgte. Sie zögerte einen Moment, das Kind auf dem Arm. Die beiden wechselten einen Blick. Niklas hatte plötzlich Tränen in den Augen und versuchte ein scheues Lächeln.
    Cyprian kniete neben Andrej nieder.
    »Das Leben ist ein Scheißhaufen«, sagte er.
    Andrej nickte. »Ich bin schuld«, sagte er kaum hörbar. »Ich habe ihr geraten, zu Agnes zu gehen und sie zu warnen.«
    »Wovor?«
    »Vor Pater Xavier.«
    Cyprian hörte die Stimme Kardinal Facchinettis von jenseits des Grabes. Pater Xavier Espinosa. Ein Dominikaner. Er hat alle Freiheiten, die er braucht . Cyprian holte Atem. »Hör zu, Andrej«, sagte er. »Wenn deine und Yolantas und Agnes’ Geschichte ein See wäre, und du würdest mich fragen, wie viel ich davon verstanden habe, würde ich sagen, etwa zweieinhalb Tropfen. Aber das ist im Augenblick völlig einerlei. Yolanta ist für Agnes gestorben, und Agnes ist verschwunden. Wenn du nicht willst, dass Yolantas Opfer umsonst war, dann hilf mir, Agnes zu finden.«
    Andrej wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Es war vergeblich. »Lass mich in Ruhe«, schluchzte er.
    »Nichts lieber als das. Du hast die Frau verloren, die dir alles bedeutet hat. Aber es gibt eine Frau, die mir alles bedeutet, und ich weiß nur, dass sie in großer Gefahr schwebt. Deine Liebe wird nicht wieder lebendig, wenn meine auch stirbt.«
    »Hör auf damit!«, schrie Andrej. »Musst du noch Salz in meine Wunde reiben?«
    »Nein, ich will, dass du mir hilfst.«
    »Verschwinde! Wenn es dich und – und Agnes nicht gäbe, wäre Yolanta noch am Leben.«
    »Dann hilf mir, ihrem Tod einen Sinn zu geben.«
    »Ihr Tod wird nie einen Sinn haben!«, schrie Andrej. »Was für einen Sinn hat es, wenn Menschen sterben, obwohl ein neues Leben zum Greifen nah ist? Was für einen Sinn hat es, wenn Menschen sterben, die einem anderen Menschen alles bedeuten? Der Tod hat keinen Sinn, er ist nur das verfluchte Ende des Lebens für diejenigen, die gestorben sind, ebenso wie für diejenigen, die sie zurückgelassen haben!«
    Er rappelte sich auf und packte Cyprian am Kragen. »Verschwinde, Cyprian Khlesl! Ich wünschte, ich hätte dich nie gesehen! Verschwinde und lass mich in Ruhe und hab wenigstens den Anstand, meine Trauer zu respektieren!«
    Cyprian ließ sich von Andrej auf die Beine ziehen und vor die Brust stoßen. Das Leid verdoppelte die Kräfte des hageren jungen Mannes; Cyprian stolperte ein paar Schritte zurück. Drüben beim Feuer verstummten die Gespräche und das Gelächter. Gesichter wandten sich ihnen zu, dann kam das Gespräch nach und nach wieder in Gang, etwas gedämpfter als zuvor.
    Cyprians Gefühle wirbelten durcheinander. Er öffnete den Mund, aber er wusste nicht, was er noch zu Andrej hätte sagen können. Er wollte in irgendeine Richtung davonlaufen und laut nach Agnes brüllen, aber er wusste, dass es das Falscheste gewesen wäre, was er hätte tun können. Er fühlte, wie eine Hand seinen Ellbogen ergriff.
    »Er kann dir nicht helfen«, sagte Niklas Wiegant. »Und ich verstehe ihn. Was kümmert ihn Agnes? Aber vielleicht können uns die Wachen weiterhelfen.« Er deutete zu einer Dreiergruppe, die sich um einen vierten Mann scharte, der auf dem Boden saß. Cyprian erkannte den Hauptmann der Nachtwache, der sich mit dem eigentlich abgelösten Hauptmann der Tagwache des Altstädter Brückentors wieder dasmilitärische Übergabespiel leistete. Cyprian kniff die Augen zusammen.
    »Wieso?«, knurrte er.
    »Weil sie den Brandstifter gefangen

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