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Die Teufelsbibel

Titel: Die Teufelsbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Agnes das Kind eines Schweinehirten war, das in der Jauche geboren wurde, oder das des französischen Königs. Aber mir war klar, dass eine Gruppe von Hugenottinnen, die es bis nach Böhmen geschafft hatte, nicht aus einfachen, mittellosen Frauen zusammengesetzt gewesen sein konnte. Ich dachte mir, dass es umso schlimmer würde, wenn herauskäme, dass französische Adlige auf der Flucht in Böhmen ermordet worden waren. Hugenotten. Wo die eine Hälfte des Adels in Böhmen protestantisch ist und die andere Hälfte katholisch. Politik und Glaube! Ich versprach, Agnes von beidem fernzuhalten.«
    Und hast sie daher von mir fernhalten wollen, dachte Cyprian. Weil ich der Vertraute meines Onkels bin; und weil es keinen zweiten Menschen auf der Welt gibt, in dem Politik und katholischer Glaube sich so vereinen wie in ihm. Zugleich schüttelte er den Kopf.
    »Agnes hätte sterben sollen«, sagte er. »Der Mönch, der damals mit dem Mord beauftragt war, hat sie stattdessen gerettet.« Bruder Tomáš , dachte er. Liegst du noch immer in dem alten Verlies unterhalb der Ruinen von Podlaschitz und vermoderst bei lebendigem Leib, weil deine Menschlichkeit so groß war, dass du dich von zwei Sünden für die für dich schlimmere entschieden hast, die des Ungehorsams gegen dein Gelübde? Du hast dem Menschen das Leben gerettet, den ich liebe.
    »In Prag alles zu arrangieren war einfach. Ich ließ Agnes inein Findelhaus bringen, das nicht von einer der Pfarrgemeinden Prags betrieben wurde, gab dort eine großzügige Spende ab, damit es ihr gut ging, organisierte die Rückreise nach Wien und holte sie am Tag der Abreise ab. Ich hatte zwei Ammen und eine eigene Köchin angeheuert, um ihr die besten Chancen zu geben, die Reise zu überleben. Seither habe ich jedes Mal, wenn ich hier war, dem Findelhaus eine Spende gegeben. Ich hielt es für eine Versicherung. Wenn Gott bewusst wurde, dass ich immer noch dankbar war für das Geschenk, das mir gegeben worden war, dann würde er Agnes nichts – nichts –« Niklas verstummte mit einem Misston.
    »Wo ist Agnes jetzt? Wenn du es weißt, Niklas, dann sag es mir. Sie ist in Lebensgefahr!«
    Niklas blinzelte. Er wandte sich zu Andrej um, der sich so weit gefangen hatte, dass er mit einem Tuch die letzten Reste von Ruß und Asche aus Yolantas Gesicht wischen konnte. Das Kind auf seinem Schoß greinte vor sich hin. Niklas’ Gesicht verzerrte sich vor Mitleid. Aus dem Augenwinkel sah Cyprian, wie Theresia die Szene ebenfalls beobachtete. Cyprian hätte schwören können, dass auch ihr nicht alle Details der Schilderung Niklas’ bekannt gewesen wären, wenn sie sie jetzt gehört hätte. Niklas stand eine weitere Beichte bevor.
    »Du glaubst auch nicht, dass sie – dass Agnes – hier drunter –« Niklas verstummte. Cyprian schüttelte grimmig den Kopf. Niklas ebenso, zwei Männer, die sich an der Hoffnung festhielten, dass ihr Liebstes nicht unter Tonnen von glimmendem Schutt begraben lag.
    »Yolanta ist für Agnes gestorben. Jemand hat sie für Agnes gehalten, weil sie in Agnes’ Zimmer war. Warum sie dort war, wird vermutlich Andrej wissen. Wichtiger ist, dass der oder die Täter nicht nur sie, sondern euch alle beseitigen wollten, und dass es keinerlei Spuren geben sollte, dass es sich um Mord handelte – daher die Brandstiftung. Niklas, wie auch immer diese Geschichte zusammenpasst: die Leute, vor denen Agnes’ Pflegemutter dich gewarnt hat, haben euch gefunden. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
    »Aber – jetzt erst? Nach so vielen Jahren? Was sollte da noch von Bedeutung sein an einer Gruppe toter Französinnen und ihren Kindern?«
    Genau das ist die Frage , dachte Cyprian. Und die einzige Antwort, die mir einfällt, höre ich den Bischof von Wiener Neustadt, meinen verehrten Onkel Melchior Khlesl, sagen: die Teufelsbibel, mein Lieber. Das Vermächtnis des Bösen.   
    Die Spur des Codex hatte nach Podlaschitz geführt. Agnes war die einzige Überlebende des Massakers von Podlaschitz. Der Zusammenhang war so klar, dass er förmlich in der Dunkelheit leuchtete. Aber die Logik dahinter war unverständlich.
    Und Agnes ist auch nicht die einzige Überlebende , hörte Cyprian eine Stimme in sich sagen. Er starrte den über der Leiche von Yolanta kauernden Andrej an. Warum wird er nicht gejagt? Weil niemand weiß, dass es ihn gibt?
    Unrast überkam ihn so plötzlich, dass seine Erschöpfung wie weggewischt schien. Er kletterte vom Schutthaufen herunter und ließ Niklas Wiegant

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