Die Teufelshaube
aufstöhnte, blieb sein Gewicht auf ihr.
Das Flüstern hörte nicht auf: »… hältst dich für so schlau … seh es in deinen Augen, aber du bist eine stinkende Dirne. Eine Spionin. Ich bin besser als St. Albans … Ich bin
besser …
« Seine Hand hatte ihre Brust gefunden und knetete sie. »Sieh mich an, ich kann es auch … Liebe mich, du Nutte, liebe
mich …
« Er leckte ihr das Gesicht.
Außerhalb des stickigen Kabuffs, in dem sie gefangen war, versuchte jemand, ihm Einhalt zu gebieten und diese keuchende zischende Grässlichkeit von ihr wegzuziehen. »Lass sie, Rob, sie ist es nicht wert.« Es war Schwyz’ Stimme.
»Doch, ist sie. Sie sieht mich an, als wär ich der letzte Dreck … Als wüsste sie es.«
Es gab einen lauten Schlag, dann Luft und Raum. Von dem Gewicht befreit, rutschte Adelia um Atem ringend die Wand herunter.
Der Abt lag – von Mansur niedergestreckt – auf dem Boden. Er weinte. Neben ihm kniete Schwyz und tröstete ihn wie eine Mutter. »Bloß eine Hure, Robert, so eine willst du doch gar nicht.«
Mansur ragte über ihnen beiden auf, lutschte an seinen Fingerknöcheln, wirkte aber ansonsten gleichmütig wie immer. Er drehte sich um und hielt Adelia eine Hand hin. Sie ergriff sie und kam auf die Beine.
Gemeinsam gingen sie zur Wiege zurück. Ehe sie sie erreichten, blieb Adelia stehen, wischte sich übers Gesicht und ordnete ihre Kleidung. Dennoch konnte sie ihr Kind nicht ansehen. Sie fühlte sich beschmutzt.
Hinter ihr sprach Schwyz immer noch beruhigend auf den Abt ein, doch dessen Klageschrei übertönte ihn: »Warum St. Albans?
Warum nicht ich?
«
Mansur nahm die Wiege, sie sammelten eine taumelnde, singende Gyltha ein und gingen durch die wohltuende Kälte der Nacht zurück zum Gästehaus.
Adelia war zu tief verstört, um wütend zu sein, doch sie wusste, das würde sich ändern. Schließlich hatte sie eine höhere Selbstachtung als die Frauen, die solche Übergriffe ergeben als den Preis dafür betrachteten, Frauen zu sein. Aber noch während sie am ganzen Körper zitterte, versuchte ihr Verstand den Grund für das Geschehene herauszufinden. »Ich verstehe das nicht«, jammerte sie. »Ich dachte, er wäre eine andere Sorte Feind.«
»Allah möge ihn bestrafen, aber er hätte dir nichts getan, glaube ich«, sagte Mansur.
»Was redest du da? Er
hat
mir was getan, er hat versucht, mich zu vergewaltigen.«
»Er ist nicht dazu fähig, glaube ich«, sagte Mansur. Seine eigene Befindlichkeit hatte ihn in dieser Hinsicht hellsichtig werden lassen. Die Sexualität sogenannter »normaler« Männer interessierte ihn. Obschon kastriert und unfähig, Kinder zu zeugen, konnte er dennoch Geschlechtsverkehr haben, und in seiner Stimme schwang herablassendes Mitleid für einen, der das nicht konnte.
»Mir kam er fähig genug vor.« Adelia blieb aufschluchzend stehen, nahm eine Handvoll Schnee und rieb sich damit durchs Gesicht. »Wieso bist du so duldsam?«
»Er will, kann aber nicht, glaube ich. Er redet davon, aber er tut es nicht.«
War es das? Unzulänglichkeit? Unter all dem Dreck war auch ein verzweifeltes Flehen um Liebe, Sex, irgendwas gewesen.
Rowley hatte über ihn gesagt:
»Hundsfott. Gerissen. Hat Einfluss beim Papst.«
Und trotz aller Gerissenheit musste dieser Papstfreund, wenn er getrunken hatte, um die Anerkennung einer verachteten Frau betteln wie ein Kind um ein Spielzeug, das einem anderen gehört.
Weil sie ihn verachtete?
Und das tue ich, dachte sie. Falls der Abt diese Schwäche hatte, dann machte ihn das für sie nur noch widerwärtiger. Adelia war es fraglos und aus ganzem Herzen lieber, wenn ihre Feinde keine menschlichen Schwächen zeigten.
»Ich hasse ihn«, sagte sie – und jetzt war sie wütend. »Mansur, ich bring diesen Mann zur Strecke.«
Der Araber neigte den Kopf. »Beten wir, dass es Allahs Wille ist.«
»Wehe, wenn nicht.«
Die Wut verschaffte Adelia wieder einen klaren Kopf. Während Mansur Gyltha überredete, ihn nicht weiter zu küssen und stattdessen schlafen zu gehen, goss Adelia aus dem Krug eisiges Wasser in eine Schüssel und wusch sich von Kopf bis Fuß. Danach fühlte sie sich besser.
»Ich bring ihn zur Strecke«, wiederholte sie, »irgendwie bring ich ihn zur Strecke.«
Sie öffnete für einen kurzen Augenblick ein Fenster, länger hielt man die Kälte nicht aus, und betrachtete die geometrischen Schatten, die von den spitzen Abteidächern auf die Schneefläche jenseits der Mauer geworfen wurden.
Der neue Pfad,
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