Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
Vom Netzwerk:
einen Moment, bis er begriffen hatte, wer ihnen soeben entkommen war. Lord Chester Cuninghame, sein schlimmster Feind, hatte höchstselbst den Weg in die Highlands angetreten, was darauf schließen ließ, wie dringlich seine düstere Mission sein musste.
    »Wer war das?« Ewens Blick ließ seine Verwirrung erkennen.
    »Das …«, führte John zögernd aus, »… ist einer der gefährlichsten Männer überhaupt … Lord Chester Cuninghame of Berwick upon Tweed.«

18

West Highlands 1647 – »Teufelsbraut«
     
    Mit einem Wolltuch, das sie sich rasch gegen die Kälte um die Schultern gebunden hatte, kehrte Madlen in ihr Turmzimmer zurück. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, erschrak sie beinahe zu Tode, als plötzlich ein Fremder vor ihr stand.
    Es war der irische Pater, wie sie einen Moment später erkannte; er lächelte sie unverschämt an.
    »Was wollt Ihr?« Ihre Begrüßung fiel nicht besonders freundlich aus, aber was hatte der Kerl auch im Schlafgemach einer ihm unbekannten Frau zu suchen?
    »Ich komme, um zu holen, was mir gehört«, erklärte O’Reilly gefährlich leise, und bevor Madlen aus dem Zimmer fliehen konnte, hatte er sie gepackt und die Tür hinter ihr verriegelt.
    »Lasst mich sofort gehen!«, schrie sie. »Oder ich werde die ganze Burg zusammenschreien.
    »Das werdet Ihr nicht«, sagte er siegesgewiss, und einen Augenblick lang glaubte Madlen, dass sie sich in einem Albtraum befand. O’Reilly änderte seine Gestalt von einem Herzschlag auf den nächsten: Aus dem jungen asketischen Mann wurde ein alter vertrockneter Greis.
    »Darf ich mich vorstellen?« Sein Lachen war heiser. »Bruder Mercurius – ich hoffe, Ihr erinnert euch noch an mich, kleine Madlen.«
    Madlen glaubte zu fallen. Verzweifelt suchte sie Halt an den Mauerwänden.
    Nicht nur die plötzliche Verwandlung des Mannes schockierte sie, sondern auch das, was er ihr angetan hatte, drängte sich in ihre Erinnerung.
    »Wie könnte ich euch je vergessen?«, flüsterte sie atemlos. »Ihr habt mich gegen meinen Willen genommen, indem ihr eine List angewandt habt.«
    »Eine List?«, säuselte Mercurius. »Ich habe gespürt, wie sehr du es genossen hast.«
    »Was wollt ihr?« Ihre Stimme gehorchte ihr kaum.
    »Die Bücher!« Seine Miene verdüsterte sich plötzlich.
    »Welche Bücher?« Madlen tat so, als ob sie nicht wüsste, wovon er sprach. Doch er wäre kein Teufel oder Hexenmeister gewesen, wenn er nicht in ihre Gedanken hätte eindringen können. Sein Blick fiel auf die schmucklose Eichentruhe, die in einer Nische halb verborgen hinter dem Bett stand. Mit dem schweren eisernen Schloss vermittelte sie den Eindruck, als enthielte sie ein Geheimnis.
    »Öffne die Truhe!«, befahl Mercurius ihr kalt.
    »Ich habe keinen Schlüssel«, gestand sie ehrlich.
    Bruder Mercurius grinste fahl. »Und wer hat den Schlüssel?«
    »Ich weiß es nicht.« Ihre Stimme zitterte. Sie wollte unbedingt vermeiden, Johns Namen zu nennen. Außerdem hatte er ihr verboten, mit irgendjemandem darüber zu sprechen, was er in dieser Kiste verbarg.
    Mercurius ging auf sie zu, und bevor sie zurückschrecken konnte, legte er ihr seine flache knochige Hand auf die Stirn. »Dann werde ich sie eben selbst öffnen müssen, aber du wirst mich für diese Mühe bezahlen.« Er leckte sich lüstern über die welken Lippen, während Madlen wie gelähmt in die Kissen ihres Bettes sank. Mercurius hatte sie – wie auch immer – zur Bewegungslosigkeit verdammt. Ohnmächtig, auf dem Rücken liegend, musste sie mit ansehen, wie er die Kiste hinter dem Bett hervorschob und dann seine Augen schloss. Er hob seine Hände und murmelte Beschwörungsformeln, die Madlen nicht verstehen konnte. Ein leises Klicken verriet, dass das Schloss sich selbstständig gemacht hatte. Als wäre es ein Kinderspiel, öffnete Mercurius den Deckel der Kiste.
    Triumphierend hielt er das Buch mit dem Stern in seinen Händen.
    »Willst du sehen, was es zu tun vermag?«, fragte er scheinbar freundlich.
    Madlen war nicht fähig, den Kopf zu schütteln. Sie lag stocksteif auf dem Bett. Ihr Herz schlug so wild, als ob es jeden Moment zerspringen könnte. Die nackte Angst kroch ihr den Leib herauf, als sie sah, wie Mercurius unter stetigem Gemurmel abermals sein Äußeres veränderte. Diesmal wurde er zu Bran, den Anführer von Ewens Truppen. Mit gierigen Augen betrachtete er sie.
    Bran war eigentlich ein integerer, gutaussehender Mann, der sie jedes Mal mit einem freundlichen Lächeln bedachte,

Weitere Kostenlose Bücher