Die Teufelshure
ebenfalls erschrocken hatte und den Vogel mit der Hand zu verscheuchen versuchte, doch das Tier hackte nach ihm.
Es war eine gespenstische Situation. Madlen konnte sich nicht wehren, man hatte sie gefesselt. Erst als einer der städtischen Wachen mit seinem Dolch nach dem Tier stach, machte es sich krächzend davon. Mittlerweile hatte sich eine Traube von Menschen gebildet, die gaffend um sie herumstanden.
Madlen hätte sich gewünscht, dass John oder wenigstens einer seiner Leute ihr zur Hilfe kamen, doch sie erkundeten den Weg hinunter nach Süden auf der Suche nach feindlichen Stellungen und würden nicht vor dem Abend zurückkehren.
»Wohin soll ich Euch begleiten?« Madlen vergaß vor lauter Aufregung zu atmen. Unvermittelt wurde ihr schwarz vor Augen.
Als sie erwachte, lag sie auf einer unbequemen Gefängnispritsche. Annabell saß neben ihr und hielt ihr die Hand. Madlens Herz jagte, und das Kind strampelte in ihrem Bauch, als würde es wissen, dass etwas Schlimmes geschehen war.
»Ich habe Wilbur zusammen mit Margareth und den Wachen ins Lager geschickt«, flüsterte Annabell. »Sie sollen Munros Offiziere bitten, dass sie einen Advokaten schicken.«
»Einen Advokaten?« Madlen sah sie ungläubig an. »Ich habe nichts getan, weshalb ich einen Advokaten benötige. Wie sollte er mir helfen?«
»Man wird dich als Hexe anklagen.« Annabell klang ängstlich. »Erst vor einem Monat hat man in Ayrshire eine Frau gehenkt, die mit dem Teufel im Bunde gewesen sein soll. In solchen Angelegenheiten gibt es Sondergerichte, die im Auftrag der Kirche entscheiden. Wenn es schlimm kommt, werden sie dich foltern, bis du gestehst. Da kann dir auch dein John nicht helfen.«
Madlen sah sie entsetzt an. »Grundgütiger, ich bin im achten Monat.«
Annabell zuckte vor Angst zusammen, dann senkte sie den Blick.
Fassungslos sah Madlen sie an. »Denkst du etwa, die Leute haben recht?«
Annabell sah verunsichert auf. »Rosie hat sie davon überzeugt, dass das Kind vom Teufel gezeugt worden sein könnte. Sie werden bestimmte Prüfungen unternehmen, um es herauszufinden.«
»Das Kind ist von John!« Madlens Stimme überschlug sich fast. Eine alte, längst verdrängte Angst kroch in ihr hoch.
»Ja …« Annabell schwieg für einen Moment und sah sie nicht an.
»Du glaubst doch nicht etwa, dass John …?«
Annabell biss sich auf die Unterlippe. Ihre Stimme war so leise, dass Madlen sie kaum verstand. »Mein Greg sagte vor nicht allzu langer Zeit, dass dein John und seine Männer mit dem Teufel im Bunde sein müssten, weil er noch niemanden zuvor gesehen hat, der auf solch eine weite Entfernungen ein Ziel trifft, und das sogar bei Nacht.« Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern.
»Aber das hat man von Ewens Vater auch behauptet. Vielleicht liegt es bei den Camerons in der Familie.«
Madlen glaubte ersticken zu müssen, so überwältigt wurde sie von ihrer Furcht, dass sich die Untersuchungen auf John ausweiten konnten. Dass mit ihm und seinen Männern etwas nicht stimmte, seit sie durch Cuninghames Hölle gegangen war, wusste sie mittlerweile, aber ihr Ehemann hatte bisher keinerlei Anstalten gemacht, mit ihr darüber zu sprechen, und ihren Fragen war er stets ausgewichen. All das traf jedoch auch auf Paddy zu. Also wäre Rosies Mann genauso betroffen, wenn der Witch Finder hinter ihr Geheimnis käme.
Ein Gefängniswärter erschien und forderte Annabell mit einer groben Geste auf, die Zelle zu verlassen. Madlen folgte ihr in Panik zur Tür, bevor der Mann sie aufhalten konnte. Für einen Moment hielten sich die Frauen bei den Händen gefasst, bis sie getrennt wurden.
»Geh und hol Hilfe!«, rief Madlen ihr hinterher. »Aber lass John aus dem Spiel. Geh zu General Munro!«
Ein zerlumpter Gehilfe schob Madlen mitten in den Raum und stellte sie in gebührendem Abstand vor ein Tribunal von drei schwarzgekleideten Ermittlern. Mit ihrem weißgestärkten Kragen und den abgewetzten Perücken sahen die Männer aus wie die üblichen Sonntagsprediger, die nichts anderes als die Hölle und den Teufel im Kopf zu haben schienen. Mit arroganter Miene klärten sie Madlen darüber auf, dass sie nichts als die Wahrheit zu sagen habe.
»Ich bin keine Hexe«, fauchte Madlen, als man ihr als Erstes diese Frage gestellt hatte. »Und schon gar nicht habe ich es mit dem Teufel getrieben. Ich bin nichts weiter als eine gehorsame Ehefrau.«
Hornsby, der als beisitzender Ermittler einen Ehrenplatz erhalten hatte, nickte stumm und vollführte
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