Die Teufelshure
wird, wann das Kind zur Geburt ansteht. Sollte die Hexe noch vor der Verhandlung niederkommen, werden wir es vorher töten müssen. Wir können nicht zulassen, dass sie den Satan gebiert.«
Madlen hatte das Gefühl, sich in dem finstersten Alptraum ihres Lebens zu befinden. In ihrer Not dachte sie nicht an John, der ihr helfen könnte, sondern an jemand anderen, den sie eigentlich noch nicht einmal in dunkelster Nacht herbeigerufen hätte. In ihrem zerrissenen Gewand lag sie auf ihrer Pritsche und konzentrierte sich auf das Gesicht von Bruder Mercurius. »Falls du der Satan bist, kannst du nicht sterben, selbst wenn man dir hundertmal den Kopf abschlägt. Und wenn es tatsächlich dein Kind ist, das ich unter dem Herzen trage, so kannst du es nicht zulassen, dass man es tötet. Also komm und hilf mir! Dann werde ich alles tun, was du verlangst.«
John war außer sich vor Wut, als er am späten Nachmittag ins Lager zurückkehrte und von Madlens Unglück erfuhr. Gleichzeitig hatte er furchtbare Angst, die er jedoch nicht zeigte. Er fragte nicht um Erlaubnis, noch mal das Lager verlassen zu dürfen, sondern bestieg sein Pferd und galoppierte unter voller Bewaffnung davon. Annabell hatte ihm nicht sagen wollen, wie es zu Madlens Verhaftung gekommen war. Aber ganz gleich wer dafür die Verantwortung trug, er würde Rechenschaft ablegen müssen. Zuerst jedoch musste er Madlen aus dieser verhängnisvollen Lage befreien. Im Notfall würde er das Gefängnis von Carlisle in die Luft jagen, und Hornsby würde er töten – das stand so fest wie der Todestag seiner Mutter.
Als John die Gefängnismauern mit zwei gezogenen Pistolen stürmte, trat ihm nur ein schmächtiger Wachmann entgegen.
»Wo ist sie?«, brüllte er und setzte dem verblüfften Wächter die Mündung seiner Radschlosspistole an die Stirn. Dem Mann war anzusehen, dass er sofort wusste, um welche Frau es sich handelte. Er wich taumelnd zurück und sah John an, als ob der Teufel persönlich aufgetaucht wäre. »Sie ist nicht hier«, antwortete er hastig.
»Nicht hier? Was redest du, Mann? Bring sie her, oder ich werde dich auf der Stelle erschießen!« John zielte auf das Gesicht des Wachmanns.
»Sie wurde abgeholt«, stammelte sein Gegenüber, der kalkweiß geworden war. »Constable Hornsby hat sie verhört. Er sagte, sie sei eine leibhaftige Hexe und ihre Brut sei des Teufels.« Bei den letzten Worten überschlug sich die Stimme des Mannes beinahe vor Aufregung.
»Was habt ihr mit ihr gemacht?« In Johns Blick lag die reinste Mordlust.
»N… nichts«, stotterte der Mann. »Wir sollten auf Richter Wardon aus Newcastle warten, damit er entscheidet, was weiter mit ihr zu geschehen hat. Inzwischen war jemand hier, der eine sehr hohe Kaution für sie hinterlegt hat, damit sie bis zur Verhandlung auf freiem Fuß bleiben darf.«
»Könnte das Munro gewesen sein?« Paddy, der zusammen mit Bran in das Gefängnis vorgedrungen war, sah fragend zu John herüber.
John empfand zwar eine gewisse Dankbarkeit, dass ihm die Kameraden gefolgt waren, andererseits störten sie bei dem Versuch, die Wahrheit über Madlens Verbleib herauszufinden.
»Glaube ich nicht«, erwiderte Bran mit verärgerter Miene. »Ich war im Zelt des Generals und habe ihn um Hilfe gebeten. Er meinte, es gehe ihn nichts an, wenn die Frau eines Offiziers aus den Highlands als Hexe verklagt werde.«
John drohte vor Ungeduld die Nerven zu verlieren. Er brüllte erneut den Wächter an. »Rede du endlich! Wo ist Madlen jetzt?« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schoss er mit der zweiten Pistole in die Luft. Ein ohrenbetäubender Knall ließ alle zusammenfahren.
»Da müsst ihr den Constable fragen«, erklärter der Wächter mit bebender Stimme. »Nur er kann euch sagen, wer das Weib abgeholt hat.«
Als John die Haustür von Hornsbys Anwesen eintrat, hätte er beinahe die Haushälterin erschlagen, die im Flur lauerte. Es kümmerte ihn nicht, dass sie am Boden lag und ihn jammernd davon abzuhalten versuchte, den Salon ihres Herrn zu betreten. Hornsby hatte ein Nachmittagsschläfchen gehalten und war von seinem Sessel hochgeschreckt, als John in der Tür auftauchte und ihn ohne Vorwarnung ins rechte Bein schoss. Hornsby schrie auf und versuchte zu fliehen, dabei fiel er zu Boden. Dort hielt er sich vor Schmerzen wimmernd das blutige Knie, das die Kugel völlig zerschmettert hatte.
Bran und Paddy waren John gefolgt und betrachteten voll Schrecken das Blutbad, das er angerichtet
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