Die Teufelshure
Madlen.
»Farewell, Myladys«, rief er ihnen aufmunternd zu, und dann gab er seinem Friesen die Sporen und stob an die Spitze des Trecks, wo John schon auf ihn wartete. Wie alle Krieger hatte Bran geschworen, Madlen und die anderen Frauen ohne Rücksicht auf das eigene Leben zu beschützen. In Methven hatten Regimenter der Covenanters im Sommer 1645 das Trosslager der Highlander gestürmt und alle Frauen und Kinder zerstückelt, die nicht schnell genug fliehen konnten. Und in Naseby hatten die Feinde den Huren, die dem Tross der Royalisten gefolgt waren, die Nasen abgeschnitten.
Als Letzter kletterte Wilbur zu Madlen auf den Wagen. Er wäre um nichts in der Welt ohne seine Herrin auf Tor Castle zurückgeblieben, und er war auch nicht das einzige Kind, das den Zug der Krieger begleitete. Annabell MacLean, eine gute Köchin, die gleichzeitig als Hebamme fungierte und Madlen auf dem Wagen begleitete, hatte zwei ihrer jüngeren Kinder mitgenommen, von denen eins noch an ihrer Brust trank. Ihr Mann war ein Scharfschütze, der zu Johns Truppe gehörte.
Rosie fuhr auf einem weiteren Wagen mit, der Madlens folgte. Ob sie jemals Freundinnen werden würden, wagte Madlen zu bezweifeln, aber sie war schon zufrieden, solange Rosie schwieg und sie in Ruhe ließ. Vor zwei Monaten hatte sie Paddy das Jawort gegeben, und seitdem waren sie nach ihren eigenen Aussagen in jeder Nacht damit beschäftigt, Nachwuchs zu zeugen, was ihnen aber bisher noch nicht gelungen war.
Madlen sah sich um und fühlte sich seltsam geborgen zwischen all diesen bewaffneten Männern.
Ohne jede Schwierigkeit erreichten sie Loch Lomond. Kurz vor Carlisle trafen sie auf General Munros Truppen, die aus Belfast kommend mit Schiffen an der nahen Küste eingetroffen waren. Mehr als zweitausend Soldaten, in deren Treck sie sich mühelos einreihten.
In Carlisle schlugen sie ihre Zelte in der Nähe des Schlosses auf, das der Familie der Countess of Carlisle gehörte, einer königstreuen Presbyterianerin, die ihr gesamtes Vermögen trotz der religiösen Unterschiede in die Sache des Königs gestellt hatte. Im Nu entstand eine richtige Stadt, und es hätte eine gewisse Gemütlichkeit aufkommen können, wenn es nicht auch hier pausenlos wie aus Eimern geschüttet hätte. Für die Jahreszeit war es ungewöhnlich kalt. Die Wege in den Lagern versanken im Matsch. Bald kam es zu ersten Erkrankungen. Durchfall machte die Runde, und ein bis dahin unbekanntes Fieber brach aus. John arrangierte, dass Madlen und die Frauen aus seinem Trupp in bescheidenen Räumlichkeiten des Schlosses unterkommen konnten. Im Vergleich zu den völlig durchnässten Zelten stellten ihre neuen Unterkünfte den reinsten Luxus dar. Es gab einen Kamin, und auf dem Boden lagen trockenes Stroh sowie Matratzen, die mit Heidekraut gefüllt waren, und Wolldecken, die frei von Wanzen waren. Ein paar Tage konnten sie bleiben, bevor es weiter nach Süden gehen sollte.
Während John mit seiner Truppe auf Patrouille ritt, hatten die Frauen die Erlaubnis erhalten, in die Stadt zu gehen. Madlen benötigte dringend einige Toilettenartikel, und außerdem wollte sie der Eintönigkeit ihrer Behausung entfliehen. Wilbur begleitete sie, weil er sie ohnehin nicht aus den Augen ließ und um ihr die Einkäufe tragen zu können. Annabell und Margareth hatten sich den beiden angeschlossen, während Rosie sich entschieden hatte, im Quartier zu bleiben.
Bran ließ den beiden Frauen zwei hünenhafte Wachleute zuteilen, um sie vor Gesindel und betrunkenen Soldaten zu schützen. In einem Getümmel von Händlern und Huren, die das schnelle Geschäft mit den königstreuen Söldnern witterten, versuchten Madlen und die beiden anderen Frauen, sich zu einem Stand für Seife und getrocknete Kräuter durchzuschlagen. Der Regen hatte nachgelassen, doch nun lag ein beinahe undurchdringlicher Nebel über der Stadt, der am Morgen vom Meer aufgezogen war.
Als Madlen den Raben sah, der sich wenige Yards vor ihr niedersetzte und sie zu beobachten schien, fuhr ihr der Schreck in die Glieder. Erst recht, als sie sich von dem Vogel regelrecht verfolgt fühlte. Annabell und Margareth fanden das zunächst amüsant, doch dann konnten sie Madlens Angst förmlich spüren.
Madlen hielt schockiert den Atem an, als sich der Vogel vor ihren Augen in einen Menschen verwandelte. Er trug ein schwarzes Gewand mit einer Kapuze, und als er sein Haupt entblößte, sah sie direkt in die Fratze von Bruder Mercurius. Grinsend zeigte er ihr seine
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