Die Teufelshure
informiert, dass unser Gast zu Bewusstsein gekommen ist?«
Der Junge stand ohnehin schon in der Tür und wollte gerade gehen. John fuhr ihn mit strenger Miene an. »Sieh zu, dass du nach oben kommst. Sag Bran Bescheid, dass ich ihn nachher sprechen muss. Er soll in mein Apartment kommen.«
Als der Junge gegangen war, fühlte sich Lilian noch unbehaglicher als zuvor. Ganz allein mit John in dessen Schlafzimmer. Erst jetzt registrierte sie das nüchterne Ambiente. Offenbar befand sich der Raum im dritten oder vierten Stock des Gebäudes. Durch die speziell verglasten Fenster konnte sie schemenhaft das in der Sonne blau glitzernde Wasser von Loch Moidart erkennen.
John sah noch genauso aus, wie er in der Tiefgarage ausgesehen hatte, nur dass er nun wie bei ihrer ersten Begegnung wieder einen schwarzen Overall trug. Seine Haltung war abwartend und ließ keine Regung erkennen. Bei seinem Anblick zog sich Lilians Herz zusammen. Sie empfand immer noch weit mehr für diesen Mann, als ihr guttat.
»Ich denke, du bist mir eine Erklärung schuldig«, begann sie forsch, auch um ihre Angst zu unterdrücken. »Warum bin ich hier, und was habt ihr mit Dough Weir angestellt?«
»Deinem Begleiter geht es den Umständen entsprechend gut«, begann John mit seiner dunklen Stimme, in der sie ein wenig Unsicherheit zu erkennen glaubte. »Er war es auch, der uns bestätigt hat, dass ihr auf dem Weg nach Mugan Manor wart. Also denke ich, dass
du
mir eine Erklärung schuldig bist.«
Lilian schnappte nach Luft. »Ich? Du warst es, der mich in dieser Tiefgarage in dem Glauben zurückgelassen hat, ein Fall für die Psychiatrie zu sein. Ich habe in diesem verdammten Spiel nicht die geringste Ahnung, was falsch und was richtig ist. Und ich sage es ungern: Ich hatte mir von meinem Besuch hier oben Antworten erhofft – selbst wenn ich höllische Angst hatte, dir noch einmal gegenüberzutreten.«
»Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, Lilian.« Sein Blick war aufrichtig. Er trat einen Schritt auf sie zu, bemüht, sie freundlich anzuschauen.
Lilian wünschte sich nichts mehr, als dass er sich neben sie setzte, sie in den Arm nahm und ihr sagte, dass all das Grauen, was sich vor ein paar Tagen vor ihren Augen abgespielt hatte, nur ein böser Traum gewesen war.
»Ich habe dein Motorrad reparieren lassen«, erklärte er ihr stattdessen. »Es sieht aus wie neu.«
»Dann ist all das wirklich passiert?« Lilian konnte ihre Enttäuschung kaum zurückhalten.
John sah sie entgeistert an. »Dachtest du etwa, ich sei nur eine deiner merkwürdigen Illusionen?«
»Nein. Aber nach allem, was geschehen ist, habe ich es mir wohl heimlich gewünscht.« Nachdenklich schaute sie ihn an. »Oder … sollte ich lieber sagen: Der Anfang war schön, doch das Ende war scheußlich.«
Er setzte sich, aber er nahm sie nicht in den Arm. Sein Blick blieb distanziert, so als ob er sich vor ihr schützen müsste.
»Ich würde nie etwas tun, was dich verletzt.«
»Das hast du bereits«, erwiderte sie kühl. »Bevor ich dir überhaupt noch einmal vertrauen kann, muss ich wissen, was hier los ist. Ich will mich nicht bis ans Ende meiner Tage in eine geschlossene Anstalt einweisen lassen, nur weil mein Herz an einem Mann hängt, der furchtbare Dinge tut, die mit normalem Verstand nicht zu erklären sind.«
»Und ich muss wissen, auf welcher Seite du stehst. Das ist das eigentliche Problem.«
»Was?« Lilian sah ihn ungläubig an. »Welche Seite? Von was redest du?«
»Lilian«, seine Miene wurde noch ernster, »mach mir nichts vor. Es kann nicht sein, dass du nicht weißt, was hier läuft.«
»Verdammt!« Sie ballte ihre Hand zu einer Faust und ließ sie neben John auf die Matratze sausen. Das Bett schaukelte leicht, weil es sich allem Anschein nach um ein Wasserbett handelte. John blieb unbeeindruckt. Plötzlich fasste er nach ihrer Hand und drückte sie.
»Ich will, dass du mir die Wahrheit sagst, nichts als die Wahrheit. Hast du verstanden? Hat Cuninghame dich geschickt?«
»Cuninghame? Wer soll das sein? Meinst du etwa den Typen, dem im Hafen von Leith die Containerhallen gehören?«
»Genau den. Also weißt du sehr wohl, wen ich meine.«
»John, ich kenne den Kerl nicht, und ich habe in meinem ganzen Leben noch nichts mit Containern zu tun gehabt. Das Einzige, was ich darüber weiß, kommt von Dough, dem Typen, der mich begleitet hat. Er hat mir eine merkwürdige Story erzählt, die in Leith am Containerhafen geschehen ist.«
»Es geht hier nicht um
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