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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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ist Dummheit, das zweite Vernunft. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe’42 mit den Royalisten die Hügel vor Banbury erobert. Ich war in der Kavallerie und sah Tausende Kameraden sterben. Direkt vor meinen Augen. Von Kugeln durchlöchert, von Säbeln zerhackt und vom Hunger zermartert. Jeder Dritte hat auf diese Weise sein Leben verloren. Und ich war mitten unter ihnen. Ich hatte Glück. Mich hat der Tod nicht gewollt. Zwei Jahre später haben wir Aberdeen unter Montrose und MacColla den Covenanters entrissen und danach auf der Suche nach Flüchtenden die umliegenden Dörfer niedergebrannt. General MacColla hat ohne einen Funken Mitgefühl ein Massaker unter den dort lebenden Presbyterianern befohlen, um sich für die Toten in unseren eigenen Reihen zu rächen. Er war bekannt für solche Auswüchse. In Argyll hat er eine ganze Scheune voller Campbells in Brand stecken lassen, ohne Rücksicht auf Frauen und Kinder. In Aberdeen war es nicht anders. Es gab unzählige Opfer. Die Schreie der sterbenden Menschen werde ich in meinem ganzen Leben nicht wieder vergessen. Für mich war es der Moment, indem ich beschloss, die Armee zu verlassen, und ich habe geschworen, nie wieder dorthin zurückzukehren, ganz gleich, wessen Flagge sie trägt.«
    »O John.« Madlen sah ihn mitfühlend an. »Ich wollte dich nicht verletzen.«
    Es tut mir leid. Du hast recht, ich habe von Dingen gesprochen, von denen ich keine Ahnung habe. Dabei bin ich so froh, dass du hier bist. Es wäre schade, wenn wir uns streiten.« Ihre Augen verrieten aufrichtige Reue, und John schalt sich selbst, dass er nicht gelassener reagiert hatte. Woher sollte sie wissen, wovon er sprach? Obwohl sie aus den Highlands stammte, saß sie nun in einem Elfenbeinturm, der die Härte des Krieges nur bedingt an sie heranließ.
    Er hob sein Glas mit dem prickelnden Wein. »Auf bessere Zeiten!«, sagte er mit einem versöhnlichen Lächeln und nahm einen großen Schluck, weil das stetig lodernde Kaminfeuer nicht nur dazu geführt hatte, dass er sein Plaid lockerte, zudem verspürte er einen hartnäckigen Durst. Bereitwillig ließ er sich von Madlen nachschenken.
    Sie forderte ihn auf, etwas von dem Dundee-Kuchen zu nehmen und ein belegtes Toast mit Roastbeef und eingelegtem Gemüse. John genoss all die Köstlichkeiten, während es draußen dunkel wurde und sie in seiner gälischen Muttersprache angeregt zu plaudern begannen. Schließlich ging ihnen der Perlwein aus, und Madlen beschloss, den Nachschub selbst zu organisieren.
    Ohne Rücksicht auf seine männliche Natur schlug sie anzüglich lächelnd die weiße spitzenbesetzte Überdecke zur Seite und sprang aus dem Bett. Erst jetzt konnte er sehen, dass sie eines dieser neumodischen japanischen Seidenkleider trug, die wie ein fein gewebter Mantel gearbeitet waren und an der Vorderseite mit einem Band verschnürt wurden. Nicht, dass er an Frauenkleidern besonders interessiert gewesen wäre. Wenn überhaupt, dann an dem, was darunter zu finden war. Aber das hier hatte ihm Paddy gezeigt, als er eines Tages einen holländischen Ostindienfahrer mit Luxusgütern aus dem hinteren Orient entladen hatte. John erinnerte sich, dass Paddy verlauten ließ, er wünsche sich, einmal im Leben eine Frau in seinen Armen zu halten, die sich einen solch kostspieligen Hausmantel leisten könne.
    Barfuß und wie eine Elfe lief Madlen an John vorbei. Er verschluckte sich fast, als er im Gegenlicht des Kaminfeuers ihre nackte Gestalt unter dem durchscheinenden Hauskleid erahnen konnte.
    »Wo gehst du hin?«, rief er ihr hinterher.
    Madlen blieb an der Tür stehen und drehte sich um, lächelte und zwinkerte ihm vertrauensvoll zu. »In die Küche. Willst du mich begleiten? Ich bin nicht gerade eine Leuchte, was das Entkorken von Flaschen betrifft.« Sie wartete nicht auf ihn, sondern öffnete die schwere Tür und verschwand dahinter.
    John erhob sich rasch, um ihr zu folgen. Zwei Zimmer weiter fand er sie bei spärlichem Kerzenschein vor einem in die Wand eingemauerten Nischenschrank, der dem Haushalt als Kühlkammer diente. Auf Zehenspitzen stand sie davor und mühte sich vergeblich, hoch oben auf einem Regal eine von fünf Flaschen zu erreichen, in denen sich der kostbare Champagner befand. Sie wankte ein wenig und kicherte albern, als es ihr auch beim zweiten Anlauf nicht gelang, die Flaschen mit den Fingerspitzen zu berühren. John war hinter sie getreten, so nah, dass er ihre Wärme spürte und ihren Blumenduft atmen konnte. Sie war eindeutig

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