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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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nicht«, antwortete Wilbur ungehalten. »Ich war gerade dabei, den Brüdern zu folgen. Außer einer Abstellkammer, in der sich allerlei Hokuspokus befindet und die lange genug verwaist war, dass ich mich gründlich darin umsehen konnte, habe ich nichts gefunden.«
    »Das ist doch schon was«, konstatierte Dough mit wachsender Begeisterung. »Wo eine Abstellkammer ist, kann die dazu passende Behausung nicht weit sein.«
     
    John blieb ein weiteres Mal das Herz stehen, als er sah, wie man Bran auf einer Trage in die alte Altarhalle trug, in der Cuninghame und seine Brüder ihre Alchimistenküche aufgebaut hatten. Dahinter folgten Ruaraidh, Malcolm und David. Man hatte sie vollständig entwaffnet und warf ihre Schwerter, Harpunen und Munitionsgürtel achtlos in eine Ecke.
    Im Stillen hatte John damit gerechnet, dass Bran ihm zu Hilfe eilen würde. Dass das schiefgehen konnte, war nicht auszuschließen gewesen, aber natürlich hatte er sich das Gegenteil erhofft. So wie es aussah, hatte sich das Schicksal wieder einmal gegen ihn verschworen.
    Zum Glück fehlte Wilbur. Bran war also nicht so unbedacht gewesen, ihn bei diesem Himmelfahrtskommando mitzunehmen. Ohnmächtig musste John mit ansehen, wie man seine Männer an eine Säule kettete. Brans regloser Blick brach ihm das Herz. »Es ist ganz allein meine Schuld«, schien er zu sagen, und John schüttelte unmerklich den Kopf. Ohnmächtig vor Zorn spannte er jeden einzelnen Muskel an, aber es war nicht möglich, die Fesseln zu sprengen. Was ihm jedoch den eigentlichen Dolchstoß versetzte, war Paddy, der völlig frei neben Cuninghame einherschritt, als gehöre er schon seit längerem zur Bruderschaft. Er trug das gleiche Gewand wie die fünfzehn Männer, die hinter ihm folgten. Einen weißen Habit mit einer Kapuze und einer in Gold gestickten Cornuta auf der linken Schulter. Hatte der Ire ihn tatsächlich verraten? John konnte nicht glauben, was er sah, aber es war auch nicht vollkommen ausgeschlossen. Vielleicht hätte er doch auf seinen Instinkt hören und den Iren überwachen lassen sollen.
    Unter den Männern befand sich auch Lilians Bruder und im roten Habit ihr Vater, dem offenbar eine besondere Behandlung zuteilwerden sollte. John konnte seine Nervosität und auch seine Angst spüren. Wenn Ruaraidhs Recherchen stimmten, hatte Lilians Familie seit Jahrhunderten keine Chance gehabt, den Klauen der Bruderschaft zu entkommen, und jeder Mann und jede Frau, die sich auf einen Nachfahren von Madlen MacDonald eingelassen hatte, musste es spätestens dann bitter bereuen, wenn Cuninghame ihnen die Kinder entzog.
    Als die Prozession zum Stillstand gekommen war, flüsterte der schwarze Lord ein paar unheilige Worte, die sich anscheinend um eine kleine goldene Pyramide drehten, die zwei Kapuzenträger unter weiteren Beschwörungen auf einem schwarzen Altarsockel in der Mitte des Raumes abstellten. Darin musste sich der Stein der Weisen oder »Lapis Philosophorum« befinden, wie John vermutete, jener merkwürdige Schatz, den selbst er in all den Jahrhunderten noch nie zu Gesicht bekommen hatte.
    Während man John nun bis zum Kinn mit weißen Tüchern bedeckt hatte, als ob man ihn einer Hirnoperation unterziehen wollte, wurde Lilians Vater bis auf die Unterhose entblößt. John wusste, was auf den Mann zukommen würde, er hatte diese Prozedur selbst durchlebt, und auch wenn es schon Hunderte Jahre her war – an der Schmerzhaftigkeit der Methode hatte sich kaum etwas geändert. Man würde Robert von Stahls Lebenssaft gegen eine abenteuerliche Mischung aus radioaktiv bestrahltem Zellmaterial austauschen, das aus Blut, Liquor und den Stammzellen anderer Menschen gewonnen worden war. All das würde seinen natürlichen Alterungsprozess stoppen und den Zellreparaturmechanismus seines Körpers zu übernatürlichen Leistungen antreiben.
    Lilians Vater wurde mit zwei dicken Nadeln, die man ihm rechts und links in die Leisten stach, an zwei Schläuchen angeschlossen – einen, der ihm das Blut aus den Adern sog und es zu einem Kolben führte, wo es zu siebzig Prozent mit Eternity vermischt wurde, und einen anderen, der es wie in einer Dialyse durch dieses neugewonne Konglomerat ersetzte.
    »Wo ist Lilian?«, tönte es aus der Mitte der Panaceaer heraus.
    John registrierte, dass es ihr Bruder war, der nach ihr fragte.
    Cuninghame, der die Spitze der Bruderschaft anführte, horchte auf. Auch er schien sich zu wundern, dass Lilian nicht anwesend war.
    John begann nun doch zu beten.

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