Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
Vom Netzwerk:
wird.«
    John nickte schweigend. Schon morgen – besser konnte es gar nicht kommen. Je eher sie an Bord eines Schiffes verschwanden, umso weniger bestand die Möglichkeit, dass jemand ihre Flucht verhinderte.
    Der Agent begann in einem Wust von Papieren nach den entsprechenden Reiseformularen zu suchen. Seine schwarze Perücke war leicht verrutscht, und mit seinen hängenden Wangen und der hochstehenden Nasenspitze sah er aus wie ein Maulwurf, der vergeblich versuchte, den Eingang zu seinem Hügel zu finden. Mit einem »Wer sagt es denn?« schaute er auf und präsentierte John ein bedrucktes Blatt Papier. In der Annahme, dass John nicht lesen und schreiben konnte, nahm er den Federkiel selbst in die Hand, tauchte ihn in das entsprechende Fässchen und sah ihn auffordernd an. »Ihr Name, Mister?«
    »Cameron, John Cameron.«
    Der Agent musterte ihn mit einem Mal nachdenklich. Dabei erschienen John die Augen hinter den dicken Lesegläsern so winzig wie Stecknadelköpfe. Der Mann war ohne Frage stark kurzsichtig, und erst jetzt schien ihm aufzufallen, dass es sich bei seinem Kunden um einen Highlander handelte. Ein Anflug von Misstrauen lag im Blick des Agenten, und John bemühte sich, gleichgültig zu wirken. Offenbar hatte der Mann seine Vorurteile und hielt ihn für barbarisch und schmutzig, wie John an seiner abschätzigen Miene erkannte.
    »Ihr wisst, Sir, dass Ihr für die Einreise nach Frankreich von sämtlichen Krankheiten befreit sein müsst«, bemerkte der Mann näselnd, »sonst schickt man Euch notfalls nach Schottland zurück. Was das bedeutet, muss ich nicht sagen. Das Schiff, mit dem Ihr gekommen seid, wird Euch nicht mitnehmen, und so müsst Ihr selbst einen Weg finden, um nach Hause zurückzugelangen.«
    John spürte Wut in sich aufsteigen. »Aye, ich habe weder Läuse noch Flöhe, leide auch nicht unter der Syphilis. Ich erfreue mich bester Gesundheit und habe sogar schon die Pest und die Pocken überstanden. Reicht das?«
    Der Mann sah ihn abermals prüfend an, vielleicht auch ein wenig beleidigt, weil ihm Johns selbstgefälliger Tonfall missfiel.
    »Wer wird Euch begleiten?«
    »Meine Frau und mein Bursche.«
    »Habt Ihr Papiere, die Eure freie Herkunft bescheinigen?«
    John legte das Stammbuch auf den Tisch. »Aye. Meine Frau ist noch nicht eingetragen, aber das werden wir nachholen, sobald wir in Frankreich sind.«
    Frauen galten nicht viel, und so war es nicht wichtig, ob Madlen einen Pass besaß, solange sie einen Mann an ihrer Seite hatte, der behauptete, ihr Master zu sein. Wilbur war ohnehin kein Problem. Niemand würde an einem dunkelhäutigen Burschen zweifeln, sofern sein weißer Herr in der Nähe war.
    John fühlte sich eigenartig, als er die gesiegelte Passage in Händen hielt.
Frankreich
, dachte er nur und nahm, nachdem er das weiße Gebäude wieder verlassen hatte, die kleine Zweimastbrigantine in Augenschein, die im östlichen Teil des Hafens lag und mit ihren zwölf Kanonen an Bord einen ausreichenden Schutz gegen Piratenschiffe bot. Die Galionsfigur, ein schwarzhaariges, vollbusiges Mädchen mit glühenden Augen, trug eine rote Rose zwischen den Lippen. John dachte an Madlen. Der Gedanke, den Rest des Lebens mit ihr zu verbringen, stimmte ihn euphorisch. Bis gestern hatte er sich überhaupt nicht vorstellen können, jemals eine Frau zu finden, die ihn so sehr interessierte, dass er alles, woran sein Herz hing, für sie aufgeben könnte, und heute nun trug er die Verantwortung für eine ganze Familie, wenn man Wilbur dazurechnete. Vielleicht war Madlen tatsächlich bereit, ihn schon bald zu ehelichen. So Gott wollte, würden sie eigene Kinder bekommen, und wenn alles gut lief, reichte es möglicherweise, um ein kleines Haus zu beziehen, mit ein paar Ziegen und Kühen und einem eigenen Obst- und Gemüsegarten. Er würde bis zum Umfallen arbeiten, wenn es sein musste, um ihnen allen ein gutes Auskommen zu sichern.
    John war so damit beschäftigt, sein zukünftiges Leben zu verplanen, dass ihm gar nicht in den Sinn kam, an Cuninghame und damit an die wahre Ursache seiner misslichen Lage zu denken.
    Erst als sich der Abend herabsenkte und die Turmuhr fünf schlug, holte die Realität ihn wieder ein.
    Paddy kehrte wie verabredet mit Randolf ein wenig früher in die Baracke zurück, weil die beiden John trotz aller Vorbehalte beistehen wollten, wenn er Madlen und Wilbur vom Leith-Tor abholte.
    »Was auch immer du vorhast«, erklärte ihm Paddy mit leicht spöttischer Miene, »du kannst

Weitere Kostenlose Bücher