Die Teufelshure
glänzender Form befand. Doch was ihm noch viel schauriger erschien, war die Tatsache, dass der Kerl, den er mit dem Dolch ins Jenseits befördert zu haben glaubte, plötzlich wieder auferstand und ihn erneut zu attackieren versuchte.
Wie ein Berserker teilte John seine Hiebe nach beiden Seiten aus. Dabei ließ er jeden Anspruch auf Eleganz hinter sich. Die Nacht war durchdrungen von Keuchen und Rufen und hastig gebrüllten Befehlen. »Ich brauche sie lebend«, war einer davon.
Während John zur besseren Verteidigung im Lichte einer Fackel auf einen Mauervorsprung sprang, sah er, wie Paddy zu Boden ging – nicht durch einen Degen, sondern durch den Schlag eines Gegners, der dem Iren an Größe und Kraft das Wasser nicht reichen konnte und der ihn trotzdem mit einem einzigen Fausthieb gegen die Mauer schleuderte.
Paddy stand nicht wieder auf, und Randolf stürzte sich mit einem markerschütternden Wikingerschrei auf seine Gegner. Mit schlafwandlerischer Sicherheit schlug er den beiden Männern im Halbdunkel die Waffen aus der Hand, doch was dann folgte, war so unglaublich, dass John vor Staunen beinahe seinen eigenen Widersacher vergaß. Der Kerl, der Paddy zu Boden geschickt hatte, machte einen übermenschlich anmutenden Satz und sprang Randolf wie eine wild gewordene Raubkatze an die Kehle. Der Norweger ging zu Boden und versuchte vergeblich, den Griff des Angreifers zu lockern. Röchelnd schlug und trat er um sich. John büßte für seine Unachtsamkeit, indem er beim nächsten Schlag seinen Degen verlor. Während das Metall klirrend zu Boden ging, waren seine Gegner nahe genug herangekommen, um ihn zu stellen. Mit ausgestrecktem Arm hielt er ihnen den Dolch entgegen, ein ärmliches Überbleibsel seiner Verteidigung. Das hämische Lachen seiner Gegner war trotz ihrer Masken nicht zu überhören. Der Kampf war so gut wie gelaufen. Randolf und Paddy lagen reglos am Boden, und eine der schwarzgekleideten Gestalten sprach mit der herbeieilenden Stadtwache, die daraufhin abzog und die Männer gewähren ließ, als sie Paddy und Randolf zu fesseln begannen.
Einer der schwarzmaskierten Männer, der John von unten herauf mit seinem eigenen Degen bedrohte, blaffte ihn an: »Komm da runter, du Narr! Es ist vorbei!«
John blickte fieberhaft in die nachtschwarze Umgebung, voller Hoffnung, trotz aller Ausweglosigkeit, einen Fluchtweg zu finden. Er war ein guter Läufer und kannte die Gegend wie das Innere seiner Felltasche. In der Dunkelheit würde man ihn so schnell nicht finden. Er wartete einen günstigen Moment ab und sprang von der Mauer hinunter in den schräg verlaufenden Wassergraben, der, kaum gefüllt, die Festungsmauern umgab. Beim Aufprall verlor er das Gleichgewicht und rollte ein Stück den grasbewachsenen Hang hinunter, doch bevor er im eiskalten Wasser landete, fing er sich wieder, kam auf die Füße und begann zu rennen. Madlen würde er später holen, und er hoffte inbrünstig, dass sie blieb, wo sie war, damit man sie und den Jungen nicht entdeckte.
Nur vom Sternenlicht geleitet, hastete John in die Dunkelheit. Hinter sich hörte er die wütenden Rufe seiner Verfolger. Schon glaubte er sich in Sicherheit, als er einen Weg erreichte, der von der Festungsmauer zum Leith Water führte, einem Ausläufer des Hafenbeckens, der sich unter der Stadtmauer hindurch ins offene Gelände erstreckte. Der üble Geruch des Flusswassers, das den Anwohnern zur Abfallentsorgung diente, stieg ihm bereits in die Nase. Auch der Untergrund war weicher geworden. Doch dann bemerkte er, dass er nicht mehr alleine war. Seine Verfolger lauerten ihm auf wie zwei schwarze Schatten, und als er zum Angriff überging, schien jede Gegenwehr zwecklos. Die Kerle hatten übermenschliche Kräfte, obwohl sie John viel kleiner erschienen als er selbst. John zog seinen Dolch und stach blind zu. Doch der Stich ging ins Leere. Im nächsten Augenblick traf ihn ein Hieb am Kinn, der ihm für einen Moment die Besinnung raubte. Im Reflex war ihm der Dolch aus der Hand geglitten. John sackte von Schmerzen betäubt in die Knie.
Bevor er sich aufzurappeln vermochte, hatte einer der beiden Angreifer ihn schon bei den Haaren gepackt und hielt ihm einen Dolch an die Kehle. John schaffte es, seinen Gegner blitzschnell bei den Armen zu packen und ihn über seine Schultern nach vorne zu katapultieren. Ohne Frage ein gefährliches Manöver, aber der andere löste den Griff und stürzte kopfüber ins feuchte Gras. Zu Johns Erstaunen stand er jedoch sofort
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