Die Teufelshure
nicht zurück. Ich soll dir von Brumble ausrichten lassen, dass er dich hier nicht mehr sehen will.«
»Umso besser.« John grinste. »Ab heute geht es für mich ohnehin nur noch bergauf, da würde ein Kerl wie Brumble nur stören.«
John wollte die Nacht mit Madlen und dem Jungen in einer Hafenkaschemme verbringen, in der er für wenig Geld ein Zimmer gemietet hatte. Von dort aus mussten sie sich am nächsten Morgen so früh wie möglich zum Schiff begeben, noch bevor Cuninghame Madlens Flucht bemerken und beim Hafenmeister Alarm schlagen konnte.
Im Schutz der hereinbrechenden Dämmerung wartete John zusammen mit Paddy und Randolf in der Nähe der nördlichen Stadtmauer von Edinburgh. Während John sich auf Höhe der Trinity Church platziert hatte, um die Toreinfahrt des Leith-Portals einsehen zu können, standen Randolf und Paddy am gegenüberstehenden College und taten, als ob sie sich angeregt unterhielten.
John wirkte überaus selbstbewusst, dabei wurde er in Wahrheit von tausend Ängsten gepeinigt. Von Ferne sah er Paddys düstere Miene. Dessen Worte hallten ihm im Ohr, als er ihm riet, die Finger von Madlen zu lassen, weil sie in seinen Augen nichts anderes als eine hinterlistige Hure war. Er verdächtigte sie sogar, John übers Ohr zu hauen, obwohl er keinen Beweis dafür nennen konnte und auch keinen Grund. Und nur deshalb hatte er John begleitet. Falls an der Geschichte etwas faul sein sollte, wollte er ihm zur Seite stehen. John trieben unterdessen ganz andere Sorgen. Was wäre, wenn Madlen der Mut verlassen und sie es sich anders überlegt hatte? Oder wenn ihr Plan aufgeflogen und ihr jemand gefolgt war, um sie zurückzubringen?
Die Zeit verrann, und die Sonne war längst untergegangen. Die Studenten des Colleges gingen zur Abendmesse. John begann gemeinsam mit ihnen leise zu beten, was eigentlich nicht seine Art war. Paddy machte unterdessen ein Zeichen, indem er die Hand hob und fünf Finger zeigte, was nichts anderes bedeutete, als dass er gefühlte fünf Minuten warten würde, danach hielt er die Geschichte für aussichtslos. John störte sich nicht daran. Wenn Madlen nicht rechtzeitig erscheinen sollte, würde er notfalls selbst in die Stadt laufen und nach dem Rechten sehen.
Von weitem war eine Sänfte, getragen von vier kräftigen Highlandern, zu erkennen, die sich stetig über die mit Mist verdreckte Straße näherte. Die weißen Hemden der Träger leuchteten in der Dunkelheit mit den seitlich am Tragegestänge angebrachten Funzeln um die Wette.
Vor dem Stadttor setzten die Träger die Sänfte ab. Zwei kleinere Personen stiegen aus, Geld wechselte den Besitzer. Dann kamen die beiden Gestalten auf den Ausgang des Stadttores zu. Johns Herz hämmerte wie ein Trommler auf einem Galeerenschiff, als die beiden von den Soldaten durchgewinkt wurden.
John hatte eine Fackel entzündet, mit der er ein Zeichen gab, indem er sie dreimal hin und her schwenkte und das Licht so nahe wie möglich an sein Gesicht hielt. Wenn es Madlen war, musste sie ihn erkennen.
»John?« Ihre Stimme war zaghaft. Sie trug einen schwarzen Umhang und hielt Wilbur an der Hand, als ob es ihr eigenes Kind wäre, und in der anderen Hand hielt sie eine erstaunlich kleine Reisetasche – zumindest für eine Frau, die kurz davor war, die Stadt für immer zu verlassen.
»John, bist du es?«
John ließ die Fackel fallen, als sie sich von Wilbur und ihrer Tasche löste und sich ihm in die Arme warf.
»O Gott, John, ich habe es wahrhaftig getan.« Madlen schluchzte vor Erleichterung, und John musste sie küssen. Dabei störte es ihn nicht, dass Randolf und Paddy danebenstanden.
»Wer ist das?« Madlens Blick wirkte erschrocken, als Paddy die Fackel aufhob, um die beiden Liebenden zu beleuchten.
»Könnt ihr das Knutschen nicht auf später vertagen?«, brummte der Ire. »Wir sollten schleunigst von hier verschwinden.«
»Das sind Paddy und Randolf«, erwiderte John und strich Madlen beschwichtigend über den Rücken. »Sie werden uns sicher nach Leith zum Hafen begleiten, dort habe ich uns ein Zimmer für die Nacht gemietet. Schon morgen früh geht es nach Frankreich.«
Madlen erwiderte nichts, sondern kümmerte sich um Wilbur, der vor Angst oder Kälte zitterte. Sie nahm ihren großen Wollschal ab und legte ihn dem Jungen um die bebenden Schultern.
John gefiel ihre Mütterlichkeit, ein weiterer Beweis, dass sie nicht das war, was Paddy von ihr behauptete. »Hast du dem Jungen gesagt, was wir vorhaben?«
»Nein,
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