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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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flackernden Kerzenschein geradezu satanische Züge annahm. »Wenn du willst, kannst du schon heute deinen Liebsten wiedersehen. Du musst nur tun, was wir von dir verlangen.«
    »Was habt Ihr vor?« Madlen fürchtete sich vor Cuninghames Fähigkeiten, und es war ihr nicht möglich, die Panik in ihrer Stimme zu unterdrücken.
    »Was wäre, wenn John nur darauf warten würde, mit dir das Lager zu teilen? Würdest du zu ihm gehen?«
    Die Stimme des Lords war einschmeichelnd, doch Madlen traute ihm nicht. Was wäre, wenn er tatsächlich mit dem Satan im Bunde stand? Wenn er Gedanken lesen konnte und ihre beeinflusste? Niemals würde sich John freiwillig von ihm einnehmen lassen – falls er überhaupt noch lebte. Unvermittelt sah sie all die Buchseiten vor sich, die sie in Chesters Bibliothek vor Wochen verbotenerweise durchstöbert hatte. Bilder von gefesselten Kreaturen, ungeborenen Kindern und merkwürdige Zeichen, deren Sinn sie nicht verstanden hatte, geisterten erneut durch ihren Kopf.
    Bevor sie den Mut aufbrachte, Fragen zu stellen, setzte ihr Gönner eine entschlossene Miene auf und wandte sich an die Wachen.
    »Bringt sie in die Krypta!«, schnarrte er erbarmungslos. »Und sagt Bruder Mercurius, er soll sich ihrer widerspenstigen Seele annehmen und sie auf die Paarung vorbereiten.« Seine Stimme war hart und so eisig wie die Angst, die Madlen in die Glieder fuhr. Vergeblich versuchte sie sich dem Griff der beiden Söldner zu entwinden.
    »Chester! Ich bitte Euch, ich werde alles tun, was Ihr von mir verlangt, wenn Ihr mich nicht in diesen Keller sperrt!« Ihre Stimme überschlug sich vor Angst. Sie ahnte, dass er mit Hilfe einer bösen, unerklärlichen Instanz, die dort unten in der verbotenen Krypta hauste, all seine Söldner und Diener zu willfährigen Lakaien gemacht hatte. Sie konnte es an ihren leblosen Augen erkennen, nachdem man die Söldner in der sogenannten Ordenskapelle einer geheimen Prozedur unterzogen hatte, an der außer den Betroffenen nur Chester und seine Gefolgschaft teilnehmen durften. Danach wirkten sie nicht mehr wie Menschen, sondern wie Marionetten.
    »Es tut mir leid, Madlen«, erwiderte Cuninghame tonlos. »Ich dachte, dir wäre klar, dass du einen Vertrag unterschrieben hast, an den du dich halten musst, aber da dem offenbar nicht so ist, werde ich zu anderen Maßnahmen greifen, um dir den nötigen Gehorsam beizubringen.«
    »Chester, um Gottes willen!« Ihre Augen nahmen einen flehenden Ausdruck an, und ihre Beine versagten den Dienst. Kraftlos hing sie in den Armen der Wachleute und musste zulassen, dass man sie die enge Wendeltreppe hinab in die unteren Stockwerke schleppte.
    »Lass Gott aus dem Spiel, Madlen«, hallte es schneidend hinter ihr her. »Er kann dir nicht helfen. Aber hab keine Furcht! Die Prozedur tut nicht weh, und hinterher wirst du dich besser fühlen.«
     
    John blinzelte ungläubig, als er sich aufrichtete und seine Umgebung inspizierte. Allem Anschein nach hatte man ihn zurück ins Verlies gebracht. Davon zeugte nicht nur die kahle Umgebung, sondern auch der Geruch, der ihm noch intensiver in die Nase stach. Dazu kam das Rascheln der Ratten, das so laut war, als ob es Wildschweine wären, die durch das Unterholz streunten. Nicht weit entfernt erhob sich die Atmung von ein paar reglosen Gestalten, so geräuschvoll wie ein Wind, der durch einen morschen Dachboden pfiff. John ließ seinen Tränen freien Lauf, nachdem er Paddy, Malcolm, Micheal, Randolf, Ruaraidh und David lebend im hintersten Winkel seiner Zelle entdeckt hatte.
    Mühsam kroch John zu Micheal hin, der ihm am nächsten lag. Man hatte ihn und die anderen nicht mehr an die Wand gekettet, dafür trugen sie nun schwereres Eisen an Händen und Füßen. Erst als er über Micheals verfilzte Locken strich, fiel ihm auf, dass es Nacht war und keine einzige Fackel brannte. Wie war es möglich, dass er den Jungen trotzdem so deutlich sehen konnte, als ob Vollmond wäre? Verblüfft sah er sich um. Die Umgebung schien grau – in unzähligen Schattierungen – und so klar, dass er nicht nur jeden Mauerstein zählen konnte, sondern auch jedes einzelne Haar auf Micheals Kopf.
    Erinnerungsfetzen zogen an Johns geistigem Auge vorbei. Malcolm, wie er leichenblass neben ihm lag, fixiert mit eisernen Ringen an Hals, Händen und Füßen, auf einer eisernen Trage, nackt wie Gott ihn geschaffen hatte. Dazu die weißgewandeten Männer, deren Gesichter von Kapuzen verdeckt waren und die den hilflosen Jungen umkreisten, mit

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