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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Ruth den Ernst der Lage begriffen und Cuninghame alarmiert. In einem langen, zugeknöpften Hausmantel aus weichem Ziegenwollstoff und in seidenen Pantoffeln stand er vor ihr und sprach in der gleichen beschwörenden Weise auf sie ein, wie er es auch bei der Sache mit Stratton getan hatte.
    »Madlen«, wisperte er in scharfem Ton, »dein Selbstmord würde niemandem etwas nützen, am allerwenigsten John Cameron. Ich war es, der ihn samt seiner Kameraden aus dem Tolbooth freigekauft hat. Er und seine Leute befinden sich an einem sicheren Ort in meiner Obhut. Ich habe ihm gesagt, dass du bei mir in Sicherheit bist und es kaum erwarten kannst, ihn in deine Arme zu schließen.«
    Madlen sah in sein Gesicht. Cuninghames Augen funkelten, und seine kämpferische Haltung erschien ihr in seiner legeren Kleidung grotesk.
    »Ihr lügt«, schleuderte sie ihm mit tränenerstickter Stimme entgegen. »Man hat ihn längst umgebracht!« Mit der rechten Faust schlug sie sich so fest gegen die Brust, dass sie beinahe das Gleichgewicht verlor. »Ich weiß es. Hier drin!« Cuninghame sprang einen Schritt nach vorn, doch Madlen fing sich wieder und lehnte sich so weit hinaus, dass sie nur noch einen Hauch davon entfernt war, hinunterzustürzen. »Bleibt, wo Ihr seid!«, schrie sie drohend. »Oder ich springe, dann kann ich John wiedersehen, wann immer es mir beliebt!«
    »Glaubst du tatsächlich, du findest ihn in der Hölle?« Cuninghames Stimme klang plötzlich ungewohnt freundlich. »Dort würdest du nämlich landen, wenn du deinem Leben selbst ein Ende setzt.«
    Für einen Moment gelang es ihm, Madlen zu verunsichern.
    »Ich weiß, dass du mir nicht vertraust, aber wenn du es zulässt, werde ich dich zu ihm bringen. Dann kannst du dich selbst von seiner Unversehrtheit überzeugen.«
    Der Lord streckte ihr seine sehnige Hand entgegen. Madlen spürte, wie etwas Dunkles, Kaltes von ihren Gedanken Besitz ergriff. Hätte sie nicht plötzlich Johns Gesicht vor Augen gehabt, so lebendig und schön, wie sie es in Erinnerung hatte, wäre sie unverzüglich gesprungen. Auch wenn es Hexenwerk sein musste – sie konnte John tatsächlich sehen. Er lag auf einer Strohmatratze und schlief. Sein weicher Mund war entspannt, aber die Umgebung schien düster. Ein Rattenloch, schmutzig und feucht. Von Unversehrtheit konnte wohl kaum die Rede sein. Seinen geschundenen, blutverschmierten Körper hatte man nur notdürftig mit einem ärmellosen Hemd bedeckt, und an Hand- und Fußgelenken trug er eiserne Fesseln. Ihr Blick blieb an einem seltsamen Symbol haften, das schwarz und geschwollen auf seiner Schulter prangte.
    Madlen kniff die Augen zusammen, um es besser entziffern zu können. »Was ist das?«, sagte sie mehr zu sich selbst und fixierte die spiegelverkehrte Sechs.
    »Es ist eine Tätowierung«, eröffnete ihr Cuninghames einschmeichelnde Stimme. »Eine Cornuta oder das Zeichen für eine Retorte, ein Glasgefäß, das man in der Alchemie verwendet. Es bedeutet, dass John schon bald einer der Unseren sein wird. Ein treuer Vasall, der meinen Befehlen folgt, und wenn das Schicksal es will, wird er der Vater deines Kindes.«
    Madlen erschrak, weil ihr erst jetzt zu Bewusstsein kam, wie unglaublich all diese Bilder waren und dass Cuninghame sich ihres Geistes bemächtigt hatte, um ihr Johns Elend und das seiner Kameraden zu zeigen. In ihrer Verwirrung lehnte sie sich zurück und wäre beinahe in die Tiefe gestürzt, doch Cuninghame hatte zu einem unerwartet kraftvollen Sprung angesetzt und hielt Madlen mit stahlharter Hand gepackt. Sie landete mit ihm auf dem hölzernen Boden, und er stellte sie wie eine Puppe auf die Beine.
    »Du solltest vorsichtiger sein, was dein Leben betrifft«, erklärte er nüchtern.
    »Vor allem weil ich dich brauche, um neues zu spenden. Ich hatte mir deine Paarung mit einem stattlichen Hengst zwar anders vorgestellt, aber nun werden wir das Beste daraus machen.« Mit einem matten Lächeln übergab der Lord sie den beiden schwarzgekleideten Söldnern, die am Eingang Stellung bezogen hatten. Wie Schraubzwingen gruben sich die Finger der Männer in ihre Arme.
    Madlen spürte, wie ihr die Sinne schwanden, nicht vor Schmerz, sondern vor Entsetzen. »Was meint Ihr damit?«, keuchte sie. Dass Cuninghame wusste, dass sie mit John das Lager geteilt hatte, war anzunehmen. Wahrscheinlich hatte Ruth sie belauscht und dem Lord sofort Bericht erstattet.
    »Ich habe eine Überraschung für dich«, verkündete Cuninghame mit einer Miene, die im

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