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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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sonoren Beschwörungsformeln, wie ein goldenes Kalb, anscheinend mit der satanischen Absicht, Gott ins Handwerk zu pfuschen. Ohne Gnade hatten sie den völlig apathisch wirkenden Jungen zur Ader gelassen, indem sie ihm eine dicke Hohlnadel mit einem daran befindlichen dünnen Schlauch in die Armbeuge stießen. Unentwegt war sein dunkler Lebenssaft in einen großen gläsernen Kolben geflossen. John spürte noch sein Entsetzen, als Cuninghame an seiner Seite erschienen war, ebenso weißgewandet, und den Befehl gegeben hatte, das gewonnene Blut mit einer goldenen Flüssigkeit zu vermischen, um es dann dem bewusstlosen Malcolm mit der gleichen Nadel und einem daran befindlichen länglichen Glaskolben zurück in die blaugeschwollene Vene zu pumpen, die man kurz zuvor geöffnet hatte.
    John wurde von einer ohnmächtigen Wut überwältigt. Auch er hatte all diese Teufeleien hinnehmen müssen. Er sah Geoffrey, wie er verzweifelt um Gnade schrie, als man ihm, in gleicher Weise gefesselt, nur auf dem Bauch liegend, eine ellenlange Hohlnadel in den Rücken jagte und ihm mit dem gleichen Glaskolben zunächst eine klare, dann blutige Flüssigkeit abzapfte. So lange, bis er das Bewusstsein verlor und nicht wieder zu sich kam. Etwas Ähnliches war auch mit David Ogilvy geschehen, nur dass man ihm anschließend eine bernsteinfarbene Flüssigkeit zurück in die Adern gepumpt hatte. Archibald, der Schwachsinnige, hatte genauso leiden müssen wie Geoffrey, mit dem Unterschied, dass er nicht begriff, dass er dem Tode geweiht war, als man seinen Rücken mit Whisky abrieb, wie bei einem Schwein, das geröstet werden sollte. Am Anfang hatte er noch abwesend gegrinst und nach einem Drink verlangt, später hatte er mit weit aufgerissenen Augen nach seiner Mutter geschrien, bis er bald darauf das Bewusstsein verloren hatte. Cuninghames Teufel hatten ihn vor Johns Augen bis auf das Mark ausbluten lassen. John konnte nichts tun, außer beten und hoffen, dass das Stöhnen des Jungen endlich verebbte.
    Auch ihm selbst hatte man abermals eine helle Flüssigkeit in den Körper gepumpt, doch diesmal waren es nicht seine Sinne, die verrückt spielten, sondern Muskeln und Sehnen, die sich schmerzhaft dehnten und wieder zusammenzogen. Schließlich hatte ihn eine gnädige Ohnmacht erfasst und in einem Gefühl seltsamer Körperlosigkeit zurückgelassen.
    Auf grausame Weise ins Leben zurückgekehrt, dankte er Gott in der Abgeschiedenheit dieses Kerkers, dass er nicht hatte zusehen müssen, wie man Randolf und Paddy dieser Folter unterzogen hatte. Dass sie nicht ungeschoren davongekommen waren, konnte er sich denken. Aber so wie es aussah, lebten sie noch, und das war vorerst die Hauptsache.
    Wie die anderen lagen sie halbnackt in schmutzigen, ärmellosen Hemden auf dem Boden der Zelle, wie Vieh, das auf den Schlächter wartete, und rührten sich nicht. John kam es einem Wunder gleich, dass sie die Prozedur überlebt hatten. Einen Moment überlegte er, ob er die anderen aufwecken sollte, aber dann gelangte er zu dem Schluss, dass es vielleicht besser war, wenn sie das Höllenfeuer auf diese Weise wenigsten eine Weile verschliefen.
    Beinahe zärtlich strich er Micheal über Rücken und Schulter, dabei spürte er die leichte Erhebung unter seinen Fingerspitzen und fuhr ihr nach. Eine gespiegelte Sechs, so groß wie ein Schilling, zeichnete sich auf dem mageren Schulterknochen des Jungen ab. Von weitem hätte man denken können, es sei ein zu groß geratenes Muttermal.
    Plötzlich erinnerte sich John an das Gefühl hackender Krähenschnäbel und den Schmerz, den er empfunden hatte, als ein grober Kerl seine eigene Schulter mit einer Nadel und schwarzer Tinte traktierte. In Panik schaute er an sich hinab und spuckte auf jene Stelle, an der die gleiche merkwürdige Sechs zu sehen war. Doch so fest er auch mit seinem Daumen über die geschwollene Stelle rieb, das geheime Symbol ließ sich nicht entfernen. Er hatte von Seeleuten gehört, dass die Heiden in Asien auf diese Weise ihre Körper bemalten. In Schottland war man damit ein Ausgestoßener, auf den die Leute mit Fingern zeigten. Es war nichts anderes als ein Hexenmal, das besonders den Puritanern verhasst sein würde. Denn nach dem Alten Testament war es strengstens verboten, den Körper mit einem dauerhaften Zeichen zu versehen.
     
    Madlen war noch nie so weit in die Tiefen von Wichfield Manor vorgedrungen, und freiwillig hätte sie es auch niemals getan, wenn sie nicht in Begleitung zweier Söldner

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