Die Teufelshure
steckengeblieben war.
Paddy zögerte, als er das Messer herausziehen wollte und Randolf ihn beim Arm gefasst hielt.
»Warte!«, murmelte Randolf mit ungewohnt ängstlicher Stimme. »Vielleicht sind sie unsterblich, und wenn du das Messer herausziehst, erholt er sich wieder?«
»Solange wir nicht wissen, was hier tatsächlich läuft, ist mit allem zu rechnen.« John ging in die Knie und fasste nach dem Puls des reglos daliegenden Söldners. Er lebte noch, aber er rührte sich nicht. In jedem Fall stimmte etwas nicht mit den Geheimpolizisten. Einer war die Klippen hinuntergestürzt. Einem anderen hatte Paddy das Genick gebrochen, und ein dritter lag auf dem Pflaster, einen Dolch in der Brust, und war doch nicht tot.
John erinnerte sich an Cuninghames Worte: »Gestorben wird jetzt nicht mehr. Ab heute besitzt du das ewige Leben!« Was, zum Teufel, hatte es mit diesem Satz auf sich?
War es möglich, dass Cuninghame mit seinen mysteriösen Machenschaften Gott ins Handwerk pfuschen konnte?
Die gewöhnlichen Soldaten schienen tatsächlich tot zu sein. Und die, die es nicht waren, hatten sich angstvoll zurückgezogen. Von Cuninghame und seinen weißgewandeten Brüdern war ohnehin nichts zu sehen gewesen.
»Wir müssen nach unseren Kameraden suchen«, beschloss John. »Wer weiß, vielleicht leben sie noch, und man hat sie nur in andere Zellen gesperrt.«
John machte sich mit Paddy, Randolf und Ruaraidh auf, die Festung zu durchsuchen.
David blieb mit den MacGregor-Zwillingen unten am Bootsanleger zurück.
John und seine Kameraden kannten keinerlei Gnade. Auf ihrem Weg durch Gänge und Räume wurde jeder niedergemacht, der sich ihnen in den Weg stellte.
Nachdem sie die Suche schon hatten aufgeben wollen, folgten sie einem üblen Geruch und stießen hinter der alten Abtei auf eine verschlossene Kammer. Randolf und John rammten gemeinsam die eisenbeschlagene Eichenholztür mit ihren Schultern auf. Aber statt ihrer lebenden Kameraden fanden sie lediglich einige bereits verweste Leichen.
»Großer Gott«, grunzte Paddy und hielt sich vor Ekel die Hand vor Mund, als er auf die sterblichen Überreste von Arne stieß.
Nachdem John die Enden der Leinentücher aufgeschnürt hatte, fanden die Männer den Tod der bis dahin vermissten Kameraden bestätigt.
»Lass uns so schnell wie möglich von hier verschwinden, John!«, stieß Paddy mit zitternder Stimme hervor und schaute auf die Toten. »Wer weiß, welche Teufeleien sich sonst noch hier auf der Festung befinden.«
John sah ein, dass er sein Bedürfnis nach Rache auf später verschieben musste. Auf dem Weg zum Anleger entkleideten sie die getöteten Soldaten und zogen deren Uniformen und Stiefel über. Randolf und Ruaraidh sammelten Pistolen und Degen ein und verteilten sie an die übrigen Kameraden. Dann liefen sie zum Anleger, wo David und die Jungen bereits auf sie warteten. Zusammen machten sie eines von den Booten klar. Die anderen Boote banden sie los, damit ihnen niemand folgen konnte.
Der Dreimaster war verschwunden. Offenbar hatte er an den Tagen nach ihrer Ankunft die Segel gehisst. Paddy fluchte leise vor sich hin, als sie ihre kleine Schaluppe gemeinsam in die Brandung schoben.
»Wäre auch zu schön gewesen«, zischte er. »Wir hätten nach Frankreich segeln können oder wohin auch immer – Hauptsache in eine bessere Welt.«
»Hast du überhaupt eine Ahnung, wie man ein solches Schiff manövriert?« John sah den Iren mit hochgezogener Braue an, während er Malcolm und Ruaraidh die Hand reichte, um sie ins Boot zu ziehen. David und Randolf saßen am Ruder und sorgten mit kräftigen Schlägen dafür, dass sie endlich ablegen konnten.
»Natürlich«, prahlte Paddy. »Ich entstamme schließlich einer Seefahrernation.«
»Meine Mutter konnte exzellent mit Nadel und Faden umgehen«, bemerkte John ironisch und übergab ihm das Steuer, »deshalb kann ich noch lange keinen Rock schneidern.«
Randolf schmunzelte leise, und Paddy schnaubte beleidigt.
»Für die Navigation eines Ruderbootes wird es gerade noch reichen.«
Das Boot schaukelte trotz der kräftigen Brise nur wenig.
Johns Blick fiel auf Micheal und Malcolm, deren Gesichter so bleich wie das Mondlicht waren. John ahnte, dass nicht der Seegang daran Schuld trug, sondern das Grauen, dass sie erlebt hatten.
Die Sicht war klar, und Tantallon Castle wirkte auf der gegenüberliegenden Klippe wie ein großer steinerner Schatten. In der Ferne konnte man sogar den North Berwick Law erkennen, die einzige
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