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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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stieß er den jungen Mann über die Mauerbrüstung, so dass der Unglückselige mit einem gellenden Schrei mehr als acht Yards in die Tiefe stürzte.
    John hetzte über einen Mauerpfad, in der Absicht, den Kerl zu schnappen, der ihm und seinen Kameraden nach dem Leben getrachtet hatte. Und er wollte Antworten. Nur wenn er den Mann lebend zu fassen bekam, konnte er erfahren, was in jener grauenhaften Folterkammer mit ihnen geschehen war. Noch einmal sammelte er seine Kräfte zum Sprung und überwand eine Distanz von beinahe fünf Yards. Mit ausgestreckten Händen riss er den Fliehenden zu Boden und schlug mit ihm zusammen auf dem harten Wehrgang auf. Der andere wehrte sich mit einem Dolch, den John übersehen hatte. Paddy war dicht hinter ihnen, aber er konnte nicht helfen, weil der Gang zwischen den Zinnen zu schmal war. John spürte, wie der Mann ihn erwischte und die Klinge unterhalb seines linken Rippenbogens in seine Eingeweide drang. Der sengende Schmerz und die nasse Wärme des Blutes betäubten seine Sinne – aber nur kurz. John bekam das Handgelenk des Mannes zu fassen und stieß ihn mit einem entschlossenen Ruck von sich. Gleichzeitig zog er den Dolch aus der Wunde. Scheppernd schlitterte die Waffe über das Pflaster. Paddy hob den Dolch auf und sah das Blut an dem reichverzierten Hirschhornknauf. Ohne zu zögern, nahm er eine Angriffshaltung ein.
    »John, bist du in Ordnung?« Die Stimme des Iren klang besorgt.
    John antwortete nicht, er war viel zu beschäftigt damit, seinen Gegner am Boden zu halten. Als er sich abstützen wollte, rutschte er auf seiner eigenen Blutlache aus. Sein Gegner entwand sich geschickt seinem Griff und schaffte es, auf die Füße zu gelangen. John keuchte schwer, als er ebenfalls aufzustehen versuchte, um dem Kerl hinterherzulaufen. Doch Paddy kam ihm zuvor und sprang einfach über ihn hinweg. Noch im Sprung stach er dem fliehenden Söldner sein Messer in den Rücken. Der Mann stürzte keuchend zu Boden. Paddy umfasste seinen Kopf. In einer fließenden Bewegung brach er ihm das Genick.
    »Du hast ihn umgebracht!« Johns Stimme war nur noch ein Krächzen.
    »Aye. Und?« Paddy schüttelte verständnislos seinen grauen Lockenkopf. Dann fiel er auf die Knie und löste vorsichtig Johns Finger von der offenen Wunde.
    »Gott ist mit dir! Es hat aufgehört zu bluten!« Die Verblüffung war dem Iren anzusehen.
    »Was?« Mit banger Miene betastete John die blutverschmierte Stelle. Sie hatte sich geschlossen, und es hatte aufgehört zu schmerzen.
    Ungläubig raffte John sein Hemd in die Höhe. Selbst in der Dunkelheit konnten beide Männer erkennen, dass die Wunde sich vollkommen geschlossen hatte. John erinnerte sich plötzlich an die Folter und dass man ihn mit einem Dolch verletzt hatte. Auch davon war nun nichts mehr zu sehen.
    »Herr im Himmel«, flüsterte Paddy und bekreuzigte sich rasch. Was wie ein göttliches Wunder wirkte, verursachte dem Iren eine gewaltige Gänsehaut. Er stand auf und starrte hinunter auf den menschenleeren Hof. In der Festung brannten noch Lichter, aber selbst wenn es dort noch jemanden gab, der ihnen hätte gefährlich werden können, traute er sich nicht nach draußen.
    John war mittlerweile aufgestanden und lief vor Paddy zu einer engen Wendeltreppe hin, die nach unten führte. Im Hof trafen sie auf die anderen. Malcolm huschte mit Ruaraidh und Micheal zum Wassertor, gefolgt von Randolf und David Ogilvy, die wie zwei Wachhunde die Umgebung inspizierten. Obwohl Ruaraidh und Malcolm lebensgefährlich verletzt gewesen waren, gingen sie ohne größere Probleme aufrecht.
    John forderte Ruaraidh und Malcolm auf, ihre Wunden zu entblößen. Nichts war mehr zu sehen. Lediglich das getrocknete Blut auf ihrer Haut zeugte von einer Verletzung.
    »Wir sind verflucht«, murmelte Paddy mit leichenbleicher Miene, ohne ihn anzusehen.
    »Wenn das ein Fluch ist«, bemerkte John und inspizierte die Stelle, wo zuvor ein Schnitt seinen Unterarm gezeichnet hatte, »dann ist es ein guter Fluch.«
    »Es gibt keine guten Flüche«, flüsterte Paddy. Er wandte sich so hastig um, dass John sich erschrocken duckte. Keinen Moment zu spät. Der Söldner, dem Paddy das Genick gebrochen hatte, war wieder auferstanden und im Begriff, von oben eine weitere Muskete abzufeuern. Paddy warf geistesgegenwärtig sein Messer. Mit einem dumpfen Laut stürzte der Mann die Mauer herab auf das Pflaster. Regungslos blieb er mit offenen Augen auf dem Rücken liegen, während das Messer in seinem Herzen

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