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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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Flure wirkten bedrohlich, nicht nur, weil es kaum Leuchter gab. Überall hingen seltsam anmutende Ölgemälde. Manche stellten die ewige Verdammnis dar. Nackte, sich windende Leiber ineinander verschlungen, mit schrecklichen Fratzen, schmorend im Höllenfeuer. Manche enthielten Motive aus der griechischen Mythologie. Spärlich bekleidete Jungfrauen in den lüsternen Klauen gehörnter Dämonen. John erschrak zunächst, als er am Ende des Flurs eine mannshohe Gestalt erblickte. Es war ein gehörnter Satyr, wie er bei näherer Betrachtung feststellte, ein Waldgeist aus rötlichem Marmor.
    Den Degen vor sich gestreckt, hätte John beinahe eine Frau getötet, die mit einer Flasche und einem Becher in der Hand aus einer der vielen Türen trat. Als sie ihn sah, stieß sie einen hysterischen Schrei aus und ließ die Öllampe fallen. Sofort stand der orientalische Teppich in Flammen. Noch bevor sich John darum kümmern konnte, sah er, dass es Ruth war, Madlens Dienerin, die ihm schreckensbleich in die Augen starrte.
    »Was? … Was treibt Ihr hier?« Ihre Lippen bebten vor Furcht.
    John nahm keine Rücksicht darauf, dass nun auch der schwere Samtvorhang lichterloh brannte. Die Flammen schlugen bis zu den Deckenbalken hoch. Zäher Rauch breitete sich aus.
    »Wo ist sie?«, brüllte er Ruth entgegen und bedrohte sie mit seinem Degen.
    »Dort!« Die Dienerin zeigte ohne Widerstand auf die halb geöffnete Tür. John war zu ungeduldig, um Vorsicht walten zu lassen. Er eilte in das Turmzimmer und sah das scharlachrote Himmelbett, in dem eine offenbar schlafende Frau unter einem Wust von Decken ruhte. Als er das Bettzeug zurückschlug, erkannte er, dass es tatsächlich Madlen war. Er beugte sich über sie, und als er sie an der Schulter berührte, schlug sie schlaftrunken die Augen auf.
    »Madlen!« Vor Glück rang er mit den Tränen. Madlen war anscheinend unversehrt, wenn auch so bleich wie das feine seidene Hemd, das sie trug. Er hob sie auf und schloss sie in seine Arme, doch als er sie küssen wollte, schlug sie nach ihm.
    »Weiche von mir, Satan!« Sie lallte wie eine Betrunkene.
    »Madlen! Ich bin es, John!«
    »Aye, das habt Ihr schon einmal gesagt, aber diesmal falle ich nicht darauf herein!«
    »Madlen, komm zu dir!« John war verwirrt und versuchte vergeblich, ihre Schläge abzufangen. Sie traf ihn am Kopf und im Gesicht. Er nahm es hin, während er die strampelnde Frau zur Treppe hinaustrug.
    »Lasst mich los!«, schrie sie nun lauter und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. »Ihr seid der Teufel in Menschengestalt!«
    »Madlen, verdammt!« John nahm sie so fest in seine Arme, dass sie sich kaum noch zu bewegen vermochte. Im Laufschritt rannte er mit ihr die endlos erscheinenden Treppen hinunter, froh darüber, dass ihm keine Soldaten begegneten. Im Haus hatte es trotzdem überall zu rumoren begonnen, es knisterte laut, und ein Rauschen verriet, dass der gesamte Dachstuhl in Brand geraten war. Auf dem Hof hatte der helle Feuerschein Knechte und Mägde aus den Gesindehäusern gelockt, und als John in die Empfangshalle kam, konnte er sehen, dass Randolf und Paddy ihm weitere Soldaten vom Hals gehalten hatten. Vier übel zugerichtete Leichen lagen in Reih und Glied neben den zwei bekannten Söldnern. Madlen strampelte wie wild. John warf sie über die Schulter und hielt sie mit eiserner Hand fest, damit er ihr Herr werden konnte.
    »Was ist mit ihr?«, rief Paddy ihm zu, als sie zum Hinterausgang stürmten, durch den sie hereingekommen waren.
    »Ihr seid der Teufel!«, brüllte Madlen heiser. »Gott der Herr wird Euch strafen. Ich war Eure Hure, aber ich habe es nicht freiwillig getan, Ihr habt mich getäuscht!«
    Randolf hob eine Braue und sah Paddy von der Seite her an, als wollte er Johns Vorhaben, das Mädchen zu retten, in Frage stellen. Paddy schüttelte stumm den Kopf. Jetzt war nicht der Zeitpunkt, Johns Handeln zu kritisieren. Erst einmal mussten sie hier heraus. Außerdem konnte man nie wissen, wer sich sonst noch im Haus verbarg. Das gesamte Anwesen strahlte eine gruselige Atmosphäre aus.
    Mit Leichtigkeit trug John die kreischende Madlen ins Freie und übersprang mit ihr zwei mannshohe Zäune, bevor sie Wichfield Manor hinter sich lassen konnten. Paddy und Randolf eskortierten sie, um eventuelle Verfolger auf Abstand zu halten. Das Haupthaus brannte inzwischen lichterloh. Die lodernden Flammen drohten auf die Nebengebäude zu springen. Die beste Voraussetzung für eine unbeobachtete Flucht. Alle

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