Die Teufelshure
gelungen, in Cuninghames Bibliothek einzudringen?«
»Irgendjemand hatte die Türen aufgestoßen«, bestätigte Paddy achselzuckend, »bevor wir daran vorbeiliefen. Die Bücher lagen wahllos herum.«
John wusste, dass Paddy nicht lesen konnte. Deshalb wunderte es ihn umso mehr, dass er die Bücher eingesteckt hatte. »Was hattest du damit vor?«
»Ich dachte mir«, hob Paddy beinahe entschuldigend an, »bevor alles verbrennt, kannst du vielleicht etwas davon gebrauchen. Wäre doch möglich, dass etwas darin steht, das uns erklärt, was diese Teufel mit uns angestellt haben?«
Im Schein der Fackel, die Randolf für Madlen und den Jungen entzündet hatte, betrachtete John die goldene Schrift und die seltsamen Zeichen.
»De Alchimia Opuscula complura Veterum philosophorum … Rosarium philosophorum. Secunda pars alchimiæ de lapide philosophico vero modo præparando …«, las John mit leiser Stimme, als er einen schwarzen Einband in die Hand nahm. »Johann Valentin Andreae, Chymische Hochzeit: Christiani Rosencreutz, Anno 1459.«
»Was bedeutet das?« Randolf bückte sich hinab, um etwas zu sehen, aber auch er konnte nicht lesen, schon gar nicht in Lateinisch.
John beherrschte das Lateinische nur leidlich. Bevor er unter Montrose gedient hatte, war er für eine Weile in Frankreich gewesen und hatte sich dort als Söldner verdingt. In dieser Zeit hatte er versucht, mit Hilfe eines Lehrbuches für lateinische Sprache die Grundlagen von Französisch und Italienisch zu ergründen. Dabei war ihm aufgefallen, dass es auch viele gälische Wörter gab, die man auf das Lateinische zurückführen konnte.
»Übersetzt heißt es: Mehrere Werke von der Alchimie und den alten weisen Philosophen, unter anderem der Weisen des Rosenkreuzes.« Er biss sich auf die Unterlippe und kniff die Lider zusammen, als ob er genauer hinsehen musste. »Und weiter heißt es hier … Alchimie Band Zwei – vom wahren Stein der Weisen und wie er hergestellt werden kann.« Lächelnd sah er zu Paddy auf. »Du bist ein Fuchs, Bruder. Es sind alchemistische Geheimlehren. An Cuninghames Bücher hätte ich zuletzt gedacht. Vielleicht erfahren wir durch die Schriften, was hinter seinen Machenschaften steckt.«
»Denkst du, der schwarze Lord wird sich ärgern, wenn er feststellt, dass wir einen Teil seiner Bücher geklaut haben?« Paddy war ein einfacher Kerl. Bücher erschienen ihm als ein kostbarer Schatz, den sich nur Privilegierte leisten konnten.
»Ich glaube, unser geschätzter Lord hat im Moment andere Sorgen.« John lachte trocken und ließ drei weitere Bände durch seine Finger wandern.
Eines der Bücher war schwarz, und auf dem Deckel prangte eine goldene spiegelverkehrte Sechs.
Madlen, die sein Treiben beobachtet hatte, schnappte erschrocken nach Luft.
»Das ist das geheime Buch, von dem ich dir erzählt habe! Das mit den nackten Frauen und den ungeborenen Kindern, die sie in Gläsern züchten.« Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Es liegt gewöhnlich auf Chesters Schreibtisch.« Sie packte John bei der Schulter, um sich seiner Aufmerksamkeit zu versichern. »Ich wette, für Chesters Bruderschaft ist es so was wie ein Heiligtum, und er und seine Panaceaer werden Rache nehmen, wenn sie herausfinden, dass es verschwunden ist!«
Auf Paddys Unterarmen, die aus seiner aufgekrempelten Joppe hervorschauten, bildete sich eine Gänsehaut. Er schien erst jetzt zu begreifen, was er da aus Cuninghames Bibliothek gestohlen hatte.
John sah Madlen verständnislos an. »Na und? Was hat das für uns zu bedeuten? Wir haben seine heiligen Hallen zerstört. Denkst du ernsthaft, da kommt es ihm auf ein paar heilige Bücher an?«
John nahm ein weiteres, silberbeschlagenes Exemplar in die Hand und betrachtete es. Auf dem Buchdeckel befand sich ein fünfzackiger silberner Stern, umrahmt von einem Kreis in lateinischer Schrift. Im Schein der Fackel leuchtete aus der Mitte des Sterns ein blutroter Rubin. Die beiden Deckel waren mit einem breiten Messingschloss versehen, für das man einen passenden Schlüssel benötigte.
Demonstrativ zückte John seinen Dolch und machte sich an dem Schloss zu schaffen. Er ging grob genug vor, dass es sich nach wenigen Ansätzen aus der ledernen Verankerung löste und aufsprang. Respektlos blätterte er einzelne Seiten durch, ohne sie wirklich anzuschauen. Dann bedachte er seine Begleiter mit einem ironischen Blick. »Das Buch ist alles andere als heilig, es bestätigt lediglich, wie skrupellos Cuninghame
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