Die Teufelshure
Söldner, die noch lebten, würden damit beschäftigt sein, das Feuer zu löschen.
Bei der Templerkapelle angekommen, stellte John das zeternde Mädchen auf die Füße. Kaum dass sie frei war, machte sie Anstalten, davonzurennen. John setzte ihr nach und hielt sie fest. Sie wehrte sich nach Leibeskräften.
»Lasst mich doch gehen«, bettelte Madlen weinend und zerrte an seinen Armen. »Warum tut Ihr mir das an?«
»Madlen!« John schüttelte sie unsanft. »Ich bin es, John!«
»Nein, das seid Ihr nicht!«, schrie sie aufgebracht. »Ihr seid der Satan, und Ihr wollt mich nur besteigen. Nehmt meinen Leib, aber lasst meine Seele in Ruhe!« Zitternd brach sie zusammen und betete schluchzend das Ave Maria.
»Sie ist durchgedreht, John.« Paddys nüchterne Feststellung machte die Sache nicht besser.
John sah, dass Madlen fror. Rasch zog er sein Wams aus und hüllte sie in die wärmende Jacke. Er hob sie erneut auf und trug sie in Richtung Altar, wo er sie auf einer verwitterten Holzbank absetzte. Im Innern der Kapelle, zwischen den dampfenden Pferdeleibern, erschien es ihm wärmer. Er spürte, dass Madlen Angst vor ihm hatte. Er konnte ihr Herz hämmern hören und ihre Verzweiflung riechen.
»Madlen, ich bin es, John. Ich liebe dich, hörst du?«, flüsterte er und küsste ihr die Tränen von der Wange. »Ich bin gekommen, um dich aus den Fängen dieses Scheusals zu retten.«
Randolf war es gelungen, im Schutz der Kapelle eine Fackel zu entzünden. Paddy stand neben ihm und seufzte leise, als wollte er sagen: Ich wusste gleich, dass das keine gute Idee war. Nebenbei überprüfte er die Pistolen.
Madlens Augen zeigten pure Verwirrung, als sie ungläubig in das Licht blinzelte. »Wer sind diese Männer?«
»Es sind Paddy und Randolf. Kannst du dich an sie erinnern? Sie waren dabei, als wir dich und Wilbur am Leith-Tor abgeholt haben.«
»Wilbur!« Der Name kam wie ein Schrei. »Wo ist er?« In Panik schaute Madlen sich um.
»Wo war er zuletzt?« John konnte spüren, wie groß ihre Verzweiflung war, weil ihr der Junge fehlte.
»Er schläft im Gesindetrakt!« Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern.
»Wir kümmern uns darum!« Paddy gab Randolf mit einem Wink zu verstehen, dass er ihm folgen sollte. Sein Blick fiel auf John, der nicht wusste, ob er ohne schlechtes Gewissen zurückbleiben konnte.
»Bleib du bei dem Mädchen! Wir werden den Jungen schon finden.«
John nickte dankbar.
Einen Moment herrschte Stille in der Kapelle, als die beiden gegangen waren. Randolf hatte zuvor die Fackeln gelöscht, weil er nicht wusste, wo er sie hätte aufhängen können. John betete vor dem Ewigen Licht zur heiligen Jungfrau, dass es den beiden gelang, den Jungen zu finden und ihn unversehrt zur Kapelle zu bringen. Instinktiv wusste er, dass Madlens Vertrauen zu ihm davon abhängen würde.
Vorsichtig streichelte er über ihr Haar und wiegte sie in seinen Armen, während sie immer noch schluchzte. Es erschien ihm seltsam, trotz Dunkelheit ihr Gesicht sehen zu können.
»Bist du es wirklich?«, fragte sie flüsternd und starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. »Oder bist du wieder so ein grausamer Traum, der mich am Ende zur Teufelshure macht?«
»Madlen, hat Ruth dir etwa ein Gift in den Tee gegeben?«
»Ruth?« Sie zuckte kaum merklich. »Wo ist sie?«
»Sie ist in Wichfield Manor zurückgeblieben.«
»Wo bin ich?«
»In Sicherheit. Du bist bei mir, Madlen. Ich bin’s, John.«
John war sicher, dass man ihr eine Droge verabreicht hatte, deren Wirkung nicht ewig anhalten konnte. Spätestens wenn sie wieder zu sich kam, würde sie begreifen, wer er war und dass er gekommen war, um sie zu beschützen. Er spürte, wie sie zu weinen begann.
»Bist du es wirklich?«
»Aye, mein Herz.« Voll zärtlicher Ungeduld küsste er sie auf den Mund.
»Ich dachte, Chesters Männer hätten dich getötet. Und es wäre meine Schuld.«
»Nein, ich konnte Cuninghames Schergen entkommen, und nun bin ich hier, um dich zu befreien.«
»Wie ist das möglich? Ich konnte dich sehen, wie du in einem dunklen Kerker gefangen warst.«
»Du hast mich gesehen?« Für einen Moment schreckte John zurück, weil er nicht wusste, wie er die Antwort werten sollte. War Madlen etwa auf der Festung gewesen und hatte gewusst, was man mit ihm und seinen Kameraden dort angestellt hatte?
»Ich wollte mich aus dem Fenster stürzen, weil ich dachte, ich sei schuld an deinem Tod, und dann kam Chester zu mir und meinte, du seist noch am Leben«, erklärte sie
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