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Die Teufelsrose

Die Teufelsrose

Titel: Die Teufelsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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begegnet
war und den er trotzdem wie einen Bruder zu kennen meinte, wollte ihn
einfach nicht loslassen. Er machte die Augen zu und fragte sich, was
Brosnan wohl in diesem Moment machte.

    Belle-Ile ist ein Felsen ungefähr 65 Kilometer
östlich von Marseille, rund 16 Kilometer von der Küste
entfernt. Die Festung, ein Bauwerk aus dem 18. Jahrhundert, scheint
unmit telbar aus den Klippen herauszuwachsen und bietet wohl einen der
grimmigsten Anblicke, die es im ganzen Mittelmeerraum gibt. Außer
der Festung gibt es noch einen Granitsteinbruch und natürlich die
rund 600 Strafgefangenen, gefürchtete politi sche Täter und
Gewaltverbrecher. Die meisten von ihnen verbüßen eine
lebenslängliche Haftstrafe, und da die französi schen
Behörden nicht leicht mit Begnadigungen bei der Hand sind, werden
die meisten von ihnen hier sterben. Eines steht fest: Bisher ist noch
niemand von Belle-Ile entkommen.
      Die Gründe sind einfach. Schiffe
und Boote dürfen sich der Insel nur bis auf sechs Kilometer
nähern, und die Sperrzone wird durch ein ausgezeichnetes
Radarsystem überwacht. Außerdem besitzt Belle-Ile noch ein
sehr wirksames Schutzsy stem, das die Natur selbst liefert, ein
Phänomen, das die ein heimischen Fischer Teufelsstrudel nennen
– eine unbändige, zehn Knoten schnelle Strömung, die
das Wasser selbst an ruhigen Tagen in weißen Gischt verwandelt.
Bei Sturm ist es die Hölle.
      Martin Brosnan lag auf seiner
Pritsche in einer Zelle an der obersten Galerie und las, den Kopf auf
ein Kissen gestützt. Er war bis zur Taille nackt; die harte Arbeit
im Steinbruch hatte seinen sportlichen, muskulösen Körper in
Form gehalten. Auf seiner linken Brust waren die häßlichen
Narben von zwei alten Schußwunden zu sehen. Seine dunklen Haare
waren fast schulterlang. In solchen Dingen war die
Gefängnisleitung erstaunlich großzügig, wie auch die
Bücher auf dem hölzernen Regal über dem Bett erkennen
ließen.
      Der Mann auf dem Bett gegenüber
warf ihm eine Schachtel Gitanes zu. »Steck dir eine an,
Martin«, sagte er.
      Er hatte schlohweiße Haare und
strahlend blaue Augen in einem lustigen Gesicht mit unzähligen
winzigen Fältchen. Er mochte 65 sein und hieß Jacques
Savary; seinerzeit war er ein Pate der Union Corse und einer der
gefürchtetsten Gangster von Marseille gewesen. Er saß seit
1965 in Belle-Ile und würde bis zu seinem Ende dort bleiben, ein
ungewöhnlicher Umstand in Anbetracht seines Hintergrunds, denn die
Union Corse, das größte Unterweltlersyndikat Frankreichs,
war normalerweise in der Lage, ihre Beziehungen zur Justiz spielen zu
lassen, um einem so wichtigen Mitglied wie Jacques Savary aus der
Patsche zu helfen.
      Aber bei Savary war es anders. Er
hatte damals beschlossen, sich mit der OAS zu verbünden. Es ist
gesagt worden, Charles de Gaulle habe wenigstens 30 Anschläge auf
sein Leben überstanden, aber der General war dem Tod nie
näher gewesen als bei dem Attentat, das im März 1965 von
Jacques Savary geleitet wurde. Die Union hatte ihn wenigstens vor der
Todes strafe bewahrt und ihm in der irrigen Annahme, irgendwann
später seine Freilassung arrangieren zu können, das Lebens
länglich in Belle-Ile verschafft.
      Regen peitschte ans Fenster, und der Wind heulte. Savary sagte: »Was liest du da?«
      »Eliot«, antwortete
Brosnan. »›Was wir den Anfang nennen, ist oft das Ende,
und ein Ende machen, heißt einen Anfang machen. Das Ende ist
dort, wo wir anfangen.‹«
       »Die vier Quartette, ›Little Gidding‹«, sagte Savary.
      »Sehr gut«, lobte
Brosnan. »Siehst du, alle Wohltaten einer teuren Ausbildung
bekommst du hier umsonst.«
      »Du hast aber auch eine Menge
gelernt, mein Sohn. Kannst du die Tür noch so öffnen, wie ich
es dir gezeigt habe?«
      Brosnan zuckte mit den Schultern,
schwang die Beine über den Bettrand, holte einen Löffel aus
dem Schränkchen neben seinem Bett und ging zur Tür.
      Das Schloß wurde von einer
Stahlplatte bedeckt, und er drückte den Griff des Löffels
schnell zwischen den Rand der Platte und das Holz. Er hantierte ein
paar Sekunden herum, es klickte, und er machte die Tür einen Spalt
weit auf.
      »Die Schlösser sind aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts«, sagte Savary.
      »Leider bringt es mich nirgends
hin, nur auf die Galerie«, sagte Brosnan. »Ich hab's dir
noch nie gesagt, aber ich habe mal ausklamüsert, wie man hier
rauskommen könnte. Ein bißchen klettern, ein Stück
durch die Kanalisation waten,

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