Die Teufelsrose
der Akte zu. »1966 meldete er sich dann
freiwillig für Vietnam. Airborne Rangers und Special Service. Und
als Unteroffizier, das ist das Sonderbare.«
»Es ist ein sehr wichtiger Punkt, Harry.«
Ferguson schenkte sich Tee nach.
»Vietnam war in Amerika nicht gerade ein populäres Anliegen.
Wenn man damals an einer Universität oder einem College studierte,
konnte man sich ganz gut vor dem Wehrdienst drücken, was die
meisten jungen Leute mit einem Hintergrund wie Brosnan auch taten. Er
wäre nicht eingezogen worden, wenn er einfach weiterstu diert und
seinen Doktor gemacht hätte. Er tat es aber nicht. Wie heißt
doch gleich das Wort, das heutzutage so beliebt ist, Harry? Macho. Vielleicht
war es deswegen? Vielleicht kam er sich kastriert vor, weil er so lange
kein richtiger Mann gewesen war. Das Wichtigste ist jedenfalls,
daß er hinging.«
»Und er schlug sich
überraschend gut.« Fox stieß einen lei sen Pfiff aus.
»Distinguished Service Cross, Silver Star mit Eichenlaub,
vietnamesisches Tapferkeitskreuz.« Er legte die Stirn in Falten.
»Und Ehrenlegion. Wie zum Teufel sind denn die Franzosen ins
Spiel gekommen?«
Ferguson stand auf und ging ans
Fenster. »Eine interessante Episode. Seine letzte große
Geste. Er rettete eine berühmte französische
Kriegsfotografin, eine gewisse Anne-Marie Audin, aus irgendeinem
Hinterhalt. Sie taucht später wieder in seiner Biographie auf.
Erinnern Sie sich an das Foto in Paris Match, von
Brosnan, Liam Devlin und Frank Barry? Das stammt ebenfalls von der
guten Mademoiselle Audin. Sie schrieb denselben Bericht für Life und
bekam dafür den Pulit zer-Preis. Ein Blick hinter die Kulissen der
irischen Kämpfe. Kam in Boston sehr gut an.«
Fox langte nach der nächsten Akte. »Aber wie ist er von da zur IRA gekommen?«
»Völlig unlogisch, aber
wunderbar einfach.« Ferguson wand te sich um und kehrte zum Kamin
zurück. »Ich fasse zusam men, damit Sie ein bißchen
Zeit sparen. Nach dem Abschied von der Army ging Brosnan nach Dublin
ans Trinity College, um besagten Doktor zu machen. Im August 1969
besuchte er einen alten katholischen Onkel mütterlicherseits, den
Pfarrer der Kirche in der Falls Road in Belfast. Wann waren Sie das
erstemal in jener schönen Stadt, Harry?«
»1976, Sir.«
Ferguson nickte. »Seitdem ist so viel Wasser den Lagan hi
nuntergeflossen, daß die ersten wilden
Jahre Leuten wie Ihnen vorkommen müssen wie Urgeschichte. So viele
Namen und Gesichter.« Er seufzte und setzte sich.
»Während Brosnans Besuch randalierte ein orangistischer
Pöbel, der von ›BKommandos‹ angeführt wurde,
einer Organisation, die es zum Glück nicht mehr gibt. Sie brannten
die Kirche von Brosnans Onkel nieder. Der alte Mann wurde so brutal
zusammenge schlagen, daß er ein Auge verlor.«
»Ich verstehe«, sagte Fox nüchtern.
»Nein, Sie verstehen nicht. Ich hatte früher mal einen Agen
ten namens Major Vaughan, Simon Vaughan.
Würde heute nicht mehr für mich arbeiten, aber das ist eine
andere Ge schichte. Er verstand wirklich, weil er eine irische Mutter
hatte, genau wie Brosnan. Oh, in der IRA gibt es zweifellos ein paar
Rowdys und verrückte Bombenleger und vielleicht zu viele
Männer wie Frank Barry, aber es gibt auch Leute wie Liam Devlin
und Martin Brosnan. Wahre Idealisten in der Tradition von Pearse und
Connolly und Michael Collins. Männer, die leidenschaftlich
überzeugt sind, daß sie für nichts weniger als die
Freiheit ihres Landes kämpfen, ob Sie es glauben wollen oder
nicht.«
Fox hob seine Prothese.
»Entschuldigung, Sir, aber ich habe zu oft Frauen und Kinder
gesehen, die schreiend vor einer Bombe davonliefen, um noch daran zu
glauben.«
»Genau«, sagte Ferguson.
»Männer wie Devlin und Brosnan möchten sauber
kämpfen – einigermaßen ehrenvoll. Ihre Tragödie
ist, daß das bei einem solchen Krieg einfach nicht geht.«
Er stand wieder auf und ging rastlos
im Zimmer hin und her. »Sehen Sie, ich kann Brosnan keinen
Vorwurf daraus machen, was an jenem Abend im August 1969 in Belfast
passierte. Eine Handvoll Republikaner, nicht mehr als sechs, die von
Liam Devlin angeführt wurden, gingen auf die Straße. Sie
hatten drei Gewehre, zwei Revolver und eine ziemlich antiquierte Thomp
son-MP dabei. Brosnan befand sich plötzlich mitten in der
Schlacht, als er die Kirche verteidigte, und als einer von ihnen an
Devlins Seite erschossen wurde, nahm er instinktiv das Gewehr des
Toten. Bedenken Sie, daß er dort
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