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Die Teufelssonate

Die Teufelssonate

Titel: Die Teufelssonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex van Galen
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sehen.«
    Notovich ergriff Natasjas Hand. Er hatte Kameraproben abgelehnt, weil er wollte, daß der Auftritt so spontan wie möglich verläuft. Jetzt fragte er sich, ob das so klug gewesen war.
    Sie durchquerten einen gefliesten Raum mit Bänken und Kleiderhaken auf beiden Seiten.
    »Ist das eine Sporthalle oder so?«
    »Nun, äh … das Gebäude soll abgerissen werden«, erklärte Bröll. »Es war eine einmalige Gelegenheit. Es ist vielleicht ein bißchen over the top , aber es war deine Idee, erinnerst du dich?«
    Notovich schwieg wohlweislich. Er konnte sich nicht mehr an die Details entsinnen. Er hatte in den letzten Wochen so einiges geäußert.
    »Es war ein harter Brocken, alles so schnell hinzukriegen, um es mal vorsichtig auszudrücken. Vor allem die Akustik hat uns schlaflose Nächte bereitet«, sagte Bröll, in der Hoffnung auf ein Kompliment.
    »Wo kann ich mich einspielen?«
    Sie wurden in einen riesigen Raum mit zartrotem Teppichboden und Samtvorhängen gebracht, in dem es roch, als wäre er erst vor einer Stunde ausgestattet worden (das war auch so). Porträts von Liszt hingen an der Wand; ein Tisch mit Getränken und Häppchen stand bereit, ein luxuriöses Ledersofa, ein Mega-Fernsehbildschirm und natürlich ein Flügel.
    Luboš wollte mit seinen Damen hinter Notovich eintreten, aber Notovich schaute Bröll fragend an.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte der. »Wir gehen in den green room . Du kannst dich in Ruhe einspielen.«
    Er führte die Gesellschaft in einen anderen Raum.
    »Wenn das nur die Garderobe ist, bin ich gespannt auf den Saal«, sagte Natasja, während sie sich auf das kolossale Loungesofa fallen ließ. Notovich zwinkerte ihr zu und setzte sich an den Flügel. Der Ärger und die Sorgen glitten von ihm ab, sobald er die Tasten anschlug.
    »Was hältst du davon, wenn wir beide nach diesem Konzert eine Woche nach Rom fahren?« fragte er, während er versuchte, sich mit ein paar Arpeggien aufzuwärmen.
    Natasja warf sich eine Nuß in den Mund.
    »Vielleicht.«
    Sie schien sich nicht besonders wohl zu fühlen. Er spielte sich die Finger warm; Natasja suchte inzwischen nach der Fernbedienung für den Fernseher. Der Bildschirm blendete auf. Sie fragte, ob es ihn störe. Normalerweise hätte Notovich keinerlei Ablenkung ertragen, doch jetzt hatten die bewegten Bilder und fröhlichen Farben etwas Beruhigendes. Er spielte eine Fuge von Bach und summte eine zusätzliche Stimme dazu, die der alte Meister selbst nicht schöner hätte erfinden können. Er spürte, daß Natasja ihn heimlich beobachtete, aber die ganze Zeit nicht wagte, ihn etwas zu fragen.
    »Fertig.«
    Er stand auf und streckte sich.
    »Mikhael, du hast noch keine fünf Minuten gespielt.«
    »Ich weiß etwas viel Besseres, um mich aufzuwärmen«, sagte er. »Komm mal her.«
    »Was hast du denn?«
    Er zog sie vom Sofa und begann, an den Knöpfen ihres glänzenden schwarzen Kleids zu nesteln. Sie kicherte.
    »Mischa, nicht jetzt.«
    »Doch, gerade jetzt.«
    Er zerrte sie zum Flügel und klappte den gigantischen Deckel zu. Dann klopfte er einladend auf das schwarze Holz.
    »Was? Auf diesem Ding? Niemals.«
    »Komm schon, bitte. Ich muß gleich auf die Bühne.«
    »Hast du das mit ihr immer vor einem Auftritt gemacht?«
    Er seufzte tief und lief demonstrativ zur Tür.
    »Okay, Mischa. Aber du mußt mir eins versprechen.«
    Er schaute sie abwesend an, mit den Gedanken schon beim Vorspiel.
    »Laß dich nicht verrückt machen heute abend. Niemand sagt, daß du improvisieren mußt. Du brauchst nicht zu beweisen, was du kannst.«
    Er wollte jetzt nicht wütend werden, also versprach er es. Er würde Valdin ja doch unter den Tisch spielen.
    »Zufrieden?«
    »Schließ aber ab.« Sie grinste und schob mit dem Fuß einen Stuhl neben den Flügel. Dann kletterte sie vorsichtig auf das schwarze Monstrum, als ob es einzustürzen drohte.
    Es klopfte an der Tür.
    »Maestro Notovich, noch zwanzig Minuten.«
    »So lange brauchen wir nicht«, sagte Notovich.
    Natasja kicherte. Sie zog ihn auf den glänzenden schwarzen Deckel und ließ ihre Hand in seine Hose gleiten. Ihr Gesicht war gerötet vor Erregung und widersprüchlichen Gefühlen. Als er sich auf sie legte, schien es ihm einen Moment lang, als ob er Angst in ihren Augen sähe.
 
    Eine Viertelstunde später spielte sich Notovich doch noch ein, denn er wollte voll konzentriert sein. Auch wenn wohl niemand den Unterschied hören würde. Und das Publikum würde sowieso nicht weglaufen, dafür waren

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